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Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Titel: Auszeit für Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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schleierhaft.)
    Valya war eine Femme fatale und sagte manchmal so etwas wie: »Ich hab viele Geliebte gehabt in mein Läbbn.« Manchmal gab sie mir Ratschläge, was ich anziehen sollte.
    Vladimir – der fast genauso klang wie Valya – war ein ausgemusterter Apparatschik. Er neigte zu Melancholie, aber das traf auch auf Valya zu.
    Dann fing Garv an, durch das Medium der Hausschuhe Gespräche zu führen. Er steckte seine Hand in den Hausschuh, wackelte mit dem Kaninchenkopf und sagte: »Ich gehe zu dem westlichen Supermarkt. Ich stelle mich viele Tage in der Schlange an. Was soll ich dir holen?«
    »Mit wem habe ich es zu tun? Valya oder Vladimir?«
    »Valya. Vladimir ist der mit dem komischen Ohr und –«
    » – und Valyas Nase sieht aus wie ein Stück von einem Riegel Toblerone, ich weiß. Wir brauchen Pizza, Zahnpasta, Käse …«
    »Wodka auch?«, fragte Valya voller Hoffnung. Valya hatte da ein kleines Problem. Vladimir übrigens auch.
    »Keinen Wodka, aber du kannst ja zwei Flaschen Wein mitbringen.«
    »Schwarzmeer-Kaviar?«
    »Nein.«
    »Schwarzbrot?«
    »Brot könnten wir gebrauchen.«
    »Ich helfe dir.« Valya war stolz auf sich.
    Mir machte das nichts aus. Ich fand es ehrlich gesagt sogar süß. Bis zu einem gewissen Punkt. Aber vielleicht hätte ich mich nie darauf einlassen sollen, denn danach war es nur ein kleiner Schritt zu den lebenden Kaninchen.
    Ich erzählte Emily eine Kurzfassung der Geschichte mit den Hausschuhen. Sie wollte mehr hören und beklagte sich, dass die Geschichte gerade erst interessant zu werden beginne, doch ich bat sie, ins Bett gehen zu dürfen, weil ich mir inzwischen meinen Arm blutig gekratzt hatte.

13
    D as Telefon riss mich aus dem Schlaf. Bevor ich richtig wach war, sprang ich aus dem Bett und stürzte ins Wohnzimmer. Nach den Telefonanrufen vom Vortag waren meine Nerven zum Zerreißen gespannt. Ich rechnete allen Ernstes damit, dass meine Grundschullehrerin oder der irische Präsident anrufen und mir von Garv und der Frau berichten würden.
    »Hallo«, sagte ich misstrauisch.
    Eine süße, piepsige Stimme sagte wie in einem Atemzug: »Mort Russells Büro, ist Emily O’Keeffe zu sprechen.«
    »Einen Moment bitte.« Ich bemühte mich, so sachlich wie die Frau zu klingen.
    Aber Emily war im Badezimmer, und als ich an die Tür klopfte, stöhnte sie: »O nein. Sag ihr, ich rufe zurück. Ich bin dabei, mir die Beine zu enthaaren, und kann jetzt unmöglich unterbrechen.«
    Als ich wieder ans Telefon ging, sagte mir mein Instinkt, dass ich diese Nachricht nicht an Mort Russells Büro weitergeben sollte.
    »Im Moment ist sie leider nicht an ihrem Schreibtisch. Kann ich Ihnen helfen?«
    Ob Emily Mort anrufen könne, fragte die süße, piepsige Frau.
    Ich notierte die Nummer und sagte: »Vielen Dank.«
    »Ich danke Ihnen «, sagte sie mit sonnigster Stimme.
    Ich hingegen fühlte mich kein bisschen sonnig. Ich war mitten
in der Nacht mit klopfendem Herzen und dem dringenden Bedürfnis, Garv anzurufen, aufgewacht. Auf Zehenspitzen hatte ich mich ins Wohnzimmer geschlichen und unsere Nummer gewählt. Ich wollte ihn einfach nur sprechen. Ich wusste nicht einmal, was ich sagen wollte. Aber es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er sich so verhalten, als liebte er mich mehr, als je ein Mensch einen anderen geliebt hatte. Ich glaube, ich wollte einfach nur wissen, dass er die neue Frau, falls er sie liebte, nicht so sehr liebte, wie er mich einst geliebt hatte.
    Mit einem Klicken und einem statischen Rauschen fing das Telefon auf dem anderen Kontinent an zu klingeln, und vor Anspannung begann ich, an der Lakritzschlange an meinem Handgelenk zu knabbern. Aber es war niemand da. Ich hatte mich verrechnet. Irland war uns acht Stunden voraus, und Garv war in der Firma. Als ich die Nummer von seiner Firma wählte und zu ihm durchgestellt wurde, war meine Verzweiflung bereits etwas abgeklungen, aber dann war er nicht da und ich wurde aufgefordert, eine Nachricht auf das Band zu sprechen  – Bitte sprechen Sie nach dem Signalton  –, und das gab mir den Rest.
    Ich beschloss, nicht zu sprechen. Ich kroch wieder ins Bett, aß die Lakritzschlange ganz auf und wünschte mir, ich hätte noch hundert weitere. In meiner Vergangenheit hatte es schwarze Phasen gegeben, aber ich war überzeugt, dass ich mich niemals zuvor so elend gefühlt hatte. Würde ich jemals drüber hinwegkommen? Würde ich mich jemals wieder normal fühlen?
    Ich bezweifelte das ernstlich, obwohl ich gesehen hatte, dass

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