Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
Ihnen gerne, warum wir uns hierher geflüchtet haben.“
“Verzeihen Sie“, entschuldigte sich Heinz, “wir sind wirklich unhöflich. Selbstverständlich sind Sie uns auf der Insel willkommen, auch wenn es jetzt eng wird. Falls Sie bleiben wollen, müssen wir uns etwas einfallen lassen, denn die wenigen Schlafplätze, die es hier gibt, sind mittlerweile fast alle besetzt. Im Haus des Gärtners ist noch Platz, aber dafür müssen wir erst etwas umbauen. Für diese Nacht wird es schon irgendwie gehen, wenn Sie mit dem Fußboden Vorlieb nehmen. Aber jetzt kommen Sie erst einmal.“
„Was, auf dem Fußboden schlafen. Habt ihr nichts Besseres? Das ist ja wirklich armselig! Ich sehe schon, hier muss einiges geändert werden.“
Kinsel bestärkte den ersten negativen Eindruck, den Henry von ihm gehabt hatte. Auch Heinz war unangenehm berührt, sagte aber nichts, sondern schluckte eine Bemerkung herunter. Sie marschierten miteinander zur Villa, in der sich der größte Raum befand und setzten sich zusammen, nachdem sie den Ankömmlingen Milch angeboten hatten, was diese in großes Erstaunen versetzte. Lediglich Kinsel hatte wieder etwas dagegen einzuwenden.
„Gibt’s denn nicht anderes? Milch ist doch ein Gesöff für Kinder!“
„Klar, der ganze See ist voller Wasser. Das ist die Alternative.“
Heinz machte eine ausladende Bewegung in Richtung Wasser, dabei verschweigend, dass sehr wohl einige Alkoholika vorhanden waren, die er aber, jedenfalls im Augenblick, verschweigen wollte.
“Mein Gott Milch“, wunderte sich Dora Brink. “Wo haben Sie denn die her?“
“Dazu kommen wir später“ vertröstete sie Henry in der Hoffnung, dass sie inzwischen ihre Frage vergessen würde.
Nun wollen wir zunächst einmal Ihre Geschichte hören. Hans Brink setzte sich in Position.
“Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll. Alles ist so fürchterlich. Wir wohnen, oder besser gesagt wir wohnten in Wolfratshausen, in einem wunderschönen Haus direkt an der Loisach. Bereits seit über dreißig Jahren. Ich war dort als Architekt tätig und hatte immer viele Aufträge aus der gesamten Region. Uns ging es wirklich gut. Als die Cholera und die Pest ausbrachen und alle Menschen zu sterben begannen, wurde die Lage immer schlimmer. Wir erhielten kaum mehr Nahrungsmittel und die wenigen, die den Ort noch erreichten, lösten Prügel, Mord und Totschlag unter den Menschen aus. Viele brachten sich für drei Kartoffeln gegenseitig um. Eines Tages war Wolfratshausen fast ausgestorben. Hunger und Seuchen hatten ihre Opfer gefordert und nur wenige verschont. Die wenigen, die zum Schluss übrig geblieben waren, taten sich zusammen, zum einen, um gemeinsam stärker zu sein und sich gegen etwaige Angreifer besser wehren zu können, zum anderen, um geplant in der Gruppe Lebensmittel zu organisieren.
Alles klappte eigentlich prima. Mord und Totschlag hatten aufgehört, weil diejenigen, welche die anderen umbrachten, selbst gestorben waren. Die Nahrungsmittelorganisation funktionierte besser als erwartet, da wir uns tagsüber in kleine Gruppen aufteilten, über Land zogen und bei den Bauern tauschten, was immer wir an Essbarem erhalten konnten. Es gelang uns sogar, ein kleines Vorratslager einzurichten, das wir zusammen verwalteten und bewachten. Jedem wurde sein Kontingent zugewiesen, so dass keiner befürchten musste, übervorteilt zu werden. Wie gesagt, alles lief bestens, bis wir eines Nachts Schüsse vernahmen. Eine Horde von circa fünfzig Personen fiel über die letzten Einwohner Wolfratshausens her, brachten einige uns um, vergewaltigten die Frauen, die ihnen in die Hände fielen und raubten uns vollständig aus. Wir waren lediglich 23 Personen und hatten gegen diese bewaffnete Übermacht keinerlei Chance. Sieben von unserer Gruppe fielen diesen Gewalttätern zum Opfer.
Wir Überlebenden sammelten uns wieder und begannen alles von vorne. Doch seit dieser Zeit hatten wir keine Ruhe mehr. Jedes Mal, wenn wir unsere Vorräte gerade etwas vervollständigt hatten, tauchte die Horde auf und nahm uns alles weg. Der Anführer dieser kriminellen Gruppe, ein gewisser Sahm, mordete und brandschatzte, und wir glauben, dass er wirklich Spaß daran hatte und es nicht nur tat, um auf einfachstem Weg an Lebensmittel zu kommen. In letzter Zeit terrorisierte er uns fast täglich, so dass das Leben in Wolfratshausen unerträglich wurde. Gestern Nacht haben wir dann die Flucht ergriffen und sind geflohen. Da
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