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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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und sich entspannen zu können, statt mit seinem Tornister auf dem Rücken durch die Gegend zu stolpern. Immerhin hatte er nun den Ruf eines erstklassigen Navigators erworben. Das würde ihm auf keinen Fall zum Nachteil gereichen. Und dieses lange Herumgetappe durch ein namenloses Land war wie die erste Begegnung mit einem Fremden: Sie weckte Hoffnungen.
    Silk hatte seinen Bleistift herausgezogen und lächelte vor sich hin, während er etwas notierte. Willstead hatte einen Sitzplatz neben dem Gouverneur ergattert, doch als dieser etwas sagte, wandte er sich nicht an ihn, sondern an Silk.
    »Dieses fruchtbare Gelände am Fluss ist genau das, was ich zu finden gehofft hatte«, hörte Rooke ihn sagen. »Es sieht ganz so aus, als würde es die Kornkammer der Kolonie werden, meinen Sie nicht auch, Hauptmann Silk?«
    »In der Tat, Sir«, antwortete Silk. »Sehr vielversprechend, ziemlich aussichtsreich.«
    Er warf Rooke einen kurzen Blick zu, doch so dicht neben dem Gouverneur wagte nicht einmal Silk, ihm dabei zuzuzwinkern.
    Brugden mit seinem in königlichem Purpur schillernden Auge blickte stumm und verkniffen vor sich hin. Das liegt nicht allein an den Schmerzen, dachte Rooke. Der Mann ist gedemütigt worden und wird das nicht vergessen.


    Ü berraschenderweise erschien der Gouverneur auch am nächsten Sonntag zum Essen in der Kaserne. Während die Offiziere ihre Plätze einnahmen, stand er schon da, die Fingerspitzen auf die Mahagoniplatte gestützt, und konnte seine Ungeduld kaum zügeln.
    »Meine Herren«, begann er, noch ehe alle richtig saßen. »Meine Herren!«
    Major Wyatt schlug mit der Gabel an sein Weinglas und starrte wütend zu Gosden weiter unten an der Tafel, der gerade einen Hustenanfall hatte.
    »Ich habe eine sehr wichtige Entdeckung bekanntzugeben, die wir kürzlich auf unserer Expedition gemacht haben«, verkündete der Gouverneur. »Es ist eine äußerst vielversprechende Gegend, bestens zum Ackerbau geeignet. Der Boden ist sehr fruchtbar und wird von einem vortrefflichen Fluss vorzüglich bewässert. Ich habe das Gebiet Rose Hill genannt.«
    Rose Hill , dachte Rooke, diese Wildnis, in der noch nie eine Rose gewachsen ist? Wo die Erde lediglich im Vergleich zu dem grauen Sand von Sydney Cove fruchtbar ist?
    »Ich habe die Absicht, dort eine zweite Siedlung zu gründen, die von einer kleinen Garnison bewacht werden soll. Hauptmann Lennox hat mir die Ehre erwiesen, diese Aufgabe zu übernehmen.«
    Alle Augen richteten sich auf Lennox, der sich daraufhin erhob, mit seinem langen knochigen Körper eine Verbeugung machte und sich wieder setzte. Rooke fiel auf, dass der Rücken des Hauptmanns die Rückenlehne des Stuhls nicht berührte. Sogar sitzend nahm Lennox eine stramme Haltung ein.
    »So bald wie möglich wird Hauptmann Lennox eine Gruppe Soldaten und Sträflinge dorthin geleiten, um den Boden urbar zu machen und Gemüse anzubauen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass diese Gegend binnen kurzer Zeit unsere junge Kolonie mit Lebensmitteln versorgen wird.«
    Lennox blinzelte ein einziges Mal, ansonsten war sein Gesichtsausdruck undurchdringlich. Der Einzige an der Tafel, der sich bewegte, war Silk. Er hob die Hand und strich sich die Haare aus der Stirn. Während er Rooke einen Blick zuwarf, ging ein so unmerkliches Zucken über sein Gesicht, dass niemand hätte behaupten können, es sei ein Zwinkern gewesen.
    Zuversichtlich ist eines der Lieblingswörter des Gouverneurs, dachte Rooke. Ein anderes könnte Illusion sein. Aber der Gouverneur wurde schließlich dafür bezahlt, optimistisch zu sein. Falls die Kolonie aufgegeben würde, müsste er auf seine fünfzehnhundert Pfund im Jahr verzichten. Mit fünfzehnhundert Pfund konnte man ziemlich viel Zuversicht haben.
    Der Gouverneur hielt seinen leeren Teller in die Höhe.
    »Ich kann Ihnen versprechen, meine Herren, dass es so etwas dann nicht mehr geben wird!«
    Um den Männern zu signalisieren, dass der Gouverneur soeben einen Scherz gemacht hatte, zwang sich Wyatt zu einem lauten Lachen. Ein paar andere fielen ein. Da Wyatt nichts entging, zog Rooke schnell die Mundwinkel zu einer Art Grinsen nach oben, denn selbst das schlechteste Lächeln war immer noch besser als keins.
    Der Gouverneur schien über die Reaktion auf seine witzige Bemerkung erfreut. Er war in den letzten Wochen immer bleicher und schwächer geworden. Sie alle wussten, dass auch er sich nur kärgliche Rationen genehmigte und sogar seinen privaten Mehlvorrat an das Gemeinschaftslager

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