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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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David vorzustellen und ihnen allen zu erklären, daß ich ein bißchen »andersrum« war. Die Qual des Verschweigens war zu schlimm geworden. Marty, John und Tim immer erklären zu müssen, daß ich »ganz schnell mal ins St Swithin’s mußte, um einen Scheck einzulösen«, wenn ich um 10 Uhr abends mit ihnen zusammen hätte schreiben sollen, wurde langweilig, besorgniserregend und unnötig. Ich dachte, warum soll ich sowas vor so intelligenten Menschen verbergen. Ich schämte mich, weil ich nicht zugab, daß Dave mein liebster Freund war. Er kam zu den meisten Aufzeichnungen der 1948 Show , saß anonym hinten im Zuschauerraum und konnte hinterher nicht mit all den Frauen und Freundinnen der anderen an die Bar. Ich fühlte mich, blöderweise, nicht imstande, David da mit hinzunehmen. Ich bemerkte ihn immer im Publikum, und wir tauschten den einen oder anderen Blick, aber selbst dafür schämte ich mich.
    Also beschloß ich, nach einem Jahr, daß diese Party eine gute Idee wäre, ein- für allemal damit rauszukommen. Ich lud Marty, John, Tim, Eric Idle, Barry Cryer, Dick Vosburgh und Beryl ein … Fast alle, die ich kannte … Ich glaube, David Frost konnte nicht, der mußte zu einer Sitzung … Sogar meine Ex-Freundin habe ich eingeladen, und noch ein, zwei Leute vom St Swithin’s. Es war eine »Coming-out-Party«.
    Wir trugen in unserer kleinen Kellerwohnung in Form eines Buffets sehr gut zu essen auf. Wir aßen prima und tranken viel, weil ich immer noch wegen des Anlasses ein bißchen nervös war und dachte, ich sorge lieber dafür, daß alle ordentlich knülle sind, bevor ich, naja, nicht direkt eine Erklärung abgebe, aber doch von Gruppe zu Gruppe wandere, erkläre, daß dies David ist, und ihn vorstelle. Und genau das tat ich. Es war interessant, die verschiedenen Reaktionen zu sehen. Von Marty war es weniger Überraschung als Unglauben, aber dann Gelächter –, da er aus dem East End stammte, in einer Schauspielerfamilie aufgewachsen war und mit einer sehr irdischen Frau verheiratet war,machte ihm das überhaupt nicht zu schaffen. Und offensichtlich kannte er bereits ähnliche Menschen –, schließlich hatte er die Universität des Lebens summa cum laude absolviert. Auch er war sehr irdisch, die Sache war in Ordnung, und ich ging weiter, um mit den anderen zu schwatzen.
    John Cleese wußte es bereits, weil ich dachte, wenn ich es nur ihm sage, weil er einer meiner besten Freunde war und wir zusammen schrieben, wäre das taktlos oder sogar eine Art Verrat. Tatsächlich hatte ich es ihm bereits zwei Abende vor der Party gesagt, also war er nicht überrascht, sondern er stand immer noch unter Schock, weil ihm das alles total, total fremd war; derlei war unvorstellbar und würde mein Leben ruinieren. Obwohl er immer noch freundlich war, gelang es ihm nicht, seine Gefühle auszudrücken. Aber seine damalige Freundin, Pippa, war viel verständnisvoller. Ich habe oft gefunden, daß Frauen männlicher Homosexualität viel mehr Verständnis entgegenbringen als Männer, wahrscheinlich, weil Männer sich irgendwie bedroht fühlen. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber der durchschnittliche kerlige Mann macht sich wahrscheinlich über gewisse Tendenzen und Dinge Sorgen, die in der Schule abgingen, und jetzt ist er so verdammt kerlig und grimmig heterosexuell, daß er nicht mal mehr die Existenz von sowas zugibt, außer im Zorn oder in verschiedenen dürftigen Witzen über Leute, die trippeln und sich rosa kleiden.
    Die anderen Reaktionen: Barry Cryers fand es in Ordnung, an ihm schien alles spurlos abzugleiten, er war schon länger im Showbiz und hatte immerhin für Danny La Rue geschrieben. Meine Ex-Freundin lief unglücklicherweise tränenüberströmt davon, von ein paar Leuten aus dem St Swithin’s begleitet, das war also ein etwas unglücklicher Augenblick, aber irgendwann fand sie sich damit ab. Die andere außergewöhnliche Reaktion kam von Eric Idle, der völlig verblüfft war – klar war er damals noch recht jung, aber ichmußte ihm erklären, was das alles zu bedeuten hatte – daß ich tatsächlich mit Menschen desselben Geschlechts ins Bett stieg, daß es ganz schön Spaß machte und daß wir einander echt liebten – daß es überhaupt nicht ungezogen war. Jetzt ist er natürlich wahrscheinlich noch befreiter als ich –, nicht auf die gleiche Weise, sondern auf 750 andere Weisen. Das einzige Kind einer Mutter zu sein, die genau aussieht wie Mary Whitehouse, war bestimmt auch nicht gerade

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