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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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»Menschheit-Erneuerungsprogramm« zu motivieren.
    Es dauerte zwei Stunden, bis ich ihn endlich abschütteln konn te. Kojastnakow amüsierte sich offenkundig. Ständig schaute er auf die Uhr und streichelte anklagend seinen Magen.
    »Es ist bereits kurz vor einundzwanzig Uhr, Apoll«, beschwerte er sich. »Meine Köche warten seit fast vier Stunden. Das ist ungeheuerlich. Ich darf Sie zu einem kleinen Imbiß einladen, nicht wahr?«
    »Welche Ziele verfolgen Sie?« schweifte ich von seinem Lieblingsthema ab. »Riebsam ist wahnsinnig, das wissen Sie. Andererseits ist er ein Könner.«
    »Nur deshalb lebt er noch«, seufzte Valerie. »Werden Sie ihm das Material liefern?«
    »Wenn wir unsere Kompetenzbereiche abgesteckt haben. Meine Freunde und ich möchten auf dem Mond in Ruhe arbeiten und forschen können. Sie dürften schätzungsweise nach der Weltherrschaft streben. Wie wollen Sie die erlangen? Sollen Riebsams Aufgestockte in Wahlkämpfe ziehen oder Diktatoren ermorden? Ich sehe nicht ganz klar, Mr. Kojastnakow?«
    »Weil Sie in unrichtigen Bahnen denken«, lächelte er. »So kann man das nicht machen. Demokratisch orientierte Wähler stellen zu viele Fragen, und Diktatoren werden überwiegend so gut bewacht, daß man sie nicht beseitigen kann. Selbst wenn es gelänge, käme der von mir ausersehene Mann nicht an die Macht.«
    »Wie wollen Sie dann vorgehen, Mr. Kojastnakow? Ich bitte um Ihr Verständnis wegen meiner Fragen, aber ich möchte keinem Phantom nachjagen. Für mich zählen nur Realitäten.«
    »Ich bewundere Sie schon fast so intensiv wie Riebsam«, sagte er lächelnd. »Sie denken folgerichtig. Gehen Sie doch einen Schritt weiter. Welche Männer der Geschichte konnten andere Machthaber und deren Untertanen praktisch über Nacht zu gehorsamen Sklaven machen? Nun Apoll? Denken Sie doch einmal an den kleinen, unbedeutenden korsischen Artillerieleutnant. Als Leutnant war er ein Nichts. Aber dann wurde er General und später Kaiser. Wie wurde er das? Warum zitterte die Welt vor ihm? Weil er die Macht gewonnen hatte, mein Freund, die Waffengewalt! Der Marschtritt seiner Armeen war unüberhörbar. Seine erstklassig geschulten Artilleristen waren anderen überlegen. Seine Kavallerie war besser als die anderer Herrscher. Und er war der große Lenker! Das bedeutet, in unsere Zeit umgesetzt, daß ich lediglich einige hundert Erhobene brauche, die mit marsianischen Beutewaffen umgehen können. Was glauben Sie, mein Freund, wie schnell man überall auf dieser Welt einen ohnehin zwecklosen Widerstand aufgeben wird? Das ist doch besser, als Erhobene in den demokratischen Wahlkampf zu schicken, oder?«
    Ich bemühte mich, meine Fassung zu bewahren. Die Idee war unkompliziert, in der Praxis aber wirkungsvoll. Selbstverständlich hätten alle irdischen Machtblöcke beim massierten Einsatz marsianischer Waffen auf der Stelle kapitulieren müssen. Dazu genügten fünftausend flugfähige Kampfroboter oder ein einziges Raumschiff des Mars.
    »Ich verstehe, Sir.«
    »Ich kann also Ihrer Unterstützung sicher sein? Der Mond wird nach meinem Regierungsantritt sofort von allen normalmenschlichen Wesen geräumt, ich ziehe sogar die wissenschaftlichen Testkommandos zurück, Luna gehört Ihnen, die Erde mir. Halten Sie das für real oder glauben Sie im nachhinein, ich wäre ebenfalls geisteskrank?« Er lachte mich an.
    Nein – Valerie Kojastnakow war gewiß nicht krank. Seine Vorstellungen hatten Hand und Fuß. Das war möglich und auch durchführbar. Er brauchte lediglich ein überragendes Expertenteam und marsianische Ausrüstungen.
    Ich wollte ihm soeben seine geistige Klarheit bescheinigen, als er abberufen wurde.
    Navarro fauchte plötzlich wieder auf. Hinter der Panzertür, durch die er den Gang betreten hatte, erkannte ich die komplizierten Anlagen einer großen, leistungsfähigen Funkzentrale.
    »Man verlangt Sie dringend zu sprechen, Sir«, sprach er Kojastnakow an.
    »Was? Jetzt? Meine Köche warten«, jammerte der Koloß.
    »Hyperkodespruch aus Ostasien. Sir«, betonte Navarro. »Ich habe lediglich einen Nanoimpuls als Empfangsbestätigung durchgegeben.«
    »Gedulden Sie sich bitte, meine Freunde«, klagte Kojastnakow. »Sehen Sie sich noch einige Labors an, wenn Sie möchten. Das wird mein Lieferant für besondere Köstlichkeiten sein. Verzeihen Sie mir.«
    Er wandte sich um und ging. Navarro folgte ihm. Die drei Leibwächter blieben vor der Tür stehen.
    Meine Nerven schienen sich plötzlich zu verkrampfen. Ich fühlte

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