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anzurufen, doch inzwischen hatte Drew Eiszapfen noch einmal gefragt: »Wo ist Halloway?«
»In Kitchener, in der Nähe von Toronto.«
Trotz heftigen Sodbrennens schluckte Misha Pletz noch einmal einen Mundvoll brühendheißen Kaffees hinunter. Er mußte sich mit aller Gewalt daran hindern, in die Kommunikationszentrale im Keller des Mossad-Hauptquartiers von Tel Aviv hinunterzulaufen. Es ist doch erst dreiundzwanzig Uhr, rief er sich ins Gedächtnis zurück. Operation Salvage würde erst in einer Stunde über die Bühne gehen, und bis dahin hatte sein Team strikte Anweisungen, Funkstille zu wahren. Außerdem wäre ich den Leuten da unten doch nur im Weg, dachte er. Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan. Ich bin die einzelnen Punkte des Plans unzählige Male durchgegangen, um mögliche Fehlerquellen auszuschalten.
Trotzdem machte Misha sich Sorgen, daß die Informationen, die Joseph Bernstein ihm hatte zukommen lassen, nicht richtig sein könnten. Eine Verifizierung seiner Angaben bezüglich des Zeitpunkts und des Orts der Übergabe der Waffenlieferung war jedoch in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich gewesen. Wäre der Informant weniger zuverlässig gewesen als Joseph und wäre bei der ganzen Sache nicht so viel für Israels Zukunft auf dem Spiel gestanden, hätte Misha sicher nichts unternommen. Doch unter diesen Umständen wäre es auf jeden Fall mit wesentlich größeren Risiken verbunden gewesen, nicht einzuschreiten. Davon hatten sich, allerdings nur widerstrebend, auch seine Vorgesetzten überzeugen lassen.
Die Tür von Mishas Büro ging auf. Aufgeregt stürmte Mishas Assistent in den Raum. »Romulus hat sich eben gemeldet.«
Mishas Schultern strafften sich. »Endlich. Wo ist er?«
»In Rom.«
»Wie hat er sich mit uns in Verbindung gesetzt?«
»Über den CIA.« Der Assistent überreichte Misha ein Blatt Papier mit einer Nummer darauf. »Sie sollen ihn so bald wie möglich anrufen.«
Misha war verblüfft. Als er zum letztenmal mit Saul gesprochen hatte, war dieser gerade einem Anschlag entgangen, der vermutlich auf das Konto des CIA gegangen war. Und selbst wenn dieser Anschlag nicht vom CIA inszeniert worden war, hatte der amerikanische Geheimdienst Saul dennoch die Zusicherung abgerungen, unter allen Umständen auf die Unterstützung anderer Geheimdienste zu verzichten. Weshalb trat Saul also jetzt über den CIA an ihn heran? Hatte Saul Schwierigkeiten mit dem CIA? Sollte es sich bei dieser Nachricht lediglich um ein Täuschungsmanöver handeln?
Doch all dessen ungeachtet, war Misha außerordentlich erleichtert über dieses Lebenszeichen. Einmal abgesehen davon, daß er dringend mit Saul und Erika sprechen wollte, war er dankbar für jede Ablenkung, die ihn wenigstens für ein paar Momente nicht an die bevorstehende Operation Salvage denken ließ. Er griff nach dem Hörer seines abhörsicheren Telefons und wählte die Nummer, die auf dem Zettel stand. Nach zweimaligem Läuten meldete sich am anderen Ende Sauls unverkennbare Stimme: »Hallo?«
»Hier spricht Sandviper. Kannst du ungestört sprechen?«
»Ich bin hier in einem CIA-Unterschlupf. Man hat mir versichert, daß das Telefon nicht abgehört werden kann.«
»Hast du Probleme?«
»Mit dem CIA? Nein, die Amerikaner unterstützen mich auf jede nur erdenkliche Weise. Es nähme jedoch zuviel Zeit in Anspruch, dir das jetzt alles auseinanderzusetzen.« Sauls Stimme klang gehetzt. »Ich habe einige beunruhigende Neuigkeiten über Erikas Vater erfahren.«
»Ich auch«, entgegnete Misha. »Er hat mir während der letzten zwei Tage zwei Nachrichten zukommen lassen. Jedenfalls habe ich Gewißheit, daß er noch am Leben ist. Zwei unserer Leute haben ihn mit eigenen Augen gesehen. Könntest du Erika bitte sagen, daß ihr Vater lebt und sich auf freiem Fuß befindet? Allerdings ist er untergetaucht. Er hat unsere Leute zweimal abgeschüttelt, als sie ihm zu folgen versuchten. Was die Nachrichten betrifft, die er mir zukommen ließ...«
»Betreffen sie die Nazis?« Saul klang überrascht. »Er hat dir tatsächlich davon erzählt?«
»Von welchen Nazis?« Misha drückte den Hörer fester an sein Ohr. »Wovon redest du überhaupt?«
»Von Nazi-Kriegsverbrechern. Sie sind der Grund, weshalb Joseph untergetaucht ist. Er und Ephraim Avidan und die anderen ehemaligen Mossad-Agenten, deren Namen auf deiner Liste stehen, haben herausgefunden, wo sich eine Reihe von Kriegsverbrechern versteckt halten. Sie haben sich
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