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Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Alkoholvorrat mitsamt kristallenen Karaffen und verschiedenen Gläsern. »Mist«, schimpfte sie, knallte die Tür zu und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Sie setzte sich auf seinen Drehstuhl und nahm von dort aus eine zweite Inspektion vor.
    »Würden Sie sich bitte beeilen?«, zischte ich. »Marty kann jede Minute auftauchen und sich fragen, wo wir stecken.«
    Sie schob den Stuhl zurück und bückte sich, um die Unterseite seines Schreibtischs zu inspizieren. Dabei streckte sie die Hand 247
    so weit aus, dass fast der ganze Arm verschwand. Ich wusste nicht, was sie entdeckt hatte, und ich wollte auch nicht unbedingt Zeugin werden. Also trat ich in den Flur hinaus und blickte in Richtung Empfang. Bis jetzt keine Spur von Marty.
    Beiläufig registrierte ich, dass die Bilder nach ihrem Format aufgereiht waren, wobei die größten neben den Aufzügen hingen und die kleineren nach abnehmenden Proportionen gestaffelt hier hinten. Aus der Perspektive eines Besuchers ergab sich so die Illusion, als wären die Korridore wesentlich länger, als sie es in Wirklichkeit waren – ein amüsanter Trompe-l’Œil-Effekt.
    Reba kam aus Becks Büro, packte mich am Ellbogen und steuerte mich auf die breite Treppe zu, die zum Dach führte.
    »Was ist dort oben außer dem Dachgarten?«
    »Deshalb gehen wir ja hinauf – weil wir es nicht wissen«, erwiderte sie. Sie nahm zwei Stufen auf einmal, und ich hielt mit. Eine Glastür am oberen Ende der Treppe führte in einen professionell angelegten Garten: Bäume, Sträucher und Blumenbeete, getrennt durch gewundene Kieswege, die sich im Hintergrund verloren. Eine Gartenbeleuchtung ließ das Ganze erstrahlen. Stühle und von Schirmen beschattete Tische standen in einzelnen, hübsch verstreuten Patios. Eine Mauer von etwa einem Meter zwanzig Höhe umgab alles und gewährte in sämtliche Richtungen eine faszinierende Aussicht auf die Stadt.
    In der Mitte des Gartens stand etwas, das aussah wie ein Gärtnerschuppen. Sein Äußeres war mit Spalieren verkleidet, an denen sich bunte Reben von Passionsblumen voller dicker, violetter Blüten kreuz und quer nach oben wanden. In dem üppigen Pflanzendickicht war ein halb verborgenes Schild zu erkennen. Neugierig schob ich das Blattwerk beiseite.
    »Was ist das?«, wollte Reba wissen.
    »›Hochspannung. Lebensgefahr.‹ Darunter steht die
    Telefonnummer des Hausmeisters, falls etwas repariert werden muss. Es muss ein Transformator sein oder vielleicht etwas, das 248
    mit der Stromversorgung zusammenhängt. Wer weiß? Es könnte auch das Gehäuse für die Aufzüge sein oder das für die Zentralheizung und die Klimaanlage. Irgendwo muss man das alles ja unterbringen.« Das kleine Häuschen summte auf eine Weise, die vermuten ließ, dass man zu einem schwarzen Klumpen verschmoren würde, wenn man eine falsche
    Bewegung machte.
    Von der Treppe her rief Marty nach uns. »Hey, Reba?«
    »Hier oben.«
    »Ich will euch nicht hetzen, aber wir müssen langsam los.
    Beck mag es nicht, wenn sich Fremde im Büro aufhalten.«
    »Ich bin keine Fremde, Marty. Ich bin sein Lieblingsbetthase.«
    »Ja, schön, aber er wird trotzdem sauer sein und es an mir auslassen.«
    »Kein Problem. Wir sind fertig, wenn du auch fertig bist«, entgegnete sie, ehe sie sich an mich wandte. »Nehmen Sie Ihre Autoschlüssel und Ihre Geldbörse aus Ihrer Tasche, und lassen Sie sie dann hinter dem Ding da liegen.«
    »Meine Tasche? Ich lasse meine Umhängetasche nicht hier.
    Sind Sie verrückt?«
    »Tun Sie’s.«
    Da erschien Marty am oberen Ende der Treppe. Offenbar wollte er sich nicht darauf verlassen, dass wir von selbst herunterkommen würden. Er lehnte sich gegen das
    Treppengeländer und atmete keuchend infolge des Aufstiegs.
    Reba ging zu ihm hinüber, legte ihren Arm in seinen und wandte sich um, um die in der Ferne sichtbaren Berge zu bewundern.
    »Was für eine Aussicht! Die ideale Kulisse für eine Büroparty.«
    Marty zog ein Taschentuch heraus und wischte sich das schweißglänzende Gesicht. »Eine Party haben wir bis jetzt noch nicht gemacht. Aber bei schönem Wetter essen die Mädels hier ihren Mittagsimbiss und sonnen sich ein bisschen. Bei 249
    schlechtem Wetter gehen sie in den Pausenraum wie früher im alten Büro, nur dass der hier schicker ist.«
    »Der Pausenraum? Den habe ich noch nicht gesehen.«
    »Ich kann ihn dir auf dem Weg nach draußen zeigen.«
    Reba wandte sich zu mir um. »Alles in Ordnung?«
    »Ich folge Ihnen auf dem Fuß«, sagte ich.
    Die beiden

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