Ausradiert: Thriller (German Edition)
Führung?«, fragte der alte Mann. »Kostet zehn Dollar, aber sie ist es wert. Wir haben ein paar alte Huren und Goldgräber da unten und außerdem den echten Lakota Sioux, der am Little Bighorn einen Pfeil durch Custer gejagt hat. Direkt durch den Kopf, wird behauptet.« Der alte Mann produzierte ein explosionsartiges kleines Geräusch, das realistisch schien. »Glatt durch.« Die Tatsache, so es denn eine war, entzückte ihn.
Teil III
Retardspicknick
25
Z wei Fälle, die sich überschnitten. Was implizierte das? Zunächst, dass nichts zufällig war, alles war durch Bedeutung miteinander verknüpft. Deshalb war der Diebstahl des Fotos der Desert-High-Footballmannschaft von 1950 von Bedeutung. Und ebenfalls die Tatsache, dass das Duplikat, das an der Ruhmeswand in der Schule selbst gehangen hatte, verschwunden war. Nick wollte diese Fotografie, er hatte von Beginn an gespürt, dass sie wichtig war. Und der Vogel, der direkt aus dem Rahmen flog – auch damit hatte er recht gehabt, alle Goldjungen zerfielen zu Staub.
Existierten weitere Kopien? Und wenn ja, wo? Nick, der sich auf dem Friedhofsparkplatz auf der Rückbank seines Wagens ausruhte – nicht, dass er müde war, er nahm nur die Gelegenheit wahr, in Ruhe nachzudenken –, versuchte sich Orte einfallen zu lassen, an denen es weitere Kopien geben konnte. Keine Idee, nicht eine einzige. Aber er hätte welche haben müssen: Er hatte das Gefühl, dass dieses Problem nicht besonders schwierig war.
Denk nach. Nichts. Nick schlug sich frustriert an den Kopf. Der Schmerz stellte sich umgehend ein, aber nicht schlimm; nur ein dumpfer centgroßer Druck hinter seiner linken Stirnhälfte, kaum spürbar. Trotzdem wünschte er, er wäre in der Nähe seiner Scheibe.
Er stieg aus, ging rund um den Wagen, setzte sich hinters Steuer. Guter Zeitpunkt, denn ein Straßenkreuzer bog auf den Parkplatz ein. Er parkte neben ihm, und Sergeant Gallego stieg aus.
»Ich hatte gehofft, dass Sie kommen würden«, sagte er. »Haben Sie das Mädchen schon gefunden?«
»Nein«, sagte Nick. »Was gibt’s?«
»Irgendeine Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Motorrad fährt?«
»Ein bisschen zu jung dafür«, meinte Nick. »Warum?«
»Wir haben eine Aussage, dass in der Nacht des Brandes ein Motorrad vor Rummels Trailer parkte. Oder vielleicht auch nur langsam daran vorbeifuhr.«
»Wer ist Ihr Informant?«
»Ein französisches Anhalterpärchen. Ihr Englisch ist ein bisschen seltsam.«
»Anhalter bei Nacht?«
»Europäer sind begeistert von der Wüste, zumindest theoretisch«, erwiderte Sergeant Gallego. »Sie haben sich irgendwo westlich des Coyote Lake verirrt – ihnen war nicht klar, dass er ausgetrocknet ist – und haben sich an dem Lichtschimmer der Stadt orientiert. Aber wirklich wichtig ist, dass der Brandexperte bei Tageslicht noch einmal zurückgefahren ist und eine umgeworfene Petroleumlampe auf dem Fußboden in George Rummels Hinterzimmer gefunden hat.«
»Mit Absicht umgeworfen?«
»Kann ich nicht sagen. Aber der Strom funktionierte, warum dann eine Petroleumlampe benutzen? Deshalb interessiere ich mich für dieses Motorrad.«
»Ich habe keins gesehen«, sagte Nick. »Nicht –« Er verstummte.
»Was?«
Jene nächtliche Fahrt über den ungepflasterten Abschnitt des Calico Way: Erst verdunkelte sich der Himmel von Purpurrot zu Schwarz, dann die reinweiße Mondsichel mit den scharfen Spitzen, und zuletzt ein Scheinwerfer, der ihm mit hoher Geschwindigkeit entgegenkam. Ein einzelner Scheinwerfer. Er änderte seine Geschichte. »Auf dem Weg kam mir ein Motorrad entgegen.«
»Konnten Sie den Fahrer erkennen?«
»Männlich«, sagte Nick. »Blonde Haare.«
»Das ist alles?«
Eine dürftige Beschreibung für einen Profi: Er hörte die Enttäuschung in Gallegos Stimme. In Erinnerung an das Dröhnen des Motorrads fügte Nick hinzu: »Er fuhr ziemlich schnell.«
Gemeint als fadenscheinige Entschuldigung für sein Versagen als geübter Beobachter, aber Gallego fasste es anders auf: »Wie jemand auf der Flucht?«, fragte er. »Das Mädchen, nach dem Sie suchen – in welcher Verbindung steht sie zu Rummel?«
»Sie ist seine Enkelin«, sagte Nick, obwohl er, während er sprach, wusste, dass es vielleicht nicht die Wahrheit war, zumindest biologisch: Amandas leibliche Mutter war ermordet worden. Und in dem Grab oben auf dem Hügel lag Lara Deems. War es ungewöhnlich für eine Schwester, ihre verwaiste Nichte aufzuziehen? Nein. Vielleicht war Amanda doch Georges
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