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Ausgeträllert (German Edition)

Ausgeträllert (German Edition)

Titel: Ausgeträllert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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hat’se mir als Sicherheit hiergelassen, weil sie nich’ weiß, ob’se noch mal zurückkommt. Also gehören die Brocken jetzt mir. Schluss.«
    Sie schob mich in eine Diele, die so schmal war, dass sich Elli, als sie ihre Hände in ihre nicht vorhandene Taille stemmte, in die Diagonale stellen musste, damit ihre Ellenbogen nicht zu beiden Seiten die Wände touchierten. Während sie in der Diele wartete, schaute ich mich in der Wohnung um. Die Küche war in Softeisfarben gestrichen: Himmelblau, Babyrosa und Mintgrün. Sie war zweckmäßig mit zwei Hängeschränken, einer einfachen Küchenzeile und einem kleinen weißen Tisch und zwei Stühlen eingerichtet. Die Farben der Wände wiederholten sich in den gestreiften Vorhängen vor dem kleinen Küchenfenster, das zur Johanniterstraße hinausging.
    Das klitzekleine Wohnzimmer sah aus, als hätte es ein Inneneinrichter im Millefleurs-Vollrausch ausstaffiert. Wie viele verschiedene Blumenmuster konnte ein zehn Quadratmeter-Zimmer ertragen, ohne zu explodieren? Die einzigen Einrichtungsgegenstände ohne Blumenmuster waren ein großer Fernseher in der rechten Ecke und ein Kaminofen mit großem Sichtfenster, der auf der gegenüberliegenden Seite die ganze Wandbreite einnahm, weil er unter einer gefakten weißen Kaminumrandung stand. Auf dem Kaminsims standen, in Armeestärke, Rokkoko-Schäferinnen und -Schäfer aus Porzellan; daneben eine ganze Batterie zierlicher Zuckerdosen in verschiedenen Blumenmustern, und darüber hing ein Trockenblumenstrauß, der einen unangenehm künstlichen Rosenduft verbreitete.
    »Womit heizt man den Kamin?«, frage ich.
    »Mit Kohlen, Prinzesschen, und mit Holz oder Briketts«, sagte Elli.
    »Und wo sind die?«
    »Im Keller. Wo denn sonst!? Der Ofen heizt hervorragend. Viel bessere Wärme als wie mit Zentralheizung. Und wenn’e keine Kohle für Kohle has’, dann musste dir eben warme Gedanken machen. Aber verheiz bloß nich’ die Möbel.«
    »Dafür müsste ich den erst mal ankriegen.«
    »Sach bloß, du weißt nicht, wie das geht. Ich denk, du bist von hier. Im Kohlenpott geboren und weiß nicht, wie man einen Ofen anmacht?!«
    »Wie gut, dass wir grad Hochsommer haben. Da bleibt mir ja noch Zeit zum Üben.«
    Ich stand vor dem großen Wohnzimmerfenster, durch das man in einen handtuchgroßen Garten blickte, der am anderen Ende von einer wild wuchernden Hecke begrenzt wurde. Über die Hecke hinweg war der Blick über den Bahndamm auf die Gußstahlstraße frei, von wo aus mir die Neonreklame des
Dollarhaus
entgegenblinkte. Elli hatte von hier aus ihren Kiez immer noch im Blick. Man konnte sogar die rückwärtigen Fenster der Häuser aus der eigentlichen Puffstraße, genannt
Im Winkel
, sehen. Ich konnte mich also auf reges Nachtleben freuen, wenn im Fernsehen mal nichts lief.
    »Der Fernseher ist kaputt«, sagte Elli, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
    Müsste ich mich eben an der schönen Aussicht erfreuen, die der Garten bot. In der Mitte stand ein einzelner Baum mit verkrüppelten Ästen, der nur an der linken Seite grünes Laub aufwies. Die andere Hälfte schien abgestorben zu sein. Unter dem Baum stand ein Pudel aus Stein, ungefähr dreißig Zentimeter hoch. Er trug ein Halsband in Pink, das mit großen Strasssteinen besetzt war.
    »Ist das nicht schön?«, sagte Elli und seufzte: »Mit echten Swarovski-Steinen.«
    »Da liegt doch nicht etwa dein Schätzken begraben?«
    »Aber sicher doch. Den Stein hab ich extra anfertigen lassen. Beim Steinmetz vonne Friedhofsgärtnerei. Das war mal was anderes für den. Ich find’, der is’ meiner Knutschkugel wie aus’sem Gesicht geschnitten.«
    »Kann man so sehen«, sagte ich und dachte: Pudel sehen doch eh alle gleich aus. Und bloß nicht ›am Krönchen packen‹, sonst flippen die Besitzer aus.
    Jedenfalls wäre der Garten gut für Doktor Thoma, wenn er sich mit dem örtlichen Nahverkehrsmittel arrangieren könnte, das soeben seine Ankunft ankündigte. Ein immer lauter werdendes Sirren erfüllte die Luft, und plötzlich schob sich der Nokia-Express, der Bochum mit Wanne-Eickel verband, in voller Länge keine zehn Meter vom Fenster entfernt am Garten vorbei. Die Schäferinnen auf dem Kaminsims klirrten leise und ein paar Blätter aus dem Trockenblumenstrauß rieselten zu Boden, was nicht weiter auffiel, denn sie fügten sich nahtlos in den Millefleurs-gemusterten Teppichboden ein.
    »Wie oft kommt der am Tag?«, fragte ich.
    »Alle zwanzig Minuten. Man gewöhnt sich dran. Das Fenster hat

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