Ausgezählt
Schreie, in die jetzt auch der Mann einstimmte.
Der Pförtner tapste ein paar Schritte zurück. Bruno drückte die Klinke und ging voraus. Über Taschen und Kleidungsstücke stieg er durch einen Vorraum ins Zimmer. Die anderen folgten und richteten ihre Pistolen auf das Bett.
Eine Nachttischlampe spendete Licht, halb verhüllt von einem Unterhemd. Federbett und Handtücher lagen im Raum verteilt. Das Laken hing faltig und schief über der Matratze.
Die Frau kniete auf dem Bett, die Finger in ein Kissen gekrallt. Sie warf den Kopf auf und nieder und schrie ohne jede Hemmung. Den Rhythmus bestimmte Fred, der mit seinem Unterleib gegen ihren Hintern klatschte.
Aus dem Gebrüll wurde ein einziger, lang gezogener Laut. Zugleich wurde auch Fred fertig. Er schmiegte sich gegen den Rücken der Frau, ihren Nacken mit Küssen bedeckend, seine Finger auf dem Kissen in ihre verschränkend. Sein Hintern hob sich weiß vom sonnengebräunten Rest des Körpers ab, die Haut glänzte vor Schweiß.
Bruno dachte an die Camargue.
Die Frau unter Fred brummte, als imitiere sie eine Katze.
Thilo klopfte mit der Waffe gegen den Schrank. »Manfred Klee?«
Das Paar merkte erst jetzt, dass es nicht allein im Zimmer war.
»Scheiße, was soll das?«, brüllte Fred.
Bruno starrte die Frau an und sie starrte zurück.
Es war Karen.
22.
Es roch nach Schweiß und Sex. Das Pärchen beeilte sich, in die Klamotten zu steigen. In Brunos Kopf zuckten Adern. Sein Blickfeld verschwamm an den Rändern, als hätte er einen Treffer gegen den Schädel kassiert.
Karen sah er klar und deutlich. Ihr Haar hing strähnig und wirr, ihr Blick war feindselig.
Bruno holte aus und schlug die Faust in die Schranktür. Holz splitterte und riss die Haut über den Knöcheln auf. Er stürzte auf Karen zu – seine Füße verhedderten sich im herumliegenden Bettzeug. Er packte seine Frau.
»THEATERPARTY NENNST DU DAS?«
»Du tust mir weh!«
Er schüttelte Karen. Erfolglos versuchte sie, sich loszureißen.
»WIE LANGE GEHT DAS SCHON SO?«
Sie biss ihm ins Handgelenk, die Uniformierten zogen Bruno von ihr weg.
Er stürzte auf Fred zu und schlug ihm die Faust in den Magen. Einen rechten Haken gegen den Hals. Fred fiel um und blieb reglos liegen.
Die Kuttenträger bogen Bruno die Arme auf den Rücken und drängten ihn wie einen Gefangenen hinaus auf den Flur.
Nach einer Weile trat Thilo Becker aus dem Zimmer. »Lasst ihn los. Der Tünnes steht wieder.«
Bruno atmete durch. Blut tropfte von seinen Knöcheln. Karens Zahnspuren auf dem Gelenk. Ein seltsames Gefühl der Ruhe durchströmte ihn.
Thilo blickte finster und hielt Abstand. »Jetzt weiß ich, warum sie dich Champion nennen. Heb dir so was für den Ring auf.«
»Ich kämpfe nicht mehr.«
»Das hab ich gesehen. Wieso ging der Tünnes so schnell k.o.?«
Ein Schlag in den Bauch lässt das Zwerchfell verkrampfen und du atmest für kurze Zeit nicht. Ein Hieb gegen den Hals staucht die Schlagader und die Hirndurchblutung wird vermindert. Boxerroutine – Bruno hatte das nicht geplant.
Er musste sich zusammenreißen. Er wollte die Stelle im KK 11.
»Es tut mir Leid«, log er.
»Scheiße, Bruno, ich muss das ins Protokoll aufnehmen. Was ist los mit dir?«
Karen hatte sich fertig angezogen. Sie stand in der Tür und rieb sich die Arme. Bruno wandte sich ab. Am liebsten hätte er das ganze Hotel in die Luft gejagt.
»Hast du mit dieser Frau was Privates laufen?«, wollte Becker wissen.
Nett formuliert, dachte Bruno.
Der Blondschopf brachte Bruno ins Präsidium. Die Schupos kamen mit Karen und Fred nach.
Der Regen prasselte gegen die Scheibe und spritzte vom Asphalt hoch. Bruno zerbrach sich den Kopf – er verstand nicht, warum Karen ihm das angetan hatte.
Becker ließ ein paar Floskeln zum Thema Liebesleid vom Stapel. Jeder ginge mal fremd. Man müsse verzeihen können. Bruno überlegte, was er Karen sagen sollte. Von wegen Anker in der Welt.
Als sich das Tor zum Hof der Festung öffnete, fragte Becker: »Deine Nerven wieder okay?«
»Ja.«
»Kein schöner Abend für dich. Ich kann das nachvollziehen.«
»Du mich auch«, antwortete Bruno.
Er wurde in das Büro zweier Sachbearbeiter vom KK 11 geschoben, wo er warten sollte. Bruno überlegte, welche Form der Entschuldigung er von seiner Frau verlangen sollte. Sie hatte ihn verletzt und lächerlich gemacht. Seine Knöchel pochten, sein Kopf schmerzte.
Ihre Schreie – mit ihm war sie nie so laut gewesen.
Bruno malte sich aus, dass die
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