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schließlich doch einen Schluck Wasser gönnte. Über dieses Wechselspiel von Lust und Schmerz dachte er ausgiebig nach, um schließlich zu dem Ergebnis zu gelangen, daß der Genuß beim Trinken von Gott als Überlebensmechanismus geschaffen worden war. Wenn er sich diesen Grund versagt hätte, wenn er keine Flüssigkeit zu sich genommen hätte, wäre er gestorben. Aber das wäre Selbstmord gewesen, und Selbstmord war die schlimmste aller Sünden.
In seinem geschwächten Zustand reihten die Gedanken sich im Spiel freier Assoziationen aneinander. Lust, Schmerz. Arlene und das Gefühl, von ihr getrennt zu sein. Unter anderen Umständen hätte er sich nichts Schöneres vorstellen können, als den Rest seines Lebens an Arlenes Seite zu verbringen. Aber das hatte die Bruderschaft vom Stein unmöglich gemacht. Um Drew das Leben zu retten, hatte Arlenes Bruder ein Mitglied der Bruderschaft getötet; und um seinen Retter zu schützen, hatte Drew dafür gesorgt, daß er für die Tat verantwortlich gemacht wurde. Dies wiederum hatte zur Folge gehabt, daß er sich nun ständig auf der Flucht befand. In seiner Sehnsucht nach Liebe hatte Drew um seiner Liebe anderer Art willen sich selbst geopfert.
Er versuchte sich zu bewegen, sich zur Quelle zu schleppen, aber er war unfähig, sich von der Stelle zu rühren. Seine Lippen waren aufgeplatzt vor Durst. Da er schon seit langem keine Nahrung mehr zu sich genommen hatte, war sein Körper völlig entkräftet. Alles um ihn herum begann sich zu drehen. Von der zunehmenden Hitze verscheucht, huschte die Echse unter ihren Felsen. Mehr und mehr verlor Drew jedes Zeitgefühl.
Ein Schatten schob sich vor den Höhleneingang. Ging bereits die Sonne unter? Oder habe ich Halluzinationen, fragte sich Drew besorgt. Denn der Schatten entpuppte sich als eine menschliche Silhouette - die erste Silhouette dieser Art, seit er sich in die Einsamkeit der Höhle zurückgezogen hatte. Das konnte doch nicht sein.
Doch der Schatten - er wurde zunehmend länger - nahm tatsächlich menschliche Umrisse an.
Aber das konnte doch auf keinen Fall...
2
Als sie die Echse unter den Felsen davonhuschen sah, stieß Arlene leise hervor: »Verflucht.« Gleichzeitig stieg der Verdacht in ihr auf, daß man ihr falsche Hinweise gegeben hatte. Das häßliche Reptil hätte sich wohl kaum diesen Sonnenplatz ausgesucht, wenn die Höhle bewohnt gewesen wäre.
Entmutigt blieb sie einen Moment stehen. Doch die Hitze der Sonne, die erbarmungslos auf sie niederbrannte, trieb sie weiter. Sie stapfte das letzte Stück zum Eingang der Höhle hinauf und spähte in ihr Dunkel hinein. Die Stille, die ihr von dort entgegenschlug, bestärkte sie in ihrem Verdacht.
Die Frage war nun, ob sie versehentlich oder mit Absicht in die Irre geleitet worden war. Am Morgen des Tags zuvor, zwei Stunden, nachdem sie vom nächstgelegenen Dorf aufgebrochen war, hatte ihr Leihwagen plötzlich den Geist aufgegeben. Da sie einiges von Motoren verstand, hatte sie die Kühlerhaube hochgeklappt und nach dem Schaden gesucht, ohne jedoch dessen Ursache feststellen zu können. Sie überlegte, ob sie ins Dorf zurückkehren sollte; allerdings hätte sie für die Strecke zu Fuß mindestens einen halben Tag benötigt. Und nur wenig länger hätte sie gebraucht, um ihr eigentliches Ziel zu erreichen. Sie hatte vor Verlassen des Dorfs ihre Feldflasche aufgefüllt und wußte aus Erfahrung, daß dieser Vorrat ausreichen würde, wenn sie ihn gut einteilte.
In der größten Mittagshitze hatte sie zwischen zwei Felsen eine dünne Plane gespannt, um eine kurze Rast einzulegen.
Und dann hörte sie plötzlich das leise Knirschen von vorsichtigen Schritten im Sand; sie näherten sich ihr von rechts und von hinten. Ihr zögerndes, bedächtiges Nahen war Warnung genug. Allerdings wollte sie sich nicht mit ihrer Schußwaffe zur Wehr setzen, da die Schüsse in der Wüste sicher kilometerweit zu hören gewesen wären und vielleicht nur weitere Räuber angelockt hätten. Also hatte sie die Überraschte und Wehrlose gespielt, als die beiden Araber - sie trugen weite, von der Sonne gebleichte Gewänder und Kopftücher - mit vorgehaltenen Pistolen auf sie zutraten und sie mit energischen Handbewegungen aufforderten, sich auszuziehen. Nachdem sie ihnen, um sie abzulenken, einen kurzen Blick auf ihre Brüste gewährt hatte, wirbelte sie unvermutet herum und brach einem Angreifer mit einem gezielten Tritt das Handgelenk der Hand, in der er die Waffe hielt, um dann wie ein Derwisch
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