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Titel: Autor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ließ sich ganz von seinen Instinkten leiten. Jetzt zählte nur noch Bewegung, Flucht. Saul begriff sofort, weshalb Erika das Feuer nicht erwiderte. Sie sah nirgendwo ein Ziel, und selbst wenn dem so gewesen wäre, hätten ihr die Bäume das Zielen wesentlich erschwert.
    Die Luft hatte sich abgekühlt. Wolken waren aufgezogen. Und dann klatschten die ersten Regentropfen auf die Ärmel von Sauls Hemd. Er preßte den Karton mit Avidans Hinterlassenschaft fester an sich. Zum Glück war er in Plastik gewickelt. Binnen kürzester Zeit war Saul vom Regen bis auf die Haut durchnäßt. Er zitterte vor Kälte. Inzwischen türmten sich schwarze Gewitterwolken über dem Tal auf.
    Sie erreichten ein Plateau, hinter dem es jedoch weiter nach oben ging. Die Wolken wurden immer dunkler und bedrohlicher, der Regen immer stärker. Fast wäre der Schuß, der nun von rechts fiel, im Prasseln des Wolkenbruchs untergegangen. Die Kugel schlug dicht hinter Saul in einen Baumstamm.
    Von panischer Angst vorangetrieben, hetzte die Frau weiter nach oben. Saul hatte Mühe, ihr zu folgen. Sie führte sie immer weiter den Berg hinauf. Der Hang wurde steiler. Saul schätzte, daß sie sich inzwischen in mindestens zwei-einhalbtausend Metern Höhe befanden. Die dünne Luft erschwerte ihm das Atmen. Er bekam nicht mehr genügend Sauerstoff, so daß ihn ein leichtes Schwindelgefühl befiel. Zweimal stürzte er und mußte sich von Erika aufhelfen lassen. Als kurz darauf auch Erika hinfiel, mußte er ihr helfen. Sein Schädel drohte zu zerspringen. Aber die Frau eilte ihnen, flink wie eine Bergziege, weiter voraus.
    Nach einer Weile begann sich der Baumbestand zu lichten; der Boden wurde zunehmend steiniger. Und dann wurde Saul in seinem leicht benebelten Zustand bewußt, daß sie die Baumgrenze hinter sich gelassen hatten. Über ihnen befanden sich nun nur noch nackter Fels und schneebedeckte Berggipfel.
    Wir sitzen in der Falle, dachte Saul. Wir können nicht mehr höher hinauf. Wir werden wegen Sauerstoffmangels umkippen.
    Oder erfrieren. Der Regen, der ihn bis auf die Haut durchnäßt hatte, war inzwischen in Schnee übergegangen. In dieser Höhe war ein Schneesturm auch im Juni keine Seltenheit. Und sie trugen nur leichte Sommerkleidung. Tief unter ihnen, im Tal, würde dieser plötzliche Wettersturz die Berge nur um so wilder und malerischer erscheinen lassen, während dem Unwetter hier oben, wo sie Wind und Wetter schutzlos preisgegeben waren, eindeutig etwas Lebensbedrohliches anhaftete. Sein Hemd war bereits von Schnee bedeckt, seine Augenbrauen waren vereist, und seine Hände wurden von der Kälte zunehmend gefühlloser.
    Wir werden hier oben sterben, durchzuckte es Saul. Selbst wenn es uns gelingen sollte, den Abstieg ins Tal zu schaffen, lauern uns diese drei Männer irgendwo im Wald auf, um uns aus dem Hinterhalt zu erschießen.
    Das Grau der Felsen über ihnen war inzwischen unter einer dünnen Schneeschicht verschwunden. Doch trotz des schneidenden Winds kletterte die Frau unbeirrbar weiter nach oben. Sie muß verrückt geworden sein, dachte Saul. Sie hat solche Angst vor diesen drei Männern, daß sie immer weiter den Berg hinaufsteigt, bis sie irgendwann zusammenbricht und nicht mehr weiterkann. Währenddessen werden sich unsere Verfolger irgendwo im Schutz der Bäume auf die Lauer legen und warten, bis das Unwetter vorbei ist und wir hier oben erfroren sind. Sie werden unsere Leichen einfach an Ort und Stelle liegen lassen und wieder ins Tal hinabsteigen. Im Juli, wenn der Schnee geschmolzen ist, werden uns dann irgendwann ein paar Bergsteiger finden und denken, daß der Berg wieder einmal ein paar Opfer gefordert hat.
    Diese Vorstellung ließ in Saul erbitterte Wut aufsteigen, die ihn anstachelte, der Frau weiter zu folgen. Das Schneetreiben ließ vorübergehend so weit nach, daß er erkennen konnte, daß sie ein weiteres Felsplateau erreicht hatten. Die Frau ging immer weiter.
    Doch plötzlich blieb sie vor einer massiven Holztür in einer Felswand stehen.
    Als die Frau die Tür öffnete, tat sich dahinter eine dunkle Höhle auf, die vom Wetter überraschten Bergsteigern als Unterschlupf dienen sollte.
    Als Saul zögerte, durch die Tür zu treten, drängte die Frau: »Die Tür ist fünf Zentimeter dick. Sie hält jede Kugel ab. Diese Männer werden hier oben erfrieren, wenn sie denken, sie könnten so lange warten, bis wir hier wieder rauskommen.«
    Saul konnte ihre Überlegung sehr gut verstehen. Sie war in dieser Umgebung

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