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auf der reglosen Wasseroberfläche beiseite und tauchte ihr Gesicht ein. Das Wasser war warm und hatte keine erfrischende Wirkung. Dennoch spürte sie, wie ihr Körper die Flüssigkeit begierig aufsog.
Rasch füllte sie die Feldflasche. Zehn Minuten später duckte sie sich wieder in den Eingang der Höhle.
Drew lag flach auf dem Rücken. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er ein Grinsen. »Hab ganz vergessen ...«
»Ich weiß, was du mir zu sagen vergessen hast. Aber ich habe die Quelle trotzdem gefunden.«
Sie führte die Feldflasche an seine Lippen. Er trank begierig. Und auch sie genehmigte sich noch einen Schluck Wasser.
Damit blieb immer noch das Problem, was sie essen sollten. Zwar hatte sie in ihrem Rucksack einen kleinen Notproviant aus Trockenfrüchten, Erdnüssen und gedörrtem Rindfleisch bei sich, doch das würde kaum für sie beide ausreichen, um durch die Wüste bis ins nächste Dorf zu gelangen.
Nachdem sie Drew neuerlich einen Schluck Wasser gegeben hatte und seine Lebensgeister sich wieder zu regen begannen, schöpfte auch sie neue Hoffnung.
»Weshalb bist du hierher gekommen?« fragte Drew.
»Ist das denn nicht offensichtlich?«
Er schüttelte den Kopf.
»Weil ich dich liebe«, erklärte sie darauf.
Von heftigen Gefühlen überwältigt, holte er tief Luft. »Liebe... Ja.« Er hatte Mühe weiterzusprechen. »Aber wie hast du mich gefunden?«
»Mit Ausdauer.«
»Das verstehe ich nicht.« Es kostete ihn noch immer Mühe zu sprechen. »Ich dachte, ich hätte meine Spuren verwischt.«
Sie nickte.
»Wie hast du mich dann...?«
»Durch die Bruderschaft.«
Drew erschauerte.
5
»Du bist vor ihnen geflohen«, erklärte sie, »um meinem Bruder das Leben zu retten. Weil er dir das deine gerettet hat. Du dachtest, du hättest sie abgeschüttelt. Aber dem ist nicht so.«
Sie holte eine Tüte Erdnüsse aus ihrem Rucksack. Nachdem sie sich ein paar in den Mund gesteckt hatte, kaute sie lange darauf herum. - Drew streckte die Hand nach der Tüte aus.
»Versprich mir, sie nicht gleich hinunterzuschlucken«, warnte ihn Arlene.
Er nickte.
Sie steckte ihm eine Erdnuß zwischen die Lippen. »Wenn du nicht so verfressen wärst, würde ich dich jetzt küssen.«
»Mit deinen Drohungen wirst du bei mir nicht weit kommen.« Er sackte wieder in sich zusammen. »Die Bruderschaft?«
»Sie sind dir von dem Augenblick an, als du mich in New York verlassen hattest, auf den Fersen gewesen. Du dachtest, sie hätten dich aus den Augen verloren, weil sie nichts gegen dich unternommen haben. Aber sie haben immer gewußt, wo du dich aufgehalten hast.«
»Und woher weißt du das?«
»Weil mir vor zwei Wochen einer von ihnen einen Besuch abgestattet hat.«
Drew stöhnte auf. »Demnach war also das alles hier umsonst?«
»Nein, es hat dir das Leben gerettet«, erwiderte Arlene. »Der Pater hat mir erklärt, die Bruderschaft wäre zu der Überzeugung gelangt, dein Einsiedlerdasein hier wäre schlimmer als jede Strafe, die sie sich für dich ausdenken hätten können. Und wenn ich dich so ansehe, muß ich sagen, daß sie damit keineswegs Unrecht hatten.«
Sein erbarmungswürdiger Zustand machte ihr große Sorge. Mit seinem ausgemergelten Körper, seinem eingefallenen Gesicht, dem hüftlangen Haar und dem zerzausten Bart wirkte er wie ein lebendiges Skelett. »Du mußt wieder zu Kräften kommen. Glaubst du, dein Magen wird noch eine Erdnuß verkraften?«
»Das will ich hoffen. Ich brauche das Salz.«
Sie steckte ihm eine weitere Erdnuß zwischen die Lippen und kaute dann selbst auf einem Stück gedörrtem Rindfleisch herum. »Der Pater hat mir erzählt, die Bruderschaft hätte beschlossen, daß du für den Tod ihres Agenten genügend gebüßt hättest.«
Ungläubig starrte Drew sie an.
»Du hast mir doch versprochen, daß du irgendwann während der Fastenzeit zu mir zurückkehren würdest«, fuhr Arlene fort und küßte ihn zärtlich auf die Stirn. »Jeden Tag vor Ostern habe ich auf deine Rückkehr gewartet und gehofft. Als du jedoch nach dem ersten Jahr nicht kamst, fürchtete ich, daß du nie mehr kommen würdest.«
»Je mehr ich versucht habe, dich zu vergessen, desto mehr mußte ich an dich denken.«
»Ich liebe dich.«
Zitternd berührte Drew ihren Arm. »Und nun ist mein Exil zu Ende? Sie haben mich tatsächlich begnadigt?«
Sie zögerte.
»Was hast du denn?«
»Begnadigt ist nicht ganz der richtige Ausdruck«, antwortete sie. »Sie wollen etwas von dir. Der Pater hat es so ausgedrückt: Du
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