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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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schnäuze mich hinein, und der Rotz ist ganz rot.
    Und ich nehme Ahmed mit seiner blauen Backe und seinem Schlafhasen auf die Krankenstation mit.
     
     
    «Olala!», sagt Yvonne, die Krankenschwester.
    «Ich lasse mir keine Spritze geben!»
    «Der Schlafhase ist tot», sagt Ahmed.
    Yvonne behandelt uns alle drei mit etwas, was piekst, und wer am lautesten schreit, hat gewonnen, und der Schlafhase ist es nicht.

    UndYvonne sagt:«Das ist ein tapferer Hase. So, fertig», und sie klebt Ahmed ein Pflaster auf die Backe, mir eines auf die Nase und dem Schlafhasen eines auf das Ohr.
    «So, dem Hasen geht es jetzt besser, und euch auch, und jetzt macht ihr, dass ihr in eure Zimmer zurückkommt.»
    Und das lassen wir uns nicht zweimal sagen, denn beiYvonne riecht es so komisch, und Jujube ist der Einzige, der freiwillig so lange auf der Krankenstation bleibt, obwohl er gar nichts hat, weniger als der Schlafhase.
     
     
    Neben der Treppe steht Simon und wienert das Geländer.
    Ahmed streckt ihm die Zunge raus und lässt meine Hand los und rennt mit dem Schlafhasen weg, und ich bücke mich und sehe die Tränen von Simon, die auf das Bohnerwachs fallen, und mir ist, als hätte ich einen Ballon verschluckt, und ich steige die Treppe bis zu ihm hinunter.
    Simon sagt nichts, und auch seine Tränen sind stumm.
    Er hat mir nur die Hand auf die Schulter gelegt, und ich sage:«Hör auf zu weinen, so schlimm ist es doch nicht», und er setzt sich auf die Treppenstufen und verbirgt sein Gesicht in den Händen, und es sieht aus, als wäre es doch schlimm.
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll, und deshalb setze ich mich Pobacke an Pobacke neben ihn und warte darauf, dass der Kummer vergeht, und Camille taucht auf und sagt zu mir:«Was ist mit deiner Nase?», und ich mache mit den Lippen:«Psst», und sie setzt sich zu uns und legt ihren Kopf auf meine Schulter, und so bleiben wir superlange sitzen.
    Dann steht Camille auf und nimmt sich das Bohnerwachs und gibt mir den Lappen.
    «Ich habe die Strafe aufgebrummt bekommen», sagt Simon.
    Camille und ich antworten wie aus einem Mund:«Wenn du traurig bist, sind wir es auch.»

    Und wir sehen uns alle drei an, als wären wir allein auf der Welt.
    Und wir machen uns über das Geländer her, und Simon kann wieder lächeln.

Ahmed geht mit seinem Schlafhasen ins Bett zurück.«Ich will den bösen Gendarmen nicht sehen.»
    «Aber er ist kein bisschen böse», sage ich,«und du siehst doch, dass er nicht als Gendarm angezogen ist, wenn er mich besuchen kommt.»
    «Ich habe aber immer Angst, dass er mich festnimmt und mir Handschellen anlegt und mir den Kopf runterdrückt, damit ich in seinen Wagen steige, und dass alle sich über mich lustig machen und sagen: ‹Oho, unser Ahmed, immer nur Dummheiten im Sinn!›, und danach bin ich ganz lange im Gefängnis eingesperrt, und wenn ich rauskomme, erkennt mich niemand wieder.»
    «Du kannst einem wirklich den Nerv töten», sagt Simon.«Deine Dummheiten sind Kinderkram, dafür kommt man nicht ins Gefängnis. Dein Vater war ein Kidnapper, das ist was anderes. Aber du kannst nichts dafür, dass du aus einer Familie von lauter Irren kommst. Und Pflaume ist ein echter Glückspilz, dass er diesen Gendarmen hat, der ihn jeden Sonntag besucht und ihm haufenweise Süßigkeiten und Schmuseeinheiten mitbringt. Und am Wochenende holt er ihn zusammen mit Camille ab, und wir können mit Rosy und dem Lehrer in den Louvre trampen, wo wir Sachen kennen lernen sollen, die uns piepegal sind. Ein Museum wird uns sicher nicht in die Arme nehmen und für immer bei sich behalten. »

    «Ich verstehe kein Wort von dem, was du sagst, Simon», sagt Ahmed und lutscht am Ohr vom Schlafhasen.
    «Das wundert mich nicht bei deinem Plüschhasengrips», antwortet Simon.«He, Pflaume, Raymond winkt dir zu, und sein Sohn glotzt uns an. Da will ich mal zurückglotzen!»
    Und er zieht eine so grauenhafte Grimasse, dass Victor sich im Wagen wegdreht.
     
     
    «Ich habe Hunger, wann essen wir?», frage ich den Spiegel im Wagen, in dem ich von Raymond nur die Augen sehen kann.
    «Überraschung!», antwortet Raymond.
    Überraschungen mag ich nicht: Entweder ist man zu aufgeregt, oder man ist total enttäuscht.
    Raymonds Überraschung liegt am Ende einer Straße, die so viele Löcher hat, dass einem der Hintern wehtut.
    Es ist ein Restaurant.
    Ein Monsieur in einem feinen Anzug führt uns zu einem Tisch, und eine Dame schiebt meinen Stuhl mit mir drauf an den Tisch, als wäre ich ein

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