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Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Titel: Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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Küche viel freundlicher vor, vor allem, weil inzwischen das Feuer brannte und den Raum mit Wärme erfüllte. Sie hörte Tilly und Meg in ihren Betten reden, eilte in ihr abgedunkeltes Zimmer und zog die Jalousie hoch.
    » Schaut nur! Schnee!«
    Beide Mädchen kreischten, sprangen aus dem Bett und schlüpften eilig in ihre Anziehsachen. Draußen rannten sie herum und warfen Schneebälle, die Rousie im Sprung mit einem Kieferklacken auffing, das einem tasmanischen Teufel Ehre gemacht hätte. Sie bauten Schneemänner und schmückten sie mit Armen aus Zweigen, einem Lächeln aus Eukalyptusblättern und Augen aus Eukalyptuskapseln. Bald jedoch lockte Emily die beiden von ihrer Schneefamilie weg. Die Arbeit wartete. Im Stall drückte sie Tilly eine Heugabel in die Hand und schob eine Schubkarre in die Pferdebox.
    Entsetzt hörte Emily ihre ältere Tochter murren: »Ich will das Kaka aber nicht aufsammeln.« Tilly hatte sich nie geweigert, Snowgums Äpfel aufzulesen, wenn sie in Brigalow hinter ihrer Mutter um den Block gelaufen war. Sie war ein so unkompliziertes Kind gewesen. Emily begriff, dass ihre Älteste die Grenzen ihres neuen Lebens ausloten wollte. Emily wollte keinesfalls zu den Müttern zählen, die entnervt und schneidend »Du bist wie dein Vater« stöhnen, aber Tilly hatte von ihrem Vater einige Charakterzüge geerbt, die Emily unweigerlich störten und die hier in der Einsamkeit umso deutlicher zutage traten. Nicht reagieren, sondern damit umgehen, ermahnte sich Emily.
    »Du brauchst mir nicht zu helfen, Tils, wenn du nicht willst«, antwortete sie ruhig. »Aber das bedeutet, dass du dir keine heiße Schokolade mit Marshmallows verdient hast, wenn wir wieder ins Haus gehen.«
    Emily wandte sich ab und führte die beiden Pferde und die Ponys auf die Tageskoppel. Draußen senkten die Tiere den Kopf und schnaubten den Schnee an. Bonus scharrte mit dem Vorderfuß im Boden und trottete dann einmal über die verschneite Wiese. Emily betrachtete die Schneeverwehungen, die sich auf den hohen Gräsern und den waagerechten Ästen angesammelt hatten. Die ganze Welt war weich und frisch. Es war paradiesisch. Aber so verdammt kalt! Sie hörte, wie im Stall Tilly zu arbeiten begann und Meg plappernd ihrer Schwester zur Hand ging.
    Bis Emily den Pick-up ganz ausgeladen hatte, war die Sonne schon über die Baumwipfel gestiegen, und von den Eukalyptuskronen purzelten bei jedem Windstoß mit lauten Schlägen die Eisbrocken.
    Das Schmelzwasser rann vom Dach und tröpfelte auf den Boden, auf den blendend weißen Dächern des Haupthauses und der Ställe zeigte sich langsam das Grau der darunter liegenden Wellblechplatten. Das Blech war mit kleinen Löchern durchsetzt, die das Wasser in die Rinne darunter ableiten sollten, aber der größte Teil fiel wie Regen auf den Boden. Die Sonne wärmte auch die Koppeln auf, bis das Gras wieder zum Vorschein kam und die in Schwarz-Weiß getauchte Welt wieder in allen Farben erstrahlte.
    Sie tappten ins Haus zurück, wo Emily den Mädchen die nassen Sachen auszog. Beide bibberten vor Kälte, und die von der Kälte geröteten Finger und Füße stachen. Meg weinte und Tilly jammerte, aber schon bald darauf hatte Emily beide vors Feuer gesetzt und ihnen ein frühes Mittagessen aus Eiern und Speck gebrutzelt, um sie aufzuwärmen. Während die Mädchen aßen, setzte sich Emily mit einer Tasse Tee an den Tisch und stellte eine Liste auf.
    Nachdem das Haus über mehrere Generationen bewohnt gewesen war, sah es ziemlich mitgenommen aus. Während der letzten zwanzig Jahre hatte die Familie ihre Energie hauptsächlich darauf verwandt, sich auf allen möglichen Versammlungen Gehör zu verschaffen, um ihre Weiderechte zu behalten. Das Flanaghan’sche Geschäft hatte auf den Schultern vieler Brüder und Schwestern, Mütter und Väter geruht, die alle Hand in Hand gearbeitet hatten. Ab und zu hatten sie jemand als Hilfe eingestellt, aber die meisten Arbeiten hatten die Familienmitglieder selbst erledigt. Eine Folge ihres unaufhörlichen Kampfes gegen die Bürokratie war, dass sie kaum Zeit für sich selbst gehabt hatten. Die Farm auf der Hochebene hatte darunter gelitten. Begonnene Arbeiten waren nur selten zu Ende gebracht worden.
    Emily sah die nächsten Monate als ihre Chance, das geradezurücken. Sie war jetzt die Hüterin dieser Farm. Das hatte ihr die Frau in ihren Träumen erklärt. Alle Hütten und Herbergen, die ihre Vorfahren mühsam von Hand errichtet hatten, würden verfallen, wenn sie sich

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