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Autofab

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Titel: Autofab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Blumengarten, dem Rasen, der Rückseite seines hübschen weißen Plastikhäuschens. Yancy grinste Sipling an: Ein Nachbar, der an einem Sommertag eine Pause einlegt, schwitzend wegen der Hitze und der Strapazen des Rasenmähens, eben im Begriff, ein paar harmlose Bemerkungen über das Wetter loszulassen, die Lage des Planeten, den Zustand des Viertels.
    »Also«, kam Yancys Stimme aus den Lautsprechern, die auf Siplings Schreibtisch aufgebaut waren. Sie war sanft, vertraulich. »Ein dickes Ding, was meinem Enkel Ralf da neulich morgens passiert ist. Sie wissen ja, wie Ralf ist, er geht immer eine halbe Stunde früher zur Schule… er möchte nämlich vor allen anderen an seinem Platz sein.«
    »Streber«, pfiff Joe Pines am Schreibtisch nebenan.
    Vom Schirm herunter dröhnte Yancys Stimme vor sich hin, selbstsicher, freundlich, gelassen. »Also, Ralf hat ein Eichhörnchen gesehen; es saß einfach da auf dem Bürgersteig. Er ist einen Moment stehengeblieben und hat es sich angeschaut.« Yancys Gesichtsausdruck wirkte so echt, daß Sipling ihm beinahe glaubte. Er konnte – beinahe – das Eichhörnchen sehen und den Flachskopf des jüngsten Enkels der Familie Yancy, des bekannten Kindes des bekannten Sohnes der bekanntesten – und meistgeliebten – Person des Planeten.
    »Das Eichhörnchen«, erklärte Yancy auf seine gemütliche Art, »hat Nüsse gesammelt. Mannomann, ist noch gar nicht so lange her, das war erst Mitte Juni. Es saß also da, dieses kleine Eichhörnchen – «, mit den Händen deutete er die Größe an, »hat Nüsse gesammelt und sie für den Winter fortgeschafft.«
    Und dann verschwand der amüsierte Anekdotenblick aus Yancys Gesicht. Er wurde durch einen ernsten, nachdenklichen Blick ersetzt: den Tiefsinnsblick. Seine blauen Augen wurden dunkler (gute Facharbeit). Sein Kinn wurde noch kantiger, imposanter (gute Dummysteuerung der Androidencrew). Yancy wirkte älter, erhabener und reifer, eindrucksvoller. Die Gartenszenerie hinter ihm war herausgenommen worden, und ein etwas anderer Hintergrund wurde eingeblendet; Yancy stand jetzt felsenfest in einer kosmischen Landschaft, inmitten von Bergen, Winden und riesigen alten Wäldern.
    »Ich habe mir folgendes gedacht«, sagte Yancy, und seine Stimme war tiefer; er sprach langsamer. »Da saß es nun, das kleine Eichhörnchen. Woher wußte es, daß der Winter kommen würde? Es saß da, bosselte vor sich hin und machte sich gefaßt.« Yancys Stimme wurde lauter. »Auf einen Winter, den es nie gesehen hatte.«
    Sipling erstarrte und machte sich darauf gefaßt; jetzt kam es. Joe Pines an seinem Schreibtisch grinste und rief: »Aufgepaßt!«
    »Das Eichhörnchen«, sagte Yancy feierlich, »hatte Vertrauen. Nein, es hat nie auch nur eine Spur vom Winter gesehen. Aber es wußte, der Winter würde kommen.« Der kräftige Kiefer bewegte sich; langsam hob sich eine Hand…
    Und dann blieb das Bild stehen. Es gefror, bewegungslos, stumm. Kein Wort war mehr von ihm zu hören; jäh endete die Predigt, mitten in einem Absatz.
    »Das wär’s«, sagte Babson munter und blendete den Yancy aus. »Hilft Ihnen das weiter?«
    Sipling wühlte krampfhaft in seinen Arbeitsunterlagen. »Nein«, räumte er ein, »eigentlich nicht. Aber – ich werd’s schon hinkriegen.«
    »Das will ich hoffen.« Babsons Miene verfinsterte sich bedenklich, und seine gemeinen kleinen Augen schienen noch kleiner zu werden. »Was ist denn los mit Ihnen? Probleme zu Hause?«
    »Schon in Ordnung«, murmelte Sipling schwitzend. »Danke.«
    Ein mattes Abbild Yancys blieb auf dem Schirm zurück, noch immer das Wort kommen auf den Lippen. Den Rest der gestalt hatte Sipling im Kopf: Text und Gestik des nachfolgenden Stücks waren noch nicht ausgearbeitet und dem Kompositum eingegeben worden. Siplings Beitrag fehlte, deshalb war die gesamte gestalt schlagartig angehalten worden.
    »Sag«, meinte Joe Pines unsicher, »soll ich dich heute mal ablösen? Klink deinen Schreibtisch einfach aus, und ich schalt mich ins System.«
    »Danke«, murmelte Sipling, »aber ich bin der einzige, der diese verdammte Schlüsselstelle hinkriegt. Das ist das Tüpfelchen auf dem i.«
    »Du solltest dich mal ausruhen. Du hast zu hart gearbeitet.«
    »Ja«, pflichtete Sipling bei; er war nahe daran, hysterisch zu werden. »Das Wetter macht mir ein bißchen zu schaffen.«
    Das war offensichtlich: Jeder im Büro konnte es sehen. Doch nur Sipling wußte auch, weshalb. Und er kämpfte mit aller Kraft dagegen an, den Grund aus

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