Ausgezählt
ruf dich an, wenn ich was finde.«
»Warte …«
Bruno legte auf, suchte sein Handy, fand es an der Strippe des Ladegeräts und steckte es ein. Zwei Stufen auf einmal nehmend rannte er die Treppe hinunter.
Er jagte seinen Saab in den Düsseldorfer Norden. Ein Stau hielt ihn auf, in Messenähe ging es nur mühsam voran.
Um zehn nach acht erreichte er Lohausen, Nagelsweg 39. Sein Herz schlug schneller, als er das Haus wieder sah und das rot-weiße Flatterband rund um das Grundstück. Zwei Magnoliensträucher mit dicken Knospen vor dem Haus, weiter hinten Gestrüpp, das erstes Grün zeigte.
Mülltonnen klapperten, ein orangefarbener Laster spuckte Rußwolken. Bruno schnappte eine Unterhaltung auf. Früher redeten Müllmänner türkisch, dachte er. Jetzt interessierten sich offenbar wieder Deutsche für den Job. Als die Orangekittel auf ihren Transporter sprangen und weiterfuhren, verließ Bruno sein Auto und stieg über das Absperrband.
Die Sonne drang kaum durch die Wolken, geschweige denn zwischen die Büsche entlang der Außenmauer. Bruno knipste seine Mag-Lite an und bemühte sich, Spuren zu entdecken, bevor er sie zertrampelte. Große Chancen hatte er nicht. Die Regenmengen der Nacht hatten den Grasboden aufgeweicht, selbst in den Beeten würden Spuren zur Unkenntlichkeit verwaschen sein – falls es welche gegeben hatte.
»Wegmann!«
Es war Becker, der das Grundstück betrat.
»Bleib stehen!«, rief Bruno. »Du machst den Tatort kaputt!«
Der Blondschopf stapfte näher. »Vergiss es. Ich hab mich geirrt. Die Kriminaltechniker waren auch im Garten. Scheinwerfer, Generatoren, der ganze Zirkus. Sie haben jeden Winkel abgesucht. Überall.«
»Bist du rausgefahren, um mir das zu sagen?«
»Nein. Ela will mit dir reden. Du sollst mitkommen.«
»Weißt du, wie das klingt?« Bruno leuchtete den Boden ab. Keine Vertiefungen im Gras, keinerlei Trittspuren in den Beeten. Keine abgeknickten Zweige. Der Täter war doch nicht durch das Fenster abgehauen. »Die freie Stelle bei euch. Meinst du, ich hab noch eine Chance?«
»Das fragst du den Falschen«, antwortete der Blondschopf.
Plötzlich blinkte etwas im Strahl der Lampe. Bruno ging auf die Knie und kroch unter den Strauch. Da war es wieder.
Etwas Metallisches reflektierte das Licht. Bruno wühlte sich hinein. Dornen rissen ihm die Hände auf. Zweige peitschten gegen seine Stirn. Bruno erkannte, was es war. Sein Magen krampfte sich zusammen.
»Hast du einen Spurenbeutel da?«, rief er dem Blondschopf zu.
Becker rannte zu seinem Dienstwagen. Bruno schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Atmung. Der Mordermittler kehrte mit einem Koffer zurück und reichte eine Tüte weiter.
Bruno zog sie über die Hand und packte den Fund. Dann stülpte er den transparenten Beutel darüber. Er kroch zurück und klopfte sich den Dreck von der Hose.
»Deine Chefin wird sich freuen.«
»Mein Gott, hat er damit … Ich meine …«
Der Beutel umhüllte eine Gartenschere, wie man sie zum Stutzen von Rosen verwendete. Schwarzer Plastikgriff, Feder, Sicherungshebel. Zwei kräftige Klingen, rund sieben Zentimeter lang, deren Form ihn an die aufgerissenen Schnäbel der Dämonen in Heinz Klees Katalogen erinnerte.
24.
»Was ist mit dieser Steinfigur?«, fragte Ela Bach. Neben ihr saßen Blondschopf Becker und ein KK-11-Kollege namens Fischer mit schmalen Lippen und schiefer Nase. Auf dem Tisch lag ein Aufnahmegerät, die Spulen knirschten leise.
Der Einbruch bei Wachtendonk, fuhr es Bruno durch den Kopf. Die Mordermittler haben von der Statue erfahren und sich einen Reim darauf gemacht.
Sein Magen brannte. Er deutete in Richtung Spiegel. »Guckt der Staatsanwalt zu?«
Bach klopfte mit dem Radiergummiende ihres Bleistifts auf die Unterlagen. »Es wird Zeit, dass du damit rausrückst, was du bei den Klees wolltest.«
Brunos Stuhl war hart und unbequem. »Im Herbst 89 flogen Fred und ich nach Bangkok, um einem gewissen Thorsten Silberkuhl Geld und Aufträge zu überbringen. Silberkuhl arbeitete dort für Heinz Klee als Einkäufer und konnte wegen eines Unfalls nicht nach Düsseldorf reisen. Es ging um asiatische Antiquitäten. Da Silberkuhl schwerer verletzt war als vermutet, flogen wir an seiner Stelle nach Kambodscha, um eine Statue einzukaufen.«
»Du warst in Angkor?«
»Ja.«
»Ich hab im Fernsehen einen Bericht darüber gesehen. Die Schmuggler bestechen die kambodschanische Polizei, die das Gelände bewachen soll.«
»Zu der Zeit gab es keine Polizei. Es war
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