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Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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schlafen«,
hatte er ihr angeboten, als sie ihre Pläne angekündigt hatte. »Sie ist zwei
Wochen in Kuba. Es ist nur eine kleine Wohnung, sie studiert noch. Aber für
einen kurzen Aufenthalt wird es reichen.«
    Berenike hatte gespürt, wie er ins Telefon lächelte, wie ein
Versicherungsvertreter wollte er ihr die Sache schmackhaft machen. Sie hatte
zugesagt, dabei kannte sie den Mann kaum. Aber was sollte es. Er versprach, sie
abzuholen.
    In dem kleinen Salzkammergut-Bahnhof sehnte sie sich
plötzlich nach dem lebendigen Gewurl der Großstadt. Hier war kaum was los, von
den notorischen Zigarettenkäufern abgesehen, die sonntags zuschlugen, wenn alle
anderen Trafiken zu waren. Lustlos drehte Berenike an dem
Ansichtskartenständer. Die Motive kannte sie auswendig: Der Loser in Sommer-
oder Herbststimmung, Ausseer See, Grundlsee, ein bisschen Bad Ischl. Und über
all dem Sonne und blauer Postkartenhimmel. Very realistic, ha! Dazu die
unsäglichen Narzissen, gemeinsam mit angeblich glücklichen Kindern in Dirndln
oder Lederhosen. Bloß keine Narzissen mehr, dachte Berenike. Ihren lieblichen
Duft würde sie immer mit den schrecklichen Mordfällen letztes Jahr in
Verbindung bringen und mit allem, was sie dabei mitgemacht hatte. Was musste
sie auch ihre Amateurnase in so was stecken!
    Das Bücherangebot am Bahnhof sah auch nicht origineller aus.
Der x-te Komarek neben Donna Leon und Simmel, Konsalik und die unvermeidlichen
Heimatromane samt Jerry Cotton-Heftln. Jemand sollte den Romanfiguren zu neuen
Aufgaben verhelfen. Jerry Cotton könnte in Tirol zum Bergretter umgeschult
werden. Komareks Polt hätte in Venedig mal ein echtes Einsatzgebiet, dafür aber
auch Sprachschwierigkeiten. Und ob sich Konsalik als Heimatromanschreiber
schwertun würde …? Berenike überließ den Bücherständer anderen, doch niemand
kaufte etwas davon.
    Die feuchte Luft schmerzte in der Lunge. Zum Glück hatte sie
die drohende Verkühlung abwenden können, aber sie fühlte sich nicht gut, gar
nicht gut fühlte sie sich. Diese lähmenden Ermittlungen! Und Sven war immer
noch wie vom Erdboden verschluckt, wie sie von Ellen wusste, das hatte sie auch
der Polizei mitgeteilt.
    Endlich kündigte die Schauspielerin Chris Lohner, körperlos
wie immer, die Einfahrt des Zuges auf Gleis 2 an. Kein Zug fuhr hier je auf
einem anderen Gleis ein, aber bitte. Man musste als Reisende noch froh sein,
wenn man nicht durch einen unterirdischen Tunnel gejagt wurde, um den Bahnsteig
zu erreichen.
    Es waren Berenikes erste freie Tage, seit sie mit Jonas in
Venedig gewesen war, ein seltener Anfall von Harmonie zum Valentinstag. Der
wahnsinnige Trubel um den ›Tag der Liebenden‹ musste sie rührselig gemacht
haben, denn sie hatten sich während der ganzen Zeit wirklich nicht gestritten.
Ungewöhnlich.
    Berenike wanderte durch den mäßig vollen Zug und fand
schließlich einen ruhigen Sitzplatz. Sie packte den Laptop aus, wollte ein paar
Mails beantworten, die an normalen Arbeitstagen oft liegen blieben. Dazu neue
Veranstaltungen planen. Nein, sie wollte den Ausdruck Event nicht mehr in den
Mund nehmen … den Job in der Branche hatte sie mit gutem Grund an den Nagel
gehängt. Veranstaltungsmanagement hörte sich viel besser an. Veranstaltungen
rund um Tee, so lautete das Angebot. Zudem musste sie sich etwas wegen der
Brotlieferungen für ihren Salon einfallen lassen. Helena hatte ihr kürzlich
eröffnet, dass die Bäckerei Brot zum Leben in Schwierigkeiten steckte. Noch war
nicht aller Tage Abend, aber es sah nicht gut aus für den Bäcker, der seine
Power-Brote mit einem stilisierten Sonnenrad schmückte. Berenike zog online
eine Tarotkarte und seufzte. Die Prinzessin der Schwerter, na super. Sie würde
um ihr Glück kämpfen müssen. Mit klaren Aussagen. Es würde ihr nicht in den
Schoß fallen. Nun gut, darüber musste sie noch nachdenken.

     
    Von der Hitze im Zug schläfrig geworden,
taumelte Berenike nach einer guten halben Stunde Fahrzeit in Ischl aus dem Zug.
Die Fenster ließen sich nicht öffnen, die Luft im Abteil war verbraucht
gewesen. Der Schaffner stolperte hinter ihr auf den Bahnsteig, dicklich und
nach Schweiß stinkend.
    Im strömenden Regen suchte Berenike nach der Adresse, die ihr
Selma genannt hatte. Vorbei an Ischler Villen und eleganten Cafés, vorbei an
den Touristenmassen bei der sogenannten Trinkhalle. Alle langweilten sich im
Regen und gingen die immer gleichen Wege. Überall Kaiserkitsch hoch zehn, jede
Menge Fassaden in hübschem, immer

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