Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
Vom Netzwerk:
den Hosentaschen, die ziegelroten Arkaden entlang. Die
     Pergola machte einen ungepflegten Eindruck. Stellenweise ausgetrocknet,
     steif und bleich, hingen die Äste herab, doch paßte das zum
     morbiden Charakter des kleinen Parks. Pfeifer nahm auf einer Bank Platz,
     auf der bereits ein hagerer, etwas älterer Mann saß, den Kopf
     zwischen zwei Seiten der Schweinezeitung verborgen.
    »Tag, Chef.«
    »Gibts was Neues?«
    »Wenig. Die Rauch hat
     angeblich aufgehört und ihrem Chef alles gebeichtet. Ich hab den
     Kontakt zu ihr daraufhin abgebrochen. Sie ist sauber. In doppelter
     Hinsicht. Kleine Konsumentin, ausschließlich zu privaten Zwecken. Im
     übrigen ein sehr fleißiges Bienchen. Karrierebewußt.«
    Der ältere Mann tat, als
     ob er lesen würde. »Rauchs Chef, das ist dieser Nabel, nicht?«
    »Ja. Seit sie
     gebeichtet hat, nervt der mich. Er hat Instinkt. Fragte mich einfach so,
     mitten zwischen die Augen, ob ich verdeckt für die Drogenfahndung
     arbeite.«
    »Naja«, meinte
     der ältere Mann, »du hast sein bestes Pferd im Stall mit Koks
     versorgt. Da würde ich dich auch ein bißchen nerven. Bei mir
     war er auch.«
    »Mir macht diese
     Aufgabe keinen Spaß mehr, Chef. Ich will zurück.«
    »Spaß hat nun mal
     keine Priorität in unserem Beruf.« König pulte eine
     Packung Zigaretten aus der Jackentasche und bot Pfeifer eine an. Der fühlte
     sich gedrängt, die Zigarette zu akzeptieren, obwohl er das Rauchen
     vor Wochen aufgegeben hatte. König ließ sich selten zu einer
     solch vertraulichen Geste herab.
    Pfeifer, verdeckter Ermittler
     in der relativ originellen Tarnung als korrupter Streifenpolizist, hatte
     unter anderem die Aufgabe, in Kriminalerkreisen ein wenig Stoff anzubieten
     und festzustellen, wer seinen Lockungen erlag. Er sollte schwarze Schafe
     und mögliche Schwachstellen aufspüren. Pfeifer war im persönlichen
     Auftrag Königs unterwegs, und außer König wußten nur
     Kriminaloberrat Ludwig und der Innensenator von Pfeifers wahrer Kompetenz.
    Was er an Dreck aufstöberte,
     wurde in der Geheimschublade von Königs Schreibtisch gesammelt und
     nur in gravierenden Ausnahmefällen benutzt. Kleine Sünder wie
     Lidia Rauch interessierten König nicht. Er war Verteilerringen auf
     der Spur.
    Um an die Quellen zu kommen,
     hatte er manches Tabu durchbrochen, z. B. die Verhaftung des bekannten
     Serienschauspielers im letzten Jahr, die im nachhinein auch ihm selbst maßlos
     überzogen schien und keineswegs die erhofften Erkenntnisse gebracht
     hatte. Künstler ließ König im allgemeinen in Ruhe. Künstlern
     gegenüber empfand er eine Art natürlichen Respekt – die
     sollten mit ihren Körpern machen, was sie für richtig hielten.
     In dieser Hinsicht konnte man König eine fast romantische Ader
     attestieren.
    »Sag mal, David
     …«
    »Ja?«
    »Kennst du eine gewisse
     Gräfin von Schönfels?«
    Pfeifer dachte angestrengt
     nach. »Nee. Warum?«
    »Fiel mir auf. Die ist
     mit Tschutschelow verheiratet.
    Den kennst du bestimmt.«
    »Hab ich schon mal gehört.
     Der fällt doch nicht in unser Ressort?«
    »Genaugenommen nicht,
     nein. Eigentlich Sache der Kollegen von der Sitte. Der Drecksack hat
     bisher nie was mit Drogen zu tun haben wollen, schlau wie er ist. Aber
     –«
    »Aber?« Pfeifer
     lauschte seinem Chef mit verschränkten Armen, spürte das Zittern
     der eigenen Hände auf seinem Brustkorb.
    »Naja. Weiß nicht
     recht. Getratsche. David, was denkst du? Könntest du bei soner Gräfin
     mal unverbindlich anklopfen?«
    »Ausgerechnet ich? Bei
     so einer? Anklopfen? Wie denn bloß, mit meiner Legende? Kann ich
     mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen. Käme sicher nicht gut an.«
    »Ja? Wieso?«
    »Es ist doch was
     anderes, ob man in den eigenen Reihen mit jemandem ins Gespräch
     kommt, mit jemandem von der Straße, oder mit ner Gräfin, die
     noch dazu mit Tschutschelow verheiratet ist. Da fehlt der gemeinsame
     Nenner, da fehlt jede gemeinsame Schnittmenge.« Er schien über
     den Vorschlag nahezu empört.
    König seufzte und
     nickte, bat Pfeifer jedoch darum, die Ohren offen zu halten. Irgend etwas
     sei mit dieser Gräfin nicht koscher. Pfeifer versprach es. Beinahe hätte
     er sich danach erkundigt, woher König seine Verdachtsmomente bezog,
     aber er fand, es sei vorläufig besser, erstmal gar nichts zu fragen
     oder auch nur zu äußern. Daß König außer ihm
     selbst offenbar über noch andere Informanten verfügte,
     schockierte Pfeifer jedesmal von

Weitere Kostenlose Bücher