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Australien 01 - Wo der Wind singt

Australien 01 - Wo der Wind singt

Titel: Australien 01 - Wo der Wind singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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Er riss seinen Arm jedoch ärgerlich unter ihren Fingern weg, wobei die Zeitung laut raschelte. »Verdammt, Dad, kannst du denn nicht irgendetwas Nettes sagen? Mama würde sich bestimmt darüber freuen, dass wir ausgehen und uns ein bisschen amüsieren.«
    Ihr Vater drehte sich von ihr weg und wandte auch den Kopf ab, so dass es aussah, als würde er intensiv die Viehmarktpreise studieren. Sie war sich jedoch sicher, dass er nicht las. Er hatte die Augen fest zusammengekniffen. Kate drehte sich um und ging mit großen Schritten zum Kaminsims hinüber, wo die Beileidskarten und die inzwischen verwelkten Blumen standen. Sie packte die Karten und riss die Blumen aus den Vasen. Grüne Tropfen stinkenden Blumenwassers spritzten auf die Bodendielen.
    »Mama würde all das hier hassen «, sagte sie und warf die Karten und die Blumen in den kalten Kamin. »Wie kannst du nur glauben, dass es noch zu früh ist, um auszugehen? Es war für sie einfach nur zu früh zum Sterben! Willst du das denn nicht verstehen?«, schrie Kate. »Wie soll ich denn sonst weiterleben?«
    Henry umklammerte die Zeitung mit seinen Fäusten.
    »Geh«, sagte er. »Verschwinde einfach!«
    Kate wollte ihm gerade entgegenschleudern, dass sie verdammt noch mal tatsächlich gehen und niemals wieder zurückkommen würde, als Will ins Zimmer kam. Er trug seinen blauen Samtanzug aus dem Second-Hand-Laden und ein rosa Rüschenhemd. Er sah das Durcheinander im Kamin, sah Kates hochrotes Gesicht und den traurigen Ausdruck auf dem Gesicht seines Vaters.
    »Komm, Kate«, sagte er mit sanfter Stimme. Dann drehte er sich zu Henry um und bückte sich zu ihm hinunter.

    »Das Vieh ist versorgt, nur die Hunde brauchen morgen etwas zu fressen. Ich habe ein Wallaby in die Futterkammer gelegt. Wir sehn uns dann am Sonntagabend. Okay, Dad?«
    Henry antwortete ihm nicht und würdigte die beiden auch keines Blickes mehr, als sie sich umdrehten und das Zimmer verließen.

    Das Rutherglen-Farmhaus sah im Mondlicht zwar wunderschön aus, aber es wirkte auch gespenstisch kalt, als Nick darauf zufuhr. Bis auf einen matten Lichtschein auf der einen Seite des Hauses waren alle Fenster dunkel. Sein Vater war also noch wach und schlurfte wahrscheinlich in der Küche herum. Sollte er ihm sagen, dass er Kate Webster heute Abend im Pub gesehen hatte? Würde das seinen Vater überhaupt interessieren?
    Nick fand seinen Vater Lance schließlich in der Waschküche. Er beugte sich gerade über einen Wäschekorb und versuchte, ein Knäuel Bettwäsche in die Waschmaschine zu stecken. Nick erkannte an der Art und Weise, wie sein Vater mit der Wäsche herumhantierte, dass ihm das Ganze mehr als nur peinlich war. Er hatte offensichtlich wieder ins Bett gemacht, zu krank und zu langsam, um noch rechtzeitig zur Toilette zu kommen. Oder zu benommen von den Schmerzmitteln, um seinen Harndrang überhaupt zu bemerken.
    »Deine Mutter hat ohnehin schon genug zu tun«, sagte Lance. »Sie braucht das hier morgen früh nicht auch noch zu machen.«
    »Hier.« Nick nahm seinem Vater die Bettwäsche ab, vermied es dabei aber, ihm in die Augen zu sehen. In letzter Zeit fiel es ihm ohnehin ziemlich schwer, ihn anzusehen. Seine grauen Augen waren tief in seinem fahlen Gesicht eingesunken. Nick vermied es auch, dorthin zu sehen, wo sich der Beutel befand, den sein Vater unter seiner Kleidung tragen musste. Ein Beutel, der sich langsam mit seinen Exkrementen füllte. Jetzt im Licht der schirmlosen Lampe sah sein Vater aus wie der wandelnde Tod. »Ich mach das schon. Geh wieder ins Bett, Dad.«
    »Dann gute Nacht«, sagte Lance und schlurfte hinaus, dankbar für die Hilfe seines Sohnes, gleichzeitig aber auch gedemütigt.
    Nick warf einen Blick in die Waschmaschine und stöhnte leise auf,
als er die nasse Wäsche sah, die an der Wand der Trommel klebte. Er nahm einen zweiten Wäschekorb und begann, die Waschmaschine auszuräumen.
    Draußen an der Wäscheleine, die zwischen zwei alten Apfelbäumen gespannt war, warf Nick ein Bettlaken über die Schnur. Das weiße Licht des Mondes auf dem flatternden Laken ließ Felicitys nervöse Turnierpferde aufgeregt schnauben und umhertraben.
    »Ganz ruhig«, brummte Nick ihnen über den Zaun zu. Während er ärgerlich Unterhosen, Socken und alte Arbeitshemden mit Wäscheklammern an der Leine befestigte, sah er wieder zum Mond hinauf. Er war der Erde so nah, dass man die Wirbel auf seinem Gesicht erkennen konnte. Nick musste wieder an jene Nacht vor vielen Jahren denken. Damals

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