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Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Titel: Auszeit für Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Monat.«
    Meine Mutter ist nicht von kleiner Statur, und fast tat mir Mort Russell Leid, als diese irische Streitaxt, vor Selbstgerechtigkeit knisternd, sich auf ihn warf.
    »Mr. Russell?«, sahen wir sie sagen.
    Mort nickte, blickte sie aber nicht freundlich an. Dann erklärte Mum wohl, wer sie war, denn wir sahen, wie Mort sich zu uns umwandte, und als er Emily entdeckte, erbleichte sein gebräuntes Gesicht. Emily winkte ihm mit zwei Fingern zu, als Zeichen des Erkennens, dann wurde er zusammengestaucht: das Fuchteln mit dem Zeigefinger, die hohe, empörte Stimme.
    »O Gott«, flüsterte ich.
    Wir beobachteten die Szene, und unsere Besorgnis wandelte sich in Schadenfreude. Morts Miene war verschlossen und
feindselig. Ich bin mir sicher, dass diese Hollywood-Typen nie mit den Konsequenzen ihrer wilden Versprechungen konfrontiert werden.
    Wir hörten das meiste von dem, was Mum sagte. »Es gibt ein Wort für Menschen wie Sie«, schimpfte sie – und hielt dann inne. »Allerdings sagt man das normalerweise in einem anderen Zusammenhang. – Aber das schadet ja nichts!« Sie hatte sich wieder gefangen und fuhr in ihrer Schimpftirade fort. »Verführer, so nennt man das. Sie sollten sich schämen, die Hoffnungen der armen Mädchen so zu schüren!« Dann erzählte sie ihm von Mrs. O’Keeffes dunkelblauem Glitzerkleid, erwähnte aber nicht, dass es um vierzig Prozent heruntergesetzt worden war.
    Mort Russell murmelte etwas, und Mum sagte: »Das sollte es auch«, dann kam sie zurück.
    »Was hat er gesagt?«, bedrängten wir sie. »Warum hat er ihr so viel versprochen und dann nichts gemacht?«
    »So ist er nun mal, sagt er. Aber er hat gesagt, es tut ihm Leid und er macht es nicht wieder.«
    »Hat er geweint?«
    »Seine Augen waren feucht.«
    Das glaubte ich nicht, aber war das wichtig?
    »Ich finde, jetzt haben wir eine neue Runde komplizierter Martini-Cocktails verdient«, sagte Emily fröhlich.

43
    D en ganzen Sonntag summte eine kleine nervöse Aufregung in mir, und als die Ziegenbärtigen uns alle zu einem Grillabend einluden, nahm ich Emily zur Seite. »Der Grillabend heute Abend«, sagte ich und war richtig besorgt, dass die Einladung meinen Plan durchkreuzen könnte, »ich kann leider nicht mitkommen.«
    »Warum, was hast du vor?« Emily horchte auf, war geradezu alarmiert.
    »Ich treffe mich mit Shay.«
    »Allein?«
    Ich bejahte.
    »Aber Maggie, er ist verheiratet! Was hast du vor?«
    »Ich will nur mit ihm sprechen. Ich will« – ich benutzte ein Wort, das ich bei Oprah gehört hatte – »einen Schlussstrich.«
    Hilflos sagte Emily: »Wir haben alle ehemalige Liebhaber, so ist das Leben. Wir können sie nicht alle aufspüren und verlangen, dass sie mit uns einen Schlussstrich ziehen. Wir müssen einfach damit leben. Wenn du mehrere Liebhaber gehabt hättest, dann wüsstest du das jetzt.«
    »Er ist nicht nur ein Ehemaliger«, sagte ich. »Und das weißt du auch.«
    Sie nickte. Dem konnte sie nichts entgegnen. »Aber ich bin trotzdem der Ansicht, dass du dich nicht mit ihm treffen solltest«, sagte sie. »Es wird dir nicht helfen.«
    »Das muss man abwarten«, sagte ich und ging in mein Zimmer,
wo ich alles, was in meinem Koffer war, mehrmals anprobierte.
     
    Das Mondrian ist auch eins von diesen Hotels, wo man schneeblind wird – sie nehmen jede Farbe, solange es Weiß ist. In der Lobby schwirrten lauter Männer mit gemeißelten und gebräunten Gesichtern in Armani-Anzügen herum, und das waren die Angestellten. Wahrscheinlich die Laufburschen. Ich schob mich zur Rezeption durch und bat, man möge Shay in seinem Zimmer Bescheid sagen.
    »Wie ist Ihr Name bitte?«
    »Maggie … ehm … Walsh.«
    »Hier ist eine Nachricht für Sie.« Er gab mir einen Umschlag.
    Ich riss ihn auf. Darin war ein Zettel mit einer getippten Nachricht: »Musste weg. Tut mir Leid. Shay.«
    Ich konnte meine Augen nicht davon abwenden. »Musste weg. Tut mir Leid. Shay.«
    Er war nicht da. Der Mistkerl. Meine ganze gespannte Aufregung verwandelte sich in eine so bodenlose Enttäuschung, dass ich am liebsten jemanden getreten hätte. Ich hatte so viel Sorgfalt auf meine Kleidung verwendet, ich hatte so lange damit zugebracht, mein Haar in Form zu bringen, ich war so nervös und voller Erwartung gewesen. Und alles umsonst.
    Was hattest du denn auch erwartet, fragte ich mich bitter. Was hattest du nach dem letzten Mal erwartet?
     
    Ich bin nicht dazu geschaffen, Verbotenes tun. Ich habe ein einziges Mal versucht, in einem

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