Ausradiert - Nicht ohne meine Tochter: Thriller
Schlaf gefunden in der letzten Nacht. Ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrem Vater plagte sie. Dadurch, dass sie ihr eigenes Handy nicht an die Steckdose hängen konnte, weiß der Teufel, wo sie das gelassen hatte, konnte sie auch nicht checken, ob ihr Vater ihr eine SMS geschrieben oder versucht hatte, sie anzurufen. Hier draußen war sie aber auch so was von der Welt abgeschnitten. Ohne Facebook, ohne Festnetztelefon, ohne Handy, sie fühlte sich wie in der Steinzeit.
Weil sie doch nicht richtig schlafen konnte, hatte sie sich mit einer bunt gemusterten, aber mollig warmen Wolldecke an den Holztisch vor die Hütte gesetzt. Es durften kaum mehr als zwölf Grad Celcius sein, ziemlich frisch für einen Juli, aber das war eben Kanada und nicht Kalifornien. Es dämmerte bereits, die Vögel zwitscherten, und ab und zu war ein heulender Kojote zu hören.
Als dann endlich genug Tageslicht das Schreiben erlaubte, öffnete Jana ihr Tagebuch. Sie kritzelte sich ihre schwermütigen Gedanken von der Seele. Lag es an ihrem Teenageralter, dass sie sich über ihre Gefühle gegenüber Gary nicht mehr sicher war, oder hatte er sich einfach verändert?
Erschrocken fuhr sie zusammen. Gary stand hinter ihr. Sie hatte ihn gar nicht kommen hören.
» Hast du mich jetzt erschreckt. Ich habe dich gar nicht gehört. «
» Was schreibst du denn da? «
» Mein Tagebuch. «
» Darf ich es lesen? «
Jana stockte der Atem, sie schlang die Decke fester um ihren Körper. Eigentlich hätte sie es ihm schon geben können, er verstand nicht viel Deutsch, aber mit den Namen drin, konnte man sich schon einiges zusammenreimen, auch Falsches.
» Nein, lieber nicht « , sagte sie schließlich schweren Herzens, weil sie Angst vor seiner Reaktion hatte.
» Warum nicht? Ich meine, ich verstehe doch eh nicht viel Deutsch, aber du könntest es mir doch übersetzen, oder vertraust du mir nicht? «
» Doch schon, aber das Tagebuch ist geheim. Das habe ich noch nie jemandem zum Lesen gegeben. «
» Du hast doch auch noch nie jemanden so geliebt wie mich, dachte ich? «
» Ich will es nicht und damit Schluss « , entgegnete sie unwirsch, klappte es zu und schloss es ab.
» Und ich dachte, Vertrauen wäre das Wichtigste, aber wenn du meinst… «
Jana holte tief Atem und wollte richtig loslegen mit: » Jetzt hör mal zu… « , sie sprach es allerdings gar nicht mehr aus, denn da hatte Gary sich schon umgedreht und war in der Hütte verschwunden.
» Ich setze dann mal einen Kaffee auf « , hörte sie ihn von innen brummeln.
Danach frühstückten sie wortlos: Kanadisches Weißbrot, Butter und Konfitüre, dazu der verführerisch duftende Kaffee. Jana versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Wahrscheinlich bewertete sie sein Verhalten einfach über. Er kümmerte sich intensiv um sie, obwohl sie seine Fürsorge und das ständige Nachfragen für übertrieben hielt. Schließlich war sie keine zwölf mehr.
» Was unternehmen wir denn heute? Also, ich meine, fahren wir heute wieder weg? « , fragte sie nach dem Frühstück, während er mit dem Abwasch beschäftigt war.
» Was möchtest du denn gern machen? «
» Also, so langsam finde ich es hier ein wenig langweilig… « Gary schmiss das Handtuch, mit dem er die Teller gerade abtrocknete, missmutig in die Ecke.
» Was soll das denn jetzt schon wieder? « , raunzte er sie an. » Andere Frauen wären froh, wenn sich ein Junge so um sie bemühen würde. Ich trage dich auf Händen, gebe dir alles, was du brauchst. Wale waren nicht genug, die junge Dame wollte Delphine, bitte, du bekamst Delphine. Du wolltest in die Stadt. Ich besorgte die Karten und die waren nicht einfach zu bekommen. Kaum sind wir wieder hier, willst du schon wieder weg. Findest du dein Verhalten richtig? «
» Ähm… « , sagte sie leise und stand vom Tisch auf, » …aber könnten wir nicht einfach wieder zurück segeln? In Belfair ist es doch auch schön. « Gary ging zwei Schritte auf sie zu und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. Vor lauter Schock schrie sie noch nicht einmal. So etwas hatte er noch nie getan. Er rannte raus, schlug die Tür hinter sich zu. Nach einigen Schrecksekunden riss sie die Tür auf und schrie:
» Sag mal, hast du `n Knall? « Jana sah nur noch, wie die Tür des Jeeps zugeschlagen wurde, und er mit Vollgas davon fuhr, sodass Kieselsteine von den durchdrehenden Reifen nach hinten geschleudert wurden.
» Das fasse ich doch jetzt nicht. « Nachdem er außer Sichtweite war, fing sie bitterlich an zu
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