Ausgezählt
V-Mann-Führers: Max Pommer, der Dienststellenleiter höchstpersönlich.
Bruno surfte durch die Fälle des KK 33. Er fand den Aktenvorgang zur Razzia in der Bude über dem Palumbo. Der 17. Mai des letzten Jahres – kein Lauffer auf der Liste der Festgenommenen.
Klarer Fall: Der Junge hatte den Glücksspielermittlern den Hinweis auf den Zockertreff gegeben. Pommer hatte Tobias Lauffer zum Schein an die Heizung fesseln lassen, damit die anderen Zocker nicht ahnten, auf welcher Seite das Narbengesicht stand.
Bruno suchte weiter und fand noch mehr heraus. Lauffer senior und seine Frau waren nicht die leiblichen Eltern des Jungen. Das Klamottenwäscherpaar hatte Tobias adoptiert. Das Kinderheim St. Antonius war des Ärgers mit dem Knaben überdrüssig gewesen. Die Ordensschwestern waren der Meinung, er brauche die starke Hand eines Vaters. Bruno wunderte sich, dass sie für das schwierige Kind überhaupt Pflegeeltern gefunden hatten.
Die wirkliche Mutter: Maria Buchmüller, geboren am 6. April 1960. Ihre Berufsangabe lautete Fremdsprachenkorrespondentin. Den leiblichen Vater von Tobias hatte sie verheimlicht. Eine allein erziehende Mutter, die auf Unterhalt verzichtete und sich und ihr Kind als Teilzeittippse über Wasser gehalten hatte.
In der Datei des Einwohnermeldeamts fand Bruno nur eine knappe Eintragung: Maria Buchmüller war am 27. Februar 1991 bei einem Verkehrsunfall gestorben. Sie hatte ihren einunddreißigsten Geburtstag nicht mehr erlebt. Tobias war zum Zeitpunkt ihres Todes neun Jahre alt gewesen – so alt wie Bruno, als sein Vater die Familie verließ.
Der Unfall. Das Datum.
Ein Schuss ins Blaue – Bruno versuchte sich zu erinnern, auf welche Weise er am Freitag die alten Unterlagen des Inneren Dienstes aufgestöbert hatte.
Verbotene Pfade, jeder Schritt tabu.
Name: P-o-m-e-r
Vorname : M-a-x
Die Erkenntnisse der internen Schnüffler. Die letzten Eintragungen über Grauschopf Max, bevor Thanns Dienststelle aufgelöst worden war. Anschwärzungsversuche und uralte Geschichten.
Hier: der Unfall mit Todesfolge. Das gleiche Datum. Bruno sah sich den Vermerk genauer an.
Max kutschiert seinen Minister gegen drei Uhr morgens durch das Bergische Land. Nur Lemke und sein Leibwächter. Eine Nebenstraße, gottverlassen. Mitten im Wald entdecken sie ein demoliertes Auto im Graben. Pommer verständigt den Notarzt und die Kollegen. Die Fahrerin des Unfallwagens verblutet. Ihr neunjähriger Sohn überlebt schwer verletzt.
Die Polizei analysiert Bremsspuren. Das Ergebnis: Jemand war Maria Buchmüllers Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit entgegengekommen und hatte die Frau von der Straße gedrängt. Das Schwein hatte Unfallflucht begangen. Wären Max und der Minister nur wenige Minuten eher eingetroffen, hätte die Mutter wahrscheinlich überlebt.
Die Eintragung endete mit der Feststellung, dass der Unfallverursacher nie gefunden worden war.
Bruno wechselte die Datei. Er surfte durch die Unterlagen der Straßenverkehrsbehörde und holte das Geburtsdatum des Ministers auf den Schirm.
Der 26. Februar 1949.
Treffer: Am Vorabend des Unglücks hatte Lemke seinen Zweiundvierzigsten gefeiert. Bruno trug das Erinnerungsfoto in seiner Tasche.
Widersprüche und Übereinstimmungen.
Waisenkind Tobias, Unfallzeuge und Helfer: Max. Eine Verbindung, die der Zufall in einer Winternacht hergestellt hatte und die bis heute hielt.
Pommer hatte dem Jungen das Leben gerettet. Lauffer hatte dem KK 33 als Informant gedient und die Glücksspielbude über dem Palumbo verraten, wo der Spitzel noch immer ein und aus ging. Und wenn man dort anrief, meldete sich Max.
Kriminalrat Engel erwartete, dass Bruno mit Erkenntnissen über Pommer zu ihm kam. Die Krawattenschwuchtel verlangte, dass er Belastungsmaterial beibrachte. Engel hatte von weiteren Neuigkeiten gesprochen.
Bruno entschied sich, kein Verräter zu sein.
In der Nacht wachte er auf. Hubschrauber hatten ihn gejagt. Achtarmige Steingötzen waren auf ihn gestürzt. Ein Kerl mit Sonnenbrille hatte ihn mit Schüssen verfolgt.
Bruno schlurfte durch die Wohnung. Er fand eine Tube Mobilat-Gel und verrieb eine Hand voll auf Brust und Oberarmen gegen den Muskelkater. Ein Schluck Leitungswasser gegen den Durst.
Er kroch unter die Decke zurück. Er lauschte dem Rauschen der Autos auf der Luegallee und sehnte sich nach Schlaf und nach seiner Frau, die er verfluchte.
41.
Ein ausgedehnter Lauf mit nüchternem Magen. Fünfzig Minuten mit kurzen Sprints zwischendurch. Er
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