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Außer Atem - Panic Snap

Außer Atem - Panic Snap

Titel: Außer Atem - Panic Snap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Reese
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träume – von Vergeltung. Abwesend pflücke ich ein Weinblatt ab und spiele damit herum. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Deshalb rede ich einfach drauf los, erzähle ihr, dass ich nur einfache Träume habe, dass ich Byblos mag und ihre Mutter und dass es mir Freude macht, für ihre Familie zu kochen.
    Doch sie hört mir nicht richtig zu. Sie kniet jetzt am Boden und macht sich an der Bewässerungsanlage zu schaffen, deren schwarze Plastikschläuche von Pfosten zu Pfosten verlegt worden sind.
    Als ich innehalte, wirft sie ein: »Lassen Sie sich doch von mir helfen«, und wischt damit alles fort, was ich gerade gesagt habe. Ihr T-Shirt spannt über den Schultern und dem Rücken und lässt die schmalen Träger eines Büstenhalters erkennen. Ihre Hände, ein bisschen zerkratzt, rau und von der Sonne gegerbt, zerren an einem schwarzen Schlauch. Als sie fertig ist, richtet sie sich auf, wischt sich die Hände an den Jeans ab.
    »Warum wollen Sie mir helfen?«, frage ich.
    »Weil ich Sie mag. Außerdem könnten Sie eine gute Investition sein.« Sie geht weiter und ruft mir zu: »Schauen Sie unter den Fahrersitz in meinem Wagen.«
    Ich sehe ihr nach. Trotz aller Freundlichkeit ist sie mir seit unserer ersten Begegnung noch immer ein Rätsel. Etwas ist mir an ihr aufgefallen: Sie hat keine Freunde. Keine Männerbekanntschaften, keine engen Freundschaften. Wenn sie nicht in der Weinkellerei ist oder in den Weingärten arbeitet, dann sitzt sie allein in ihrem Haus und schreibt Gedichte, wie Mrs. McGuane mir erzählt hat.
    Ich kehre zum Wagen zurück. Der Boden ist trocken und staubig, stachelige Pflanzen wachsen darauf. Meine Füße in den Sandalen sind schmutzig, und ein kleiner Kieselstein hat sich zwischen meine Zehen geschoben. Beim Wagen angelangt, öffne ich die Tür und schiebe die Hand unter den Sitz. Ich finde einen blauen Bankbeutel mit Reißverschluss. Ein Notizzettel klebt auf der Vorderseite:
Sie sollten sich selbstständig machen.
Ich öffne den Beutel. Er enthält Geld, viel Geld. Hundertdollarscheine sind mit Papierbanderolen zu Päckchen zusammengefasst, auf denen jeweils 10 000 steht. Es sind fünf Päckchen. Fünfzigtausend Dollar. Ich habe noch nie so viel Geld auf einmal gesehen. Es ist kein Vermögen, aber ausreichend, um ein eigenes Restaurant anzuzahlen. Genügend Geld, um für mich selbst, statt für andere arbeiten zu können – der Traum eines jeden Koches. Solch eine Gelegenheit werde ich nie wieder bekommen.
    Als ich aufschaue, sehe ich, dass Gina weit hinten am Ende der Rebstockreihe angekommen ist. Ich sehe hinüber zu mit immergrünen Eichen bewachsenen Hügeln, hinter denen versteckt das Haupthaus der McGuanes steht. Der Himmel ist strahlend blau und wolkenlos und glänzt, als wäre er poliert worden. Unten an der Straße ist ein Weingarten umgepflügt worden, und in der warmen Luft liegt der lehmige Geruch frisch aufgeworfener Erde. Die Stille wird nur gelegentlich vom Singen eines Vogels oder dem Surren eines Insekts unterbrochen. Kein Lufthauch regt sich. Und doch fühle ich, dass die oberflächliche Heiterkeit von Byblos nicht ewig bestehen bleiben wird: Irgendwann, vielleicht schon bald, wird hier etwas Schreckliches geschehen. Warum sonst will Gina mir fünfzigtausend Dollar geben?
    Ich schaue wieder auf das Geld hinab. Ein kaum zu unterdrückendes sehnsüchtiges Verlangen befällt mich. Wie gern würde ich das Geld nehmen. Voller Bedauern verschließe ich den Beutel und lasse ihn auf dem Sitz liegen. Dann wende ich mich ab und verlasse den Weingarten zu Fuß. Ich weiß, dass es vernünftig wäre, das Geld zu nehmen und das Napa Valley zu verlassen, doch das kann ich nicht. Erst muss ich alles herausfinden über das junge Mädchen, das man halb verscharrt auf einem brachen Feld liegen gelassen hat. Für alle anderen ist das Mädchen tot. Für alle anderen ist es vergessen. Nur mir liegt es am Herzen. Das junge Mädchen existiert nicht mehr, und doch hält es mich fest, hält mich hier bei den McGuanes, als würde es aus dem Grab nach mir greifen. Ich kann noch nicht gehen. Wir haben noch etwas zu erledigen, das Mädchen und ich: Wunden heilen und eine Rechnung begleichen.
Das
ist mein Traum.

13
    »Hast du Gina von uns erzählt?«, frage ich. Ich gehe zur schwarzen Ledercouch hinüber und setze mich.
    »Nein«, sagt er und schüttelt den Kopf. Er arbeitet heute Nachmittag zu Hause, gibt Daten in seinen Computer ein. »Allerdings müssen Gina und ich uns nicht immer mit Worten

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