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Ausgeträumt

Ausgeträumt

Titel: Ausgeträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Zimmer. Haben Sie eins frei?«
»Sind Sie ’n Zuhälter?«
»Oh … nein, nein.«
»Vielleicht ’n Dealer?«
»Nein, Sir.«
»Wär aber schön. Ich brauch dringend Koks.«
»Ich bin Bibelverkäufer, Sir.«
»Was? Is ja ekelhaft!«
»Ich versuche nur, die frohe Botschaft zu verbreiten.«
»Na, in meiner Gegenwart verbreiten Sie den Stuß aber nicht.«
»Wie Sie wünschen.«
»Scheiße, und ob!«
»Also wie gesagt – ich brauche ein Zimmer.«
»Wir haben noch zwei. Die Acht und die Drei.«
»Sagten Sie acht?«
»Acht und drei, hab ich gesagt. Sind Sie schwerhörig?«
»Ich nehme die Acht.«
»35 Dollar. Im voraus.«
Ich blätterte ihm das Geld hin. Er schnappte es sich und knallte mir einen Schlüssel hin.
»Bekomm ich keine Quittung?«
»Eine was?«
»Quittung.«
»Können Sie das buchstabieren?«
»Nein.«
»Dann kriegen Sie’s auch nicht.«
Ich nahm den Schlüssel, ging runter zur Acht und schloß auf. Sah nett aus, die Bude. Aber nur im Vergleich zum Obdachlosenasyl.
Aus der Küche holte ich ein Glas, preßte es an die gemeinsame Wand mit Apartment 9 und lauschte. Ich hatte Glück.
»Nicht so schnell, Billy«, hörte ich Cindy Bass sagen. »Ich möcht erst ein bißchen reden.«
»Reden können wir hinterher«, sagte Billy. »Ich hab hier mordsmäßig einen stehen und muß was damit machen. Ich will Weiberfleisch und kein Gelaber!«
»Ich will erst noch duschen, Billy.«
»Duschen? Was hast du denn gemacht? Im Garten gewerkelt?«
»Ach, Billy, du bist so witzig.«
»Na gut, dann geh duschen. Ich schütt mir solang Eiswasser auf meine Kobra.«
»Ach, Billy! Hahaha!«
Zum ersten Mal seit Wochen konnte ich schmunzeln. Jetzt war sie fällig.

35
    Ich hielt das Glas an die Wand gepreßt und lauschte weiter. Das Geräusch der Dusche war jetzt zu hören. Der arme Bass. Er hatte richtig vermutet. Aber alle hatten wir doch recht und unrecht und zwischendrin. Kam es denn wirklich darauf an, wer mit wem rumfickte? War doch letzten Endes alles langweilig. Ficken, ficken, ficken. Na ja, Menschen wurden eben anhänglich. Sobald die Nabelschnur durchschnitten war, hängten sie sich an was anderes. Was zum Schauen, was zum Hören, Sex, Geld, Trugbilder, Mütter, Onanie, Mord und Montagmorgen mit einem Kater.
    Ich stellte das Glas auf den Boden, holte die kleine Flasche Gin aus der Tasche und genehmigte mir einen kleinen Schluck. Das verscheuchte jedesmal die Ameisen aus dem Hirn.
    Ich überlegte, ob ich nicht den Beruf wechseln sollte. Hier war ich drauf und dran, irgendwo einzudringen und eine Fickszene abzufilmen, obwohl ich überhaupt keine Lust dazu hatte. Es war nur ein Job. Geld für die Miete, für Alkohol. Und einfach Warten auf den letzten Tag oder die letzte Nacht. Zeit schinden. Was für ein Blödsinn. Ich hätte ein großer Philosoph werden sollen, dann hätte ich ihnen gesagt, wie dumm es von ihnen war, daß sie rumstanden, Luft in die Lungen saugten und wieder auspusteten. Verdammt, ich wurde richtig melancholisch. Ich trank noch einen Schluck, preßte das Glas wieder an die Wand. Sie kam anscheinend grade aus der Dusche.
    »Menschenskind«, sagte er, »du bist gebaut wie zehn Scheißhäuser aus Backstein!«
    »Aach, Billy, find’ste wirklich?«
»Habs doch grad gesagt, oder nicht?«
»Du sagst so süße Sachen, Billy.«
»Ich meine, schau dir doch bloß mal diese Euter an! Eigentlich
    müßtest du platt aufs Gesicht fallen, aber ich schätze, dein großer Arsch hält dich im Gleichgewicht.«
»Ach, so’n großen Hintern hab ich gar nicht, Billy.«
»Baby, das ist kein Hintern. Das Ding da ist ’n Kipplaster voller Gelee und Marmelade und Dampfnudeln!«
»Aber Billy, was ist mit mir? Mit dem, was ich in mir hab?«
»Baby, siehst du nicht das Ding, das da vorne an mir rumschnalzt und pulsiert? Das hast du gleich in dir!«
»Billy, ich glaub, ich überleg mirs doch noch anders …«
»Baby, da gibts nichts zu überlegen! Komm her! Hock dich auf meinen Tower of Power!«
Ich nahm das Glas von der Wand, sah meine Kamera nach, glitt aus der Tür und ging nach nebenan. Die Tür der beiden war ein Kinderspiel. Ich kriegte sie mit meiner Visa-Karte auf.
Im Schlafzimmer wimmerten die Sprungfedern der Matratze um Gnade. Ich schaltete die Kamera ein und rauschte ins Zimmer. Volltreffer. Billy rammelte drauflos wie zehn Karnickel. Irgendwie bemerkte er mich, wälzte sich von ihr runter und sprang mit einem Satz aus dem Bett. Kriegte den Mund nicht mehr zu. War sehr überrascht. Und gleich darauf sehr sauer.

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