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Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Titel: Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Doll
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bereits verbunden fühlen.“
     
    Annette schluckte und blickte ihn mit wehmütigen Augen durchdringend an.
     
    „Sie möchten, dass ich bleibe? Ich schäme mich fast, es zu sagen: Ich bleibe sogar gerne. Und wenn ich eben gefragt habe, ob das eine gute Idee ist, so habe ich damit lediglich gemeint, ob es eine gute Idee ist, hier in diesen Räumlichkeiten zu bleiben. In dieser Wohnung und in einem Haus, in dem Sie jeder kennt. Ich nehme mal an, jeder kannte auch Ihre Frau. Und ganz kurz nach ihrem Tod ziehen Sie mit einer anderen zusammen. Die Leute würden nur über Sie reden, und das würde Sie ganz bestimmt irgendwann belasten. Bei mir im Wohnblock ist das etwas anders. Erstens wohne ich noch nicht besonders lange dort, dann war ich nicht verheiratet und zudem ist in diesem Haus ohnehin alles ziemlich anonym. Die Nachbarn kennen sich kaum untereinander, und jedem ist es mehr oder weniger egal, was der andere treibt.“
     
    “Sie meinen also, ich soll zu Ihnen ziehen?“
     
    “Ja, ich glaube, das ist besser.“
     
    “Und Sie sind mir kein bisschen böse, dass ich Sie einfach so direkt angesprochen habe?“
     
    “Warum sollte ich Ihnen böse sein? Sie haben nur Ihren innigsten Wunsch geäußert, und das ist durchaus legitim. Ich hätte ja die Gelegenheit gehabt, einfach nein zu sagen. Aber auch finde es besser, wenn wir versuchen, uns so viel wie möglich zu unterstützen. Klar, das ist natürlich desto einfacher, je näher man beieinander ist. Sie haben völlig Recht: Gerade in diesen Zeiten können wir uns gewiss eine Menge helfen. Und da wir uns nicht unsympathisch sind, kann eigentlich nicht viel schief gehen. Und wenn es wirklich schief geht, dann hat jeder von uns beiden immer die Möglichkeit, wieder seine eigenen Wege zu gehen.“
     
    Bernd Take war mehr überrascht über die Zusage von Annette als über seinen Mut, überhaupt den Vorschlag zu einem gemeinsamen Zusammenleben unterbreitet zu haben. Ich glaube fast, ich liebe diese Frau, dachte er sich; vielleicht werde ich ihr das eines Tages auch sagen. Und er hatte dabei noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Diese verdammte Einsamkeit, besonders in der jetzigen Situation, trieb ihn dazu. Und das hatte absolut nichts damit zu tun, dass er seine Frau bereits vergessen hatte.
     
    In der darauf folgenden Nacht verließ Bernd Take ungesehen von den langjährigen Nachbarn seine Wohnung und zog mit Koffern und Taschen bepackt bei Anette Moda ein. Er verließ eine Wohnung, in der er viele Jahre der glücklichen Zweisamkeit verbracht hatte und schlug damit ein für alle Mal das Tor in die Vergangenheit zu. Er verließ eine Wohnung, die er niemals wieder in seinem Leben zu Gesicht bekommen sollte.
     
    Zwei Tage, nachdem er bei Anette eingezogen war, gingen die Schmerzen, die seine Prellungen verursachten, so weit zurück, dass er sich zum ersten Mal wieder auf sein Fahrrad setzen konnte. Er wollte sich ein Bild von der Lebensmittelversorgung machen und glaubte, die Entfernungen zwischen den Lebensmittelmärkten der näheren und weiteren Umge- bung am besten mit dem Fahrrad überbrücken zu können. Schnell stellte er jedoch fest, dass selbst die Grundnahrungsmittel nur noch in einer solchen Anzahl vorhanden waren, lediglich die Notversorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Und diese wurden pro Person zugeteilt. Das reichte nur bei sehr sparsamem Umgang gerade noch zum Überleben. Gemeinsam mit Anette studierte er die Umgebungslandkarten von München. Es waren Karten, die er im Verlag letztes Jahr in einem ungewöhnlich großen Wiedergabemaßstab gedruckt hatte und die aus irgendeinem Grund niemals in den freien Verkauf gekommen waren. Das einmalige an diesen Karten war, dass durch den riesigen Maßstab nahezu jedes freistehende Bauernhaus und jeder Feldweg eingetragen war. So legten sie einen Plan fest, nach dem sie mit den Rädern einsam gelegene Bauerhöfe anfuhren, wo sie hofften, durch Tauschhandel ihre Nahrungsmittelsituation etwas zu verbessern. Beide tauschten sie dabei überwiegend Schmuck ein. Anette ihren eigenen, Bernd den seiner Frau. Auf diese Weise gelang es ihnen, eine ganze Menge an Vorräten zusammenzuhamstern, die Anette größtenteils einkochte, um sie da durch länger haltbar zu machen, nachdem auf die Lagerung im Kühlschrank verzichtet werden musste. Selbst Fleisch, von dem sie sogar relativ viel auf den Bauernhöfen angeboten bekamen, wurde gekocht und in fest verschließbaren Gläsern eingelegt.
     
    Die Karten erwiesen

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