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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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aufglitt, griff ich mit einer Reflexbewegung zur Waffe. Hannibal zog sogar blitzschnell und ging in Anschlag.
    Selbst wenn er geschossen hätte, wäre es nutzlos gewesen. Jener, der hier als unumschränkter Chef residierte, trug einen marsianischen Schirmfeldprojektor.
    Unter dem Flimmern des Hochenergieschirmes erkannte ich einen schlanken Mann mit scharfgezeichneten Gesichtszügen und schmaler Nase. Seine Augen waren ebenso schwarz wie seine zu einem Sichelkamm frisierten Haare. Der Kamm reichte von der Stirn bis in den Nacken, war sorgsam gepflegt und hob sich effektvoll von den kahlgeschorenen Kopfpartien ab.
    Er lächelte ironisch, sprach jedoch kein Wort.
    Ich hatte meine Reflexhandlung zu erklären, das war klar. Eigentlich hatten wir jedermann erwartet, nur nicht eine als tot geltende Person, die uns in vorangegangenen Einsätzen die Stirn geboten hatte.
    »Ich nehme an, Sie haben das von Ihrem Abwehrschirm umschlossene Volumen dieses Mal entlüftet, Franco Sadonelli«, sprach ich ihn an. »Als Sie in der Andenfestung meines Meisters auftauchten, hatten Sie dazu keine Zeit mehr.«
    »Wenn man nach einem Transmittersprung noch nicht völlig rematerialisiert ist, kann das vorkommen, Mr. Apoll«, vernahm ich seine Stimme.
    Ja – das war der Mann, der uns kurz vor der Flucht von der Luxusjacht über Unterwasserfunk angesprochen und Befehle erteilt hatte.
    »Sie sind erstaunlich gut informiert«, fuhr er fort. »Ich habe Sie in Toterlays Andenstützpunkt nicht bemerkt.«
    »Wir waren da, wir und noch zweiunddreißig andere Erhobene«, behauptete ich gelassen. »Sie und die mit Ihnen angekommenen Neo-Calthurs haben generell sehr wenig gesehen, Mr. Sadonelli. Mein Meister ließ Sie zusammen mit einem Neo namens Kalhohr frei und schickte Sie zu Ihrem Mondstützpunkt zurück. Anschließend blockierten wir unser Empfangsgerät. Es hieß, Sie wären bei einem weiteren unerlaubten Eindringungsversuch zurückgeschleudert und getötet worden. Was sollen wir davon halten, Mr. Sadonelli?«
    »Stecken Sie Ihre Waffe weg, Bockosch. Sofort!« befahl er ausweichend. Dann wandte er sich an mich.
    »Ich freue mich, Apoll, daß Sie mich so gut kennen. Danach zu urteilen, werden Sie auch wissen, daß ich der Abwehrchef von Calthurion war. In dem Zusammenhang gibt es eine Begebenheit, die ich nicht enträtseln konnte. Mir ist erstaunlicherweise ein Fehler unterlaufen, der meine Position untergrub. Sind Sie darüber informiert? Wenn ja, möchte ich aufgeklärt werden.«
    »Ihr fordernder Ton gefällt mir nicht, Sir«, wies ich ihn reserviert ab. »Ich bin als Ihr Partner gekommen, nicht als Ihr Untergebener.«
    »Ja, natürlich, der Ehrenkodex der Übermenschen«, sagte er seufzend. »Verzeihen Sie. Kommen wir zu meiner Frage, Apoll. Professor Toterlay hätte nach menschlichem Ermessen durch meine Planung ausgeschaltet werden müssen. Nicht auf dem Mond, sondern nahe der unterseeischen Stadt Calthurion. Was wissen Sie darüber? Nehmen Sie an, ich würde Ihre Aussage als letzte Sicherheitsbedingung ansehen; gewissermaßen als hundertprozentige Legitimation.«
    Hannibal schob seine Waffe in die offne Gürteltasche zurück. Die vier Wächter senkten die Mündungen ihrer Maschinenkarabiner.
    Sadonelli war also nicht getötet worden! Wenn Kojastnakow schon als gefährlicher Mann bekannt war, so konnte er Sadonelli nicht das Wasser reichen. Vielleicht in einigen Punkten, bestimmt aber nicht in allen.
    Franco Sadonelli war ein Geheimdienstmann aus Leidenschaft oder Veranlagung. Der Militärische Abschirmdienst-Euro hatte ihn ausgebildet, bis er wegen bedeutungsloser Kompetenzstreitigkeiten ging und zu den Calthur-Priestern überwechselte. Damit hatte der MAD-Euro wahrscheinlich den fähigsten Mann des Jahrhunderts verloren.
    Und wir bekamen es nun mit diesem hervorragenden Kopf zu tun; mit einem Mann, der es sogar geschafft hatte, die Übermenschen des Mondes zu bluffen und ihnen vorzugaukeln, er hätte bei einem Transmitterunfall den Tod gefunden.
    Nur ein Könner wie er konnte die antarktische Organisation aufgebaut haben. Wahrscheinlich hatte er mit dem ehemaligen Naahrgar und Dr. Haskin Davanger enge Kontakte unterhalten, bis der Stützpunkt der Abspaltergruppe auf festen Füßen stand.
    Danach hatte er sich um die Neo-Calthurs auf dem Mond gekümmert und sie gründlich genasführt. Ich selbst hatte ihn in meiner Maske als Professor Toterlay überwältigt, verhört und aus gutem Grund wieder laufenlassen. In seinem Kampfanzug hatte sich

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