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Ausgeträumt

Ausgeträumt

Titel: Ausgeträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Welt, ihr Verstand. Ihr Gesicht war stahlhart. Wenn sie lächelte, tat es weh. Ihr genauso wie mir. Sie lächelte trotzdem. Das Lächeln war so falsch, daß sich mir die Härchen an den Unterarmen sträubten. Ich schaute weg.
    »Hi, Honey! Was nehmen Sie?«
    Ich sah ihr nicht ins Gesicht. Ich sah ihren nackten Bauch an. Eine kleine rote Rose aus Papier klebte auf ihrem Bauchnabel. Die redete ich an.
    »Wodka-Tonic mit Lime.«
»Aber gern, Honey!«
Sie trippelte davon und versuchte, ihre Hinterbäckchen
    attraktiv schlingern zu lassen. Es klappte nicht. Ich bekam augenblicklich Depressionen. Nicht, Belane, ermahnte ich mich. Nicht. Es nützte nichts. Wir waren doch alle im Eimer. Es gab keine Sieger. Es sah nur so aus. Wir hechelten alle einem Haufen Nichts hinterher. Tag für Tag. Es ging nur noch ums Überleben. Das schien mir nicht genug. Nicht mit Lady Death auf der Lauer. Es machte mich wahnsinnig, wenn ich nur dran dachte. Denk nicht dran, Belane, ermahnte ich mich.
Nützte nichts.
Die Kellnerin brachte den Drink. Ich legte einen Schein hin. Sie nahm ihn an sich.
»Vielen Dank, Honey!«
»Moment«, sagte ich, »ich krieg noch was raus.«
»Da gibts nichts mehr raus.«
»Gut, dann sagen wir halt, das Trinkgeld ist mit drin.« Sie riß die Augen auf. Ihre leeren Augen.
»Was sind denn Sie – ’n gottverdammter Cowboy?« »Was soll das sein?«
»Sie wissen nicht, was ’n gottverdammter Cowboy ist?« »Nee.«
»Das ist einer, der ’n Ritt umsonst will.«
»Haben Sie sich das selber ausgedacht?«
»Nee, so sagen die Girls dazu.«
»Welche Girls? Die Cowgirls?«
»Mister, ham sie ne Hummel im Arsch oder was?« »Höchstwahrscheinlich ›oder was‹.«
» Mary LOH! « hörte ich eine Männerstimme. » Hast du Ärger
    mit dem Arschloch? «
Es war der Barkeeper, ein kleiner Kerl mit buschigen Brauen. »Keine Sorge, Andy. Mit dem Arsch werd ich fertig.«
    »Ja«, sagte ich, »Ärsche hast du wahrscheinlich schon massenhaft abgefertigt, Mary Lou.«
    »Du elender Schwanzlutscher!« kreischte sie. Ich sah, wie der Typ mit den buschigen Augenbrauen einen Satz über die Bar machte. Gar kein schlechter Trick für einen Kerl seiner Größe. Ich kippte meinen Drink und stand auf. Duckte mich unter seiner Rechten weg und rammte ihm das Knie unten rein. Er ging zu Boden und wälzte sich. Ich gab ihm einen Tritt in den Arsch und ging wieder raus auf den Sunset Boulevard. Mein Pech in Bars wurde allmählich immer schlimmer.

33
    Also ging ich nach Hause und trank dort weiter, und so gingen der Rest des Tages und die Nacht drauf. Gegen Mittag wachte ich auf, ging aufs Klo, putzte mir die Zähne und sinnierte beim Rasieren vor mich hin. Ich fühlte mich nicht allzu schlecht. Fühlte eigentlich überhaupt nicht viel.
    Ich zog mich an, und während ich mir ein Ei kochte, trank ich eine Mixtur aus Tomatensaft und Bier. Ich hielt das Ei unters kalte Wasser, pellte es aus der Schale und aß es. Jetzt war ich soweit. So weit, wie ich je sein würde. Ich griff zum Telefon und rief Jack Bass in seinem Büro an. Er schien sich nicht zu freuen, als er meinen Namen hörte.
    »Jack«, sagte ich, »erinnern Sie sich an den Franzosen, von dem ich Ihnen erzählt hab?«
»Ja, was ist mit ihm?«
»Ich hab ihn aus dem Weg geräumt.«
»Wie?«
»Er ist tot.«
»Gut. War er derjenige, welcher?«
»Na ja, er hatte Kontakt mit ihr.«
»Kontakt? Was zum Donnerwetter soll das denn heißen?«
»Ich will’s Ihnen lieber ersparen.«
»Tun Sie sich nur keinen Zwang an, Belane.«
»Hören Sie, ich versuche Cindy am Arsch zu kriegen. Deshalb haben Sie mich doch angeheuert – ja?«
»Ich weiß nicht, warum ich Sie angeheuert habe. Allmählich glaube ich, es war ein Fehler.«
»Jack, ich hab den Franzosen erledigt. Er ist tot.«
»Und wo stehn wir damit?«
»Er kann sie nicht mehr bimsen.«
»Hat er sie denn ….?«
»Jack …«
»Oder Sie? Dieser ganze Schmutz von wegen ›sie am Arsch kriegen‹ – sind Sie vielleicht pervers?«
»Hören Sie, bei Cindy bin ich so nah dran, daß mir schon der Hosenlatz spannt. Aber wir brauchen einen knochenharten Beweis.«
»Da! Sie tun es schon wieder!«
»Wir sind kurz vor dem Ziel, Jack. Dauert nicht mehr lang.
Verlassen Sie sich auf mich.«
»Dann war es also nicht nur der Franzose?«
»Ich glaube, ja.«
»Sie glauben es? Sie glauben es? Mensch, ich zahle Ihnen gutes Geld! Inzwischen sind Wochen vergangen, und Sie haben nichts weiter zu bieten als einen toten Franzosen und eine Vermutung? Sie machen bloß Wind! Ich will

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