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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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rann.
    »Gibt Trubel, Chef, ein
     Touri ist krepiert, im Burger King Ecke Rollbergstraße. Die Filiale
     ist zu, möchte aber nicht lange zubleiben, die Geschäftsführer
     sind außer sich, Business soll weitergehen, der finanzielle Verlust
     tangiert die mehr als der Tote. Problem: Der Touri ist an
     Lebensmittelvergiftung gestorben.«
    »Du holst mich wegen
     ner Lebensmittelvergiftung?«
    »Nicht wegen
     irgendeiner, weißte. Ich dachte, das gefällt dir bestimmt,
     Chef. Wir haben abgesperrt. Und was gefunden, Chef. Das wirste nicht
     glauben.«
    Nabel inspizierte den Tatort.
     In dieser Filiale am Rande Neuköllns hatte er selbst öfters
     gegessen, er nahm die Angelegenheit deswegen ein wenig persönlicher
     als üblich. Lidia hatte die Sache in die Hand genommen, die
     Absperrungen veranlaßt, die Geschäftsführer in Schach
     gehalten, die Spurensicherung verständigt undsoweiter. Sie hatte das
     alles prima im Griff, und Nabel winkte ihr kurz zu, mit einem dankbaren
     Grinsen. Auf dem Boden, unweit der Kundentoilette, lag der Tote, ein
     gewaltiges Fleischpaket mit weit aufgerissenem Mund und einer gelbgrünen
     brockigen Pfütze drumrum.
    Ahmed zog Handschuhe an, hob
     den Halbliter-Cola-Becher hoch und zeigte ihn Nabel.
    »Was ist das?«
    »Eine Botschaft.«
    »Willst du mich
     verarschen?«
    »Nein, im Ernst, Chef.
     Ne Botschaft.«
    Auf dem Boden des Bechers
     klebte ein weißes Schildchen, wie es verwendet wird, um Briefumschläge
     zu adressieren, darauf stand, von Hand und mit lila Tinte geschrieben:
    »Zu fett für Gott,
     das Schwein. Aussortiert. Basta.«    
    »Oje«, flüsterte
     Nabel und runzelte die Stirn. »Oje.«
    Schmunzelnd und für
     seine Verhältnisse euphorisch registrierte er, daß die
     Botschaft tatsächlich von Hand geschrieben war. Von Hand! Mit LILA
     Tinte! Dieser Fall sollte relativ kurzfristig lösbar sein. Sagte er
     sich.
    Lidia trat heran, erkundigte
     sich nach Nabels Befinden. Herrgott, wie schön sie war. So strahlend
     anmutig. Selbst in dem beigefarbenen Hosenanzug. Nabel vermied es, sie
     anzusehen. Der Tote stank bestialisch.
    Der Typ von der
     Gerichtsmedizin stank auf andere Weise. Alle Menschen, außer Lidia,
     stanken, selbst Ahmed, wenn auch nur nach penetrant überdosiertem
     Rasierwasser. Nabel hatte das so satt.
    »Was für ein
     Schwachsinn! Wer bringt jemanden um, nur weil er fett ist? Doc, wissen Sie
     schon was über das Gift?«
    Der Doc antwortete erst gar
     nicht. Jetzt schon etwas zu wissen wäre unwissenschaftlich gewesen,
     und der Doc wußte, daß Nabel ihn nur provozieren wollte. Die
     Jungs von der Spurensicherung gaben den Leichnam zum Transport frei. Ahmed
     holte die Bestattungsgehilfen herein, für den Transport des Toten ins
     Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, wie die
     Pathologie in Kreuzberg mit vollem Namen hieß. Der Manager rief nach
     Putzfrauen und klatschte zweimal laut in die Hände. Nabel betrachtete
     Lidia, die schlanke Gladiole mit dem füchschenhaften Kopf, sah den
     Bewegungen ihrer übernatürlich schmalen Hände zu, dem
     Abdruck ihrer spitzen Knie in den zu weiten Hosenbeinen. Er riß sich
     zusammen. Räusperte sich und schüttelte den Kopf, wie um darauf
     sitzende Mücken zu vertreiben.
    »Gibts hier eine Videoüberwachung?«
    Einer der Geschäftsführer
     meinte, daß das zwar der Fall sei, überwacht würden aber
     nur die Kassenbereiche, um den Angestellten auf die Finger zu sehen. Nabel
     ließ sich das Band dennoch aushändigen. Lidia zupfte ihn
     beiseite. Mit zwei Fingerspitzen berührte sie sein Hemd, oberhalb der
     Hüfte, für den Bruchteil einer Sekunde. Wozu tat sie das? Fand
     sie es notwendig, hatte sie vorher etwas gesagt, das er nicht gehört,
     auf das er nicht reagiert hatte?
    »Kai, was hältst
     du von dem Ganzen hier?«
    »Kommt mir sehr seltsam
     vor. Was denkst du?«
    »Wenn ich ehrlich bin,
     weiß ich nicht, was ich denken soll. Mein erster Eindruck, wenn es
     nicht so fürchterlich klänge …«
    »Was?«
    »Dann kommts mir so vor
     wie – blödes Wort, aber, naja, ein Bubenstreich.«
    »Meinste?«
    »Ja, ich meine, diese
     Botschaft da, dieser Spruch, ich glaube, da hat irgendwer zu viele Filme
     gesehen.«
    »Hmhmm. Außerdem
     – lila Tinte …« Er vollendete den Satz nicht, mußte
     Kraft sparen.
    »Genau. Das ist alles
     …«
    »Seltsam?«
    »Genau.«
    Der Manager zupfte Nabel am
     Ärmel. Was war das heute bloß für ein Tag? Alle zupften
     ihn. Eine

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