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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Jungs! Hallo, Champion!«
    Lara sah gut aus. Nicht mehr so dürr, weniger streng. Sie trug das Haar offen. Die Witwe schenkte Bruno einen kurzen Blick. Farbe auf ihren Lippen – der Kirschmund kam zur Geltung. Dann wandte sie sich wieder der Mattscheibe zu.
    Der Grauschopf gab seiner Frau einen Kuss. Cosima schlang ein Bein um ihn. Pommer rief herüber: »Geht schon mal voraus!«
     
    Seberich öffnete eine Stahltür und ließ einen Lichtschalter klacken. »Vorsicht, stoß dir nicht den Kopf!«
    Das Kellerkabuff erinnerte Bruno an den Aufenthaltsraum der Kriminalwache: ausrangierte Sessel, die nicht zusammenpassten, ein Teppichboden aus verschiedenen Stücken. An einer Wand eine Alpenlandschaft, an den anderen Popstar-Poster: Madonna, Robbie Williams, die Mannschaft des FC Bayern. Die niedrige Decke war mit Eierkartons verkleidet.
    Das Walross inspizierte den Kühlschrank und packte aus: Bier und Wodka.
    Bruno fläzte sich auf einen Sack aus orangefarbenem Kunstleder.
    Die Tür schwang auf. Pommer schleppte eine Kiste Pils herein. »Ich hoffe, du störst dich nicht am Ambiente, Bruno.«
    »Kommen die Mädels nach?«, fragte Seberich.
    »Die Lockenschwuchtel hat Ramazotti zu Gast. Dagegen können wir nicht anstinken.«
    Der Öffner machte die Runde. Das Bier war kalt und schmeckte. Der Grauschopf kramte in einem Stapel Langspielplatten. Echtes, altes Vinyl in Papphüllen. Er reichte Bruno ein Cover rüber.
    »Kennst du das?«
    Deep Purple in Rock. Alte Zeiten: Sein Vater hatte die Scheibe besessen. Bruno starrte auf die Köpfe der Hardrocker – als steinerne Monumente. Die Vishnustatue fiel ihm ein.
    Gleich darauf fegten dröhnende Gitarrenriffs das Bild aus seinem Kopf.
    Pommer drehte die Lautstärke etwas zurück. »Cosima mag diese Musik nicht. Ich darf sie nur hier unten hören.« Er grinste, als hätte er im Dutzend Glückspillen geschluckt.
    Speed King begleitete Seberich auf der Luftgitarre. Das Walross stieß sich den Kopf und dellte Eierkartons ein. Child in Time sangen sie zu dritt mit – Bruno musste nach wenigen Zeilen passen. Die Kollegen krähten den Refrain. Ein Altrocker mit Pferdeschwanz und ein Koloss mit Hosenträgern im Stars-and-Stripes- Design. Sie stießen auf alte Zeiten an.
    Freunde – die einzigen, die Bruno zurzeit hatte.
    Er dachte an Lara und fragte sich, ob Pommers Schwester ihn noch verachtete.
    Nach dem ersten Wodka spürte Bruno Lust auf den nächsten. Max ermunterte ihn. Bruno tat sich keinen Zwang an.
    Die Männer zogen über die Festung her. Bruno erklärte den Begriff des Zitronenfalters. Sie lachten und tranken. Bruno tat kund, dass ihm Benedikt Engel nicht geheuer war.
    Max wusste mehr über den Kriminalrat: Der Lange produziere jeden Tag ein neues Strategiepapier – Bürgernähe, Transparenz, gequirlter Dünnschiss. Am liebsten würde Engel sogar den Inneren Dienst wieder einrichten. Der Kripochef gehe bereits auf Distanz zu ihm.
    Engel nerve. Engel stehe auf der Abschussliste.
    Büromarionette, spottete Richie. Parfümierter Kleiderständer, höhnte Max. Druck Versace auf sein T-Shirt und du machst ihn glücklich. Druck Schwuchtel drauf und du triffst ins Schwarze.
    Bruno musste seine Blase entleeren. Er stemmte sich aus den Tiefen des Sitzmöbels hoch. Sein Scheitel schrammte Eierkartons. Er benötigte einen Ausfallschritt, um gerade zu stehen. Der Wodka setzte ihm zu.
    »Da geht’s in die Waschküche«, korrigierte ihn der Gastgeber. »Andere Tür und zurück, wie du gekommen bist. Eins höher und rechts neben dem Hauseingang.«
    Im Wohnzimmer war das Licht aus – die Show war vorbei. Die Frauen waren schlafen gegangen oder fort. Bruno bemühte sich, leise zu sein.
    Als er zurückkam, lief die Woodstockplatte. Joe Cocker, der die Beatles coverte, besoffen und brillant – auch diese Scheibe hatte sein Vater oft gespielt.
    Richie und Max schenkten sich nicht mehr nach. Bruno beschloss, dass ihm noch ein Schluck aus der Pulle nicht schaden würde.
    Irgendwann verzog sich Seberich. Pommer begleitete ihn, um ein Taxi zu rufen.
    Bruno drehte die Platte um. Er bugsierte die Nadel in die Rille. Die Scheibe knisterte vor Staub und Kratzern.
    Drogenkopf Hendrix sang: Scuse me while I kiss the sky.
    Bruno dachte an Fred und an Heroin, das aus Kambodscha stammte.
    Er musste wieder pinkeln. Er stemmte sich hoch und schwankte. Die Tür war abgeschlossen.
    »Was willst du schon wieder in der Waschküche?«, fragte Pommer. Er stand im Ausgang zur Treppe und hatte eine Decke und

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