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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Morgen kümmere ich mich darum.«
    »Scheiße, mir läuft die Zeit davon!« Der Kriminalrat tigerte zwischen Pinkelbecken und Putzeimer auf und ab. Er trat nach Papierfetzen und wirbelte sie auf. »Es heißt, ich soll Anfang Mai zum Landeskriminalamt versetzt werden!«
    »Klingt nach steiler Karriere.«
    »Vier Fünftel der Beamten dort tun nichts anderes als Statistiken schreiben, die dem Innenminister ins Konzept passen müssen. Lieber schaffe ich als Bananenbieger bei Dole.«
    »Ich habe Seberichs Leiche gesehen.«
    »Und? Was ist da vorgefallen? Ich hab vorhin mit Ela Bach telefoniert und sie meint, die Handschrift des Mörders sei exakt die gleiche wie im Fall Klee. Was zum Teufel bedeutet das?«
    »Was hat sie noch berichtet? Gibt es brauchbare Spuren?«
    »Bis auf den silbergrauen Focus noch nichts. Wie soll das alles zusammenpassen?«
    Als sie die Toilette verließen, wartete ›Hammer‹ Thorsten Janosch vor der Tür. »Das dauert ja ’ne Ewigkeit! Labert ihr immer so viel beim Liebemachen?«
    Der Ringrichter bat Bruno auf die Waage. Auch der Unparteiische hatte sich umgezogen: weiße Hose, weißes Hemd, schwarze Fliege.
    Bruno hatte nur wenig zugenommen. Janosch kam von der Toilette zurück und ließ sich ebenfalls wiegen. Unterschiedliche Gewichtsklassen, aber die Differenz lag im erlaubten Rahmen. Der Ringrichter überprüfte die Bandagen.
    Die Musik in der Halle wechselte. Eine Bigband und ein Sänger, der Mühe hatte, die Töne zu treffen. Bruno lugte durch einen Türspalt: Im Ring stolzierte der Modezar, auf den Silberlocken einen Zylinder, im Arm ein Model im weißen Abendkleid. Der Text rühmte die schönste Stadt der Welt und meinte Düsseldorf. Die Musik kam vom Band – selbst auf die weite Distanz erkannte Bruno, dass die Mundbewegungen des Modezaren nicht synchron waren. Silberlocke schwenkte den Zylinder und bekam dünnen Applaus. Das Mannequin himmelte ihn an.
    Ein Laufsteg führte vom Seiteneingang zum Ring. Dünne Mädels stelzten im Licht eines Scheinwerfers, der sie verfolgte. Dünne, langbeinige Frauen wie Hannah – flache Brüste und scharfe Hüftknochen. Sie trugen Glitzerroben, wallende Mäntel, Korsagen mit Straußenfedern. Dünne Fummel, durch die man fast durchgucken konnte.
    Erneut kam Stimmung auf. Rhythmisches Klatschen, das aus dem Takt der Musik geriet. Munteres Gegröle: »AUS-ZIEHEN, AUSZIEHEN!«
    Die Mädels flanierten durch den Ring und lächelten höflich.
    Hannah war nicht dabei – die angebliche Nummer eins des Modezaren.
    Bruno studierte die Ränge. Seine Mutter und ihr Nachbar Farthmann hatten Plätze in Reihe zehn. In der Masse, die Bruno von seiner Tür aus im Blick hatte, konnte er die beiden nicht ausmachen. Ein Gutteil der Zuschauer trug Uniform – Kollegen, die aus halb Nordrhein-Westfalen angereist waren. In den vorderen Reihen die Promis: Die Spinatwachtel nippte Mineralwasser, der Malerfürst glotzte ins Leere, der Polizeipräsident redete auf den Schauspielstar ein und markierte Hakenschläge. Der Platz neben Innenminister Lemke war frei geblieben.
    Ein kräftiger Bursche in Jeans und Rollkragenpulli zwängte sich durch die Reihen. Graues Haar, zum Pferdeschwanz gebunden. Grimmiger Blick, der sich nicht aufhellte, als Lemke ihn ansprach und ihm die Hand reichte. Max Pommer schob sich weiter und nahm neben Lara Platz.
    Die Geschwister tuschelten. Laras Zimthaar leuchtete, als reflektiere der Ring das Scheinwerferlicht nur in ihre Richtung.
    Der Applaus wurde ohrenbetäubend. Die Leute auf den hinteren Rängen trommelten mit den Schuhsohlen auf den Boden. Der Verfolgerspot traf ein Mannequin, das regelrecht über den Steg schwebte. Sie trug nichts als ein eng anliegendes schwarzes Netz. Weiße Haut schimmerte durch weite Maschen. Der Jubel erfasste auch das Publikum auf den teuren Plätzen. Der Malerfürst warf die Zigarre weg und pfiff auf den Fingern. Die Hübsche aus der Spinatwerbung starrte mit offenem Mund. Lemke applaudierte, als gelte es, auf dem Parteitag einen Vorsitzenden zu bestätigen. Der Schauspieler erhob sich, schwankte zum Ring und warf dem Mädel eine Kusshand zu.
    Hannahs Rolle, dachte Bruno. Die Tochter seines Trainers hätte das Netzteil vorführen sollen. Ich werde dir die Show stehlen. Ich werde euch Boxer auf den zweiten Platz verweisen. Der Modezar dackelte hinter der Frau her. Er schwenkte den Zylinder und verbeugte sich. Das Publikum hatte nur Augen für das Model im Netzanzug.
    Einzig Pommer sah nicht hin. Bruno folgte dem Blick

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