Autofab
schnell.«
»Ist ja fast schon ein Planet«, lautete Taverners ironischer Kommentar.
»Nur noch eine Frage der Zeit.« Der Beamte überprüfte einige Berichte. »Wie man von unseren Freunden in eurer kleinen Organisation hört, habt ihr die Wände mit Diagrammen und Tabellen über uns tapeziert. Sind wir denn so wichtig?«
»Rein akademisches Interesse«, sagte Taverner; wenn sie drei Leute entdeckt hatten, war das ganze Team aufgeflogen. Die hiesigen Behörden waren offenbar darauf geeicht, Infiltranten aufzuspüren… diese Erkenntnis machte ihn frösteln.
Aber sie ließen ihn durch. Waren sie sich ihrer Sache so sicher?
Das sah gar nicht gut aus. Während er nach einem Taxi Ausschau hielt, machte er sich verbissen darauf gefaßt, die Aufgabe in Angriff zu nehmen, die verstreuten Mitglieder des Teams zu einem funktionierenden Ganzen zusammenzufügen.
Noch am gleichen Abend traf sich Taverner in der Stay-Lit-Bar auf der Hauptstraße des Geschäftsviertels der Stadt mit den beiden anderen Mitgliedern seines Teams. Über ihre Whiskey-sours gebeugt, tauschten sie Erfahrungen aus.
»Ich bin jetzt seit fast zwölf Stunden hier«, bemerkte Eckmund und warf einen teilnahmslosen Blick auf die Flaschenreihen im unergründlichen Dunkel der Bar. Zigarrenrauch hing in der Luft; die automatische Musikbox in der Ecke dröhnte metallisch vor sich hin. »Ich bin in der Stadt rumgelaufen, hab mich umgesehen und ein paar Beobachtungen angestellt.«
»Und ich«, meinte Dorser, »ich war im Bandarchiv. Hab mir die offiziellen Märchen geschnappt und sie mit der Realität auf Callisto verglichen. Und ich hab mit den Intellektuellen gesprochen – den gebildeten Menschen, die in den Computerlesesälen rumlungern.«
Taverner nippte an seinem Drink. »Irgendwas Interessantes?«
»Sie kennen doch die gute alte Peilung quer übern Daumen«, sagte Eckmund sarkastisch. »Ich hab mich an einer Straßenecke in den Slums rumgetrieben, bis ich mit ein paar Leuten ins Gespräch kam, die auf den Bus warteten. Ich hab angefangen, über die Regierung herzuziehen: hab mich über die Busverbindungen beschwert, die Abwasserbeseitigung, die Steuern, einfach alles. Die waren sofort dabei. Mit Begeisterung. Ohne Zögern. Und ohne Angst.«
»Die gewählte Regierung«, kommentierte Dorser, »wird nach der üblichen archaischen Methode gebildet. Zweiparteiensystem, die eine ein bißchen konservativer als die andere – kein wesentlicher Unterschied natürlich. Aber beide ermitteln Kandidaten in öffentlichen Vorwahlen, und allen eingetragenen Wählern werden Stimmzettel zugestellt.« Ein Hauch von
Belustigung durchzuckte ihn. »Wir haben es hier mit einer vorbildlichen Demokratie zu tun. Ich hab die Lehrbücher gelesen. Lediglich idealistische Schlagworte: Redefreiheit, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit – nichts Neues. Bloß der ganze olle Volksschulkram.«
Die drei schwiegen eine Zeitlang.
»Sie haben Gefängnisse«, sagte Taverner langsam. »Gesetzesbrecher gibt’s in jeder Gesellschaft.«
»Ich war in einem«, meinte Eckmund und rülpste. »Kleine Diebe, Mörder, Versicherungsbetrüger, Schlägertypen – das Übliche.«
»Keine politischen Gefangenen?«
»Nein.« Eckmund erhob die Stimme. »Wir können uns genausogut mit voller Lautstärke darüber unterhalten. Interessiert sowieso keinen – und die Regierung schon gar nicht.«
»Wenn wir weg sind, stecken sie vermutlich ein paar tausend Leute hinter Gitter«, murmelte Dorser nachdenklich.
»Mein Gott«, erwiderte Eckmund, »wenn sie wollen, können die Leute Callisto jederzeit verlassen. In einem Polizeistaat müssen Sie die Grenzen geschlossen halten. Und hier sind die Grenzen sperrangelweit offen. Die Menschen strömen nur so rein und raus.«
»Vielleicht eine Chemikalie im Trinkwasser«, gab Dorser zu bedenken.
»Verdammt noch mal, wie kann eine totalitäre Gesellschaft ohne Terrorismus funktionieren?« lautete Eckmunds rhetorische Frage. »Und ich schwör’s Ihnen – hier gibt es keine Gedankenpolizei. Die Leute haben absolut keine Angst.«
»Irgendwie wird Druck ausgeübt«, beharrte Taverner.
»Aber nicht durch die Polizei«, meinte Dorser bestimmt. »Nicht durch Gewalt und Brutalität. Nicht durch illegale Verhaftungen, Gefängnisstrafen und Zwangsarbeit.«
»Wenn das hier ein Polizeistaat wäre«, sagte Eckmund nachdenklich, »müßte es auch irgendeine Form von Widerstandsbewegung geben. So was wie eine >subversive< Gruppe, die versucht, die Regierung zu
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