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Ausgerockt - [Roman]

Ausgerockt - [Roman]

Titel: Ausgerockt - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: FUEGO
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den Worten nicht mehr folgen.
    Später sitzt Linus in der Straßenbahn. Sein Kopf lehnt an der Scheibe, mit dem Fingernagel kratzt er blaue Farbe vom Fensterrahmen. Seine Sachen sind völlig durchnässt.
    Er weiß nicht, warum.

    Seit elf Uhr morgens war Linus im Laden, hatte alle Leuchten, Hi-Fi-Geräte und Kopfhörer, die beiden Kühlschränke und den Kaffeeautomaten überprüft, hatte den Boden gefeudelt und den hellen Tresen immer und immer wieder abgewischt, obwohl der Lack bereits absolut blank war.
    Schräg links über der Eingangstür war ein kleiner Fernseher installiert. Alle fünf Minuten schaltete Linus ihn ein und wieder aus, weil er sich nicht entscheiden konnte, ob er nebenbei Radio oder den TV-Sender Deluxe Music laufen haben wollte.
    Und wieder wischte er den Tresen ab, aus reiner Nervosität, die zumindest bis zur Eröffnung um siebzehn Uhr anhalten würde.
    Um sechzehn Uhr kam Brunssen. Das erleichterte Linus die letzte Stunde ein wenig.
    Brunssen trug Jeans und ein Hawaii-Hemd, eigentlich unpassend für Anfang Oktober, aber es war weiterhin ungewöhnlich warm für die Jahreszeit.
    Brunssen, der nichts von Umarmungen hielt, und schon gar nicht unter Männern, klopfte Linus von vorne herum umständlich mit beiden Händen auf den Rücken, was einer Umarmung schon sehr nahe kam, wenn auch mit Sicherheitsabstand.
    »Bin verdammt stolz auf dich, Alter. Sowas muss man erst mal durchziehen. Ich kenne eine Menge Leute, die auf halber Strecke schlapp gemacht hätten.«
    Brunssen ging zum Tresen und klopfte zweimal mit der flachen Hand drauf. »Aber Linus Keller zieht es durch, richtig?«
    Linus nickte. Er hatte Freude an der Arbeit gehabt, manchmal, und Zufriedenheit empfunden, wegen der Fortschritte. Aber stolz? Stolz war er nur, wenn Jana im Laden gestanden und sich anerkennend um die eigene Achse gedreht hatte.
    Aber jetzt endlich, nach all den Wochen, die er hier investiert hatte, fühlte es sich wahrhaftig gut an. Er rieb sich die Hände. »Ein Bier?«
    »Was denn, gibt’s keinen Champagner?«
    »Kannst nachher einen Sekt kriegen.«
    »Dann rück mal raus, das kühle Gebräu! Bin heute in Feierlaune.« Brunssen ging zur Tür, zog sie auf und schob einen Stopper drunter. Ein frischer Luftstoß zog in den Laden.
    »Ina kommt erst um acht. Aber sie hat morgen frei. Das heißt, wir werden die Letzten sein«, sagte Brunssen grinsend.
    »Schön.« Linus zog zwei kalte Flaschen aus einem hohen Glaskühlschrank hinter dem Tresen. Er öffnete die Flaschen und reichte Brunssen eine davon.
    »Prost!«
    »Linus Keller hinter seinem eigenen Tresen.« Brunssen schüttelte den Kopf und lachte. »Ich glaub es nicht. Zum Wohl.«
    Er trank die halbe Flasche in einem Zug und machte einen zufriedenen Laut. »Was ist mit Jana? Lässt sie dich hier alleine alle Vorbereitungen treffen?«
    »Sie hat noch einen Termin. Sie kommt später«, sagte Linus.
    Er hatte keine Ahnung, ob Jana wirklich einen Termin hatte. Sie hatte ihm am Telefon gesagt, dass sie später kommen würde, mehr nicht. Linus hatte sich verkniffen, weiter nachzufragen.
    Seit sie zusammen das Weserstadion betreten und es getrennt wieder verlassen hatten, vermied er es, ihr in irgendeiner Form zu nahe zu treten.
    Er zeigte Reue und hatte vor, das erst wieder einzustellen, wenn sie ihm signalisierte, dass er es durfte.
    Jana war vier lange Tage nach dem Fußballspiel ziemlich sauer und – vor allem – verunsichert gewesen. So hatte er sie zuvor noch nie erlebt. Sie redete kaum, war ihm gegenüber regelrecht misstrauisch, anderen begegnete sie umso zugänglicher.
    Er konnte das nicht ertragen. Er war zutiefst erleichert, als sie sich ausgesprochen und in den Arm genommen hatten. Da hatte er noch nicht gewusst, dass es danach auf eine subtile Weise noch unerträglicher werden würde.
    Janas Verhalten ihm gegenüber hatte sich grundlegend verändert. Sie redete wieder auf die gewohnte Art mit ihm, sie nahm wie gewöhnlich seine Hand oder gab ihm einen Kuss, doch er spürte, dass sie sich damit selbst überlistete und dass unter der vertrauten Oberfläche neuerdings eine tiefe Verunsicherung lauerte.
    Brunssen stieß Linus in die Seite. »Dass wir das alles gemacht haben, kann ich gar nicht glauben. Wie geil das aussieht. Gut, dass du den Boden in natura gelassen hast.«
    Dann drehte er sich zur Tür. »Moin Lennard!«
    Lennard stand in der Tür. Er trug ein Shirt, das an seinem langen, dürren Körper an einen großen Kartoffelsack erinnerte. Neben ihm stand

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