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Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Titel: Australien 03 - Tal der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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die schwere Arbeit gewöhnt, und psychisch hatte sie die Schocks der letzten Monate noch längst nicht verarbeitet. Tagsüber verbrachte Rosie viel Zeit mit Sams Hunden und Pferden, und nachts tauchte sie, um den Schmerz auszublenden, in die Geschichtsbücher ein, die Duncan ihr gegeben hatte. Sie las von Faustkämpfen und von gut aussehenden Viehtreibern, die gegeneinander wetteten, wer sich trauen würde, mit dem Pferd von der Brücke in den Glenelg River zu springen. Sie las von Schafhirten, die von Eingeborenen umgebracht worden waren, und von Eingeborenen, die von Schafhirten umgebracht worden waren. Sie las von einer Siedlersfrau, die nacheinander jedes ihrer fünf kränklichen Kinder zu Grabe tragen musste, ehe sie zuletzt in einen anderen Distrikt weiterzog.
    Abend für Abend wühlte sich Rosie durch ausschweifende historische Schilderungen, immer auf der Suche nach einem kleinen Hinweis auf Jack Gleeson. Sie machte sich Notizen für ihre Artikelserie, bis ihr die Augen schwer wurden und sie schläfrig nach der Nachttischlampe tastete. Dann lag Rosie wach in der Dunkelheit und malte sich, während sie den schnaubenden und kauenden Pferden nebenan lauschte, aus, wie es wohl sein mochte, in einer abgelegenen Hirtenhütte zu leben.

Dunrobin Station
    Jack wickelte die Wolldecke um die Schultern und blickte mit zusammengekniffenen Augen in die Seiten des Buches. Die klein gedruckten Buchstaben wurden vom Schein der Kerzen erhellt, die hektisch flackerten, weil die Zugluft durch die Ritzen zwischen den ungeschälten Planken der Hüttenwand hereindrang.
    In seinem Text hatte Charles Dickens geschrieben:

    Ich kenne einen zottigen schwarz-weißen Hund, der sich einen Treiber hält. Er ist ein Hund von friedlicher Wesensart und erlaubt diesem Treiber allzu oft, sich zu betrinken. Bei solchen Anlässen pflegt der Hund draußen vor dem Public House sitzen zu bleiben, ein paar Schafe im Auge zu behalten und nachzudenken.

    Jack seufzte. Er war mittlerweile seit einem Monat auf Dunrobin und wünschte sich von Herzen einen richtigen Hund. Faulpelz war das Gespött aller Männer, die auf Dunrobin arbeiteten. Statt nachts auf die Herde aufzupassen, kratzte er allabendlich an Jacks Tür und winselte darum, hereinkommen und am Feuer schlafen zu dürfen. Er schlief die ganze Nacht durch, während Jacks Schafe die schadhaften Stellen in den windschiefen Nachtpferchen fanden und über das uneingezäunte Land in der Flussebene zogen. Manche von ihnen querten gar den im Mondschein glänzenden Fluss und grasten am anderen Morgen auf dem anderen Ufer, das zur Warrock Station gehörte. An solchen Tagen schwang sich Jack schon vor Tag und Tau in den kalten, harten Sattel und ritt Bailey in einem weiten Bogen, bis er alle Streuner wieder eingesammelt und die Schafe über den Fluss zurückgetrieben hatte. Faulpelz tanzte dann, nach gut durchschlafener Nacht, vor Aufregung um ihn herum und half Jack gelegentlich, ein Schaf aus einem besonders struppigen Unterholz zu treiben. Jack wünschte sich sehnlichst einen Hund mit Abstammung. Einen Hund, dem er vertrauen konnte.
    Jack klappte das Buch zu, blies die Kerze aus und bückte sich, um einen Scheit auf das knisternde Feuer zu werfen. Den Blick gedankenversunken in die Flammen gerichtet, erinnerte er sich daran, wie er den Weg nach Dunrobin hinaufgeritten war, um bei Mr Murray vorzusprechen. Kaum hatte er an die Hintertür geklopft, hatte ihm Mr Murray persönlich geöffnet, und wenig später hatten er und Jack einander unter dem schattigen Baldachin hinter dem Haus die Hand gereicht. Damit war es abgemacht: Jack war von nun an Viehtreiber.
    Anfangs war er einem älteren Mann nachgelaufen, um sich über seine Aufgaben kundig zu machen, die Station kennen zu lernen und ein Auge für die Ohrmarken und Brandzeichen der Herden zu entwickeln. Dunrobin hatte die amtliche Lizenz, dreißigtausend Schafe zu halten, aber bislang grasten lediglich neunzehntausend Tiere auf den nicht eingezäunten Weidegründen. Jack bekam eine eigene Herde anvertraut und Anweisung, sie entlang der Route Casterton-Apsley nach Norden zu treiben, wo er sie am Glenelg River grasen lassen sollte, genau an der Grenze zur Warrock Station. Ein Lastpferd, mit Essen und Ausrüstung beladen, wurde ihm gestellt. Bobby war ein flohgeplagter Grauschimmel mit wackligen Sprunggelenken und einem großen, hässlichen Haupt. Aber er war ein gutes Pferd und achtete darauf, seine Lasttaschen nicht zu zerkratzen, wenn der Weg durch dicht

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