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Ausgeträumt

Ausgeträumt

Titel: Ausgeträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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voran?«
»Celine ist tot. Er war Jahrgang 1894.«
»Die Daten weiß ich selber, Belane. Hören Sie – ich weiß, daß er noch irgendwo lebt. Und der Kerl in der Buchhandlung, das könnte er sein. Haben Sie schon was rausgekriegt? Ich will ihn. Ich muß ihn haben.«
»Ummm …«
»Machen Sie Ihren Hosenlatz zu!«
»Hm?«
»Den Hosenlatz, hab ich gesagt, Sie Idiot!«
»Oh … na ja …«
»Ich will einen klaren Beweis – entweder er ist es, oder er ist es nicht. Ich hab Ihnen ja gesagt, daß ich in diesem Fall ein paar Schwierigkeiten habe. Barton hat Sie mir empfohlen. Er sagte, Sie wären einer der besten.«
»Ach ja, für Barton arbeite ich inzwischen auch an was. Es geht um einen Red Sparrow – was halten Sie davon?«
»Hören Sie, Belane, wenn Sie den Fall Celine lösen, sage ich Ihnen, wo der Red Sparrow ist.«
»Ah ja? Ach, Lady, für Sie würd’ ich sonstwas tun!«
»Zum Beispiel?«
»Na, für Sie würde ich meine Lieblingskakerlake killen. Ich würde meine Mutter mit dem Gürtel verdreschen, wenn sie noch leben würde. Ich …«
»Hören Sie auf mit dem Gefasel! Langsam glaube ich, Barton hat mir da einen Floh ins Ohr gesetzt. Also sehn Sie ja zu, daß Sie vorankommen. Entweder Sie liefern Resultate in Sachen Celine, oder Sie sind dran!«
»Hey, Moment mal, Lady!«
Die Leitung war tot. Ich ließ den Hörer auf die Gabel fallen. Au, au. Wenn es darum ging, mir zuzusetzen, hatte sie überhaupt keine Schwierigkeiten. Also an die Arbeit.
Ich sah mich grade nach einer Fliege um, die ich plätten konnte, da flog die Tür auf, und McKelvey erschien. Er hatte einen enormen Misthaufen von Blödian dabei. McKelvey sah mich an und wies mit einer Kopfbewegung auf das Ungetüm.
»Das ist Tommy.«
Tommy stierte mich mit seinen kleinen trüben Augen an.
»Freu mich, Sie kenn’zulern’«, sagte er. Ein gräßliches Grinsen erschien auf McKelveys Gesicht.
»Also, Belane. Tommy freut sich auf dich, und zwar aus einem einzigen Grund – weil er dich zu blutiger Hühnerscheiße zermatschen wird. Richtig, Tommy?«
»Mhm«, sagte Tommy.
Ich schätzte ihn auf 175 Kilo. Na ja, wenn man ihm die Pelzmatte abrasierte, kriegte man ihn vielleicht auf 165 runter. Ich beehrte ihn mit einem gewinnenden Lächeln.
»Schau her, Tommy, du kennst mich doch gar nicht, oder?«
»Nee.«
»Wieso willst du mir dann was tun?«
»Weil’s mir Mr. McKelvey gesagt hat.«
»Tommy. Wenn dir Mr. McKelvey sagt, du sollst dein Pipi trinken, tust du’s dann auch?«
»Hey«, sagte McKelvey, »bring mir meinen Boy nicht aus’m Konzept!«
»Tommy, würdest du deiner Mutter ihre Kacke essen, bloß weil’s Mr. McKelvey will?«
»Hä?«
»Schnauze, Belane! Ich besorge hier das Reden!«
Er wandte sich an Tommy. »Also, du nimmst mir den Kerl auseinander wie ’ne alte Zeitung. Du reißt ihn in Fetzen, und die Fetzen schmeißt du in den Wind – ist das klar?«
»Is’ klar, Mr. McKelvey.«
»Na, auf was wartest du dann noch? Daß die letzte Rose verblüht oder was?!«
Tommy ging auf mich zu. Ich nahm die Luger aus der Schublade und richtete sie auf seinen ekelhaften Wanst.
»Bleib steh’n, Thomas, oder du bist gleich doppelt so rot wie die Kluft vom Stanford Football-Team.«
»He, wie kommst du zu dem verdammten Ding da?« wollte McKelvey wissen.
»Ein Schnüffler ohne Knarre ist wie ein kastrierter Kater. Oder ’ne Uhr ohne Zeiger.«
»Belane«, sagte McKelvey, »du redest Stuß.«
»Hat man mir schon öfter gesagt. Jetzt sag deinem Boy, er soll ’n Rückzieher machen, oder er kriegt ’n Loch rein, durch das du ’ne Grapefruit schmeißen kannst.«
»Tommy«, sagte McKelvey, »komm her und stell dich vor mich.«
Da standen sie nun. Ich mußte mir was einfallen lassen. Das war nicht leicht. Ich hatte nie ein Oxford-Stipendium bekommen. Ich hatte den Biologieunterricht verschlafen, und in Mathe war ich immer schwach gewesen. Aber ich hatte es geschafft, am Leben zu bleiben. Bis jetzt. Vielleicht.
Na schön, ich hatte in diesem gezinkten Spiel sozusagen ein As im Ärmel. Jetzt mußte ich den nächsten Schritt machen. Jetzt oder nie. Es ging schon auf September zu. Die Krähen versammelten sich bereits. Die Sonne blutete.
»Also, Tommy«, sagte ich, »runter auf Hände und Knie! Los!«
Er sah mich an, als wäre er schwerhörig. Ich setzte ein dünnes Lächeln auf und entsicherte die Luger. Tommy war doof, aber er war nicht blöd. Er ließ sich auf Hände und Knie plumpsen, und das ganze fünfte Stockwerk erzitterte wie bei einem Erdbeben der Stärke 5,9.

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