Australien 01 - Wo der Wind singt
sagte sie und legte auf.
Nick sah sie fragend an.
»Es war Dad. Er hat nur angerufen, weil er wissen wollte, wie es Nell geht.«
Plötzlich sah Kate wieder die Ulmen vor sich. Sie hörte splitternde Äste und das Tosen des Windes. Dann jedoch spürte sie wieder die tröstliche Berührung ihres Vaters, als sie zum Farmhaus zurückgegangen waren. Sie versuchte sich den Moment in Erinnerung zu rufen,
als sich ihr Blick begegnet war. Sie spürte, wie die längst verloren geglaubte Liebe zu ihrem Vater wieder in ihr zu keimen begann.
»Wie nett von ihm«, sagte Angus sarkastisch. »Er hat nicht zufällig angerufen, um dir wenigstens einen Teil der Farm anzubieten, oder?«
Kate schüttelte traurig den Kopf. Das Ganze war viel zu kompliziert, um es jemandem zu erklären, geschweige denn einem Trampeltier wie Angus. So bitter es auch für sie war, Kate hatte inzwischen eingesehen, dass ihr Vater tatsächlich das Recht hatte, die Farm zu verkaufen. Sie hingegen hatte absolut nichts getan, was einen Anspruch gerechtfertig hätte. Sie hatte auch absolut nichts getan, sich seine Liebe zu verdienen.
»Ich versuche lieber, ein Stück davon zurückzukaufen. Offen und ehrlich. Zusammen mit euch, Jungs. Ich liebe Herausforderungen!« Die Hände in die Hüften gestemmt, funkelte sie Angus scherzhaft an.
»Sie ist nicht nur klug«, sagte Angus zu Nick, »sie ist auch eine Klugscheißerin. Das Mädchen gefällt mir. Hast du vor, sie zu heiraten?«
Kate sah, wie sich Nicks Wangen röteten. Er wich ihrem Blick aus und konzentrierte sich stattdessen auf die Pläne, die vor ihm ausgebreitet lagen.
»Nein!«, antwortete Kate an seiner Stelle. »Heiraten? Wozu? Wir wollen erst einmal nur Partner werden. Ist es nicht so, Nick? Geschäftspartner und vielleicht werden wir auch noch gemeinsam Hundezüchter. Wenn er dann noch immer nicht genug von mir hat, nun, dann auch Beziehungspartner. Aber all das nur mit einer Rücktrittsklausel. Die Sache mit dem Heiraten kann warten. Ich meine, wenn überhaupt.«
Nick sah sie an und lächelte dankbar. War er erleichtert? Kate war sich nicht sicher. Sie fragte sich, warum sie einen Stich in ihrem Herzen spürte. Vielleicht wünschte sie sich insgeheim ja doch, dass Nick sie bat, seine Frau zu werden. Ihr war jedoch klar, dass das jetzt noch viel zu früh wäre. Alles um sie herum veränderte sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit. Es kam Kate so vor, als würde die Zeit, zum Ausgleich für die verlorenen Jahre, in denen sie und Nick
voneinander getrennt gewesen waren, jetzt plötzlich umso schneller ablaufen und sie beide regelrecht aufeinander zutreiben. Nicht nur wegen Nell, sondern auch aufgrund des Gefühls, füreinander bestimmt zu sein. Sie spürte, dass sich ein neues gemeinsames Leben mit Nell und Nick mit atemberaubender Geschwindigkeit zu formen begann. Noch vor nicht allzu langer Zeit war sie sich nicht einmal sicher gewesen, welche Gefühle Nick für sie hatte, und jetzt wollte sie schon mit ihm zusammen einen Teil der Farm ihrer Familie kaufen. All das lief in einem solch atemberaubenden Tempo ab, dass es Kate all ihre Energie kostete, Schritt zu halten. Sie musste nicht nur mit dem Schwindel erregenden Gefühl der erblühenden Liebe zurechtkommen, sondern auch noch all die anderen Dinge verarbeiten, mit denen das Leben sie in letzter Zeit konfrontiert hatte: Trauer, Enthüllungen, Angst, Begeisterung und Verlust. Warum zum Teufel sollte sie da jetzt auch noch eine Ehe eingehen.
Als sie nun in ihrem Wohnzimmer auf dem Boden saß, sich in Nicks Arme schmiegte und zusah, wie Nell mit der Eisenbahn spielte, erinnerte sie sich wieder daran, dass sie wie eine richtige Familie am Flughafen gestanden und Angus verabschiedet hatten. Alice hatte Nells Hand gehalten. Kate hatte sich an Nicks Hand geklammert und sich dabei gleichzeitig als Geliebte, Mutter, Tochter und Schwägerin gefühlt. Sie war jetzt in diese Familie eingebunden und hatte sich trotzdem noch fremd gefühlt. Angus hatte seine verspiegelte Sonnenbrille nach oben geschoben und seiner Mutter einen Abschiedskuss gegeben, dann hatte er Nick die Hand geschüttelt und Kate verschwörerisch zugezwinkert.
»Wie schade, dass ich nicht bis zur Versteigerung bleiben kann. Aber ich habe da etwas Wichtiges zu erledigen. Irgendwo in der Südsee warten nämlich eine Jacht und ein knackiges Mädchen mit einer großen Flasche Kokosnussöl auf mich.«
»Du Arsch«, hatte Kate lachend gesagt. »Pass auf, dass du nicht seekrank
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