Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon
Belina, die am Eingang stand und sie auf ihrer Reise begleiten würde.
Sie nahm ihren Beutel, und Prasutagos und Boudicca umarmten sie – zusammen. Das würden die beiden nun für immer sein – zusammen.
»Meine Herrin, ich danke dir für alles, was du getan hast«, sagte der König leise.
»Lhiannon …« Boudiccas Stimme versagte. »Pass auf dich auf. Pass auf dich auf!«
Lhiannon fand keine Worte. Sie küsste beide und ging hinaus in das blendende Licht der Sonne.
Boudicca stützte sich auf das obere Gestänge des Zauns, der rings um die heimischen Auen in Dun Garo führte, und sah zu, wie Roud anmutig über das Gras stolzierte. Ihr fuchsbraunes Fell leuchtete in der Sonne. Hin und wieder blieb die Stute stehen, riss ein Maulvoll Gras aus, schlug kokett mit dem Schwanz und drehte sich um, um zu sehen, ob der graue Hengst des Königs ihr folgte. Dass die rote Stute mittlerweile geschlechtsreif und damit rossig geworden war, hatte Boudicca bis dahin noch gar nicht bemerkt. Sie fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis der Hengst sie deckte und sie trächtig war.
… und wie lange wird es wohl dauern, bis Prasutagos das Gleiche mit mir gelingt?, dachte sie weiter und spürte, wie bei diesem Gedanken sogleich ihr Blut in Wallung geriet und sie puterrot wurde. Ihre Erinnerungen an das Beltane-Fest an sich waren nur bruchstückhaft, doch die Erinnerung an die süße Mannhaftigkeit, mit der ihr Gemahl sie seither jede Nacht aufs Neue beglückte, ließ sie vor Sehnsucht vergehen. Und als hätte ihn allein der Gedanke daran gerufen, spürte Boudicca intuitiv – ein Gespür, das sie zuvor nicht gehabt hatte –, dass er sich in diesem Augenblick näherte.
Sie drehte den Kopf, sah ihm lächelnd entgegen. Wie hatte sie jemals diesen federnden Gang sehen können, ohne sich nach dem starken Körper zu verzehren? Wie hatte sie jemals in dieses felsenstarre Gesicht blicken können, ohne es zum Lächeln bringen zu wollen?
»Schön, dich hier zu sehen, meine Liebe.« Er spitzte die Lippen, als er ihre Schwingungen spürte. »Nun, König und Königin sollen dem Königreich ja fruchtbar sein, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde.«
Lachend wiegte sie ihre Hüften, so wie die Stute das tat, trat einen Schritt zurück, sodass ihre Hinterbacken in seine Leistenbeuge stießen. Sie fühlte, wie er steif wurde, und bewegte sich rasch wieder weg. Am Beltane-Fest hatte sie zwar nackt vor dem versammelten Stamm getanzt, aber jetzt und hier konnte sie das unmöglich tun.
»Gute Idee«, sagte er ein wenig atemlos. »Ein König sollte Selbstbeherrschung, Männlichkeit und Potenz demonstrieren – und wenn ich dich jetzt berühre, dann wirst du auf der Stelle schwach und liegst hier vor mir im Gras …«
»Stimmt …«, sagte sie, erregt vor lauter Begierde. Er holte tief Luft und sah ihr in die Augen. Sie berührten sich nicht, aber sie spürte ihn so stark, als wäre er in sie eingedrungen – ein Gefühl, das nicht Wollust war, zumindest nicht Wollust allein. »Was ist mit uns passiert?«
Prasutagos schluckte. Was immer es war, auch er war diesem Gefühl verfallen. »König und Königin sollten sich gegenseitige Achtung und Ehre entgegenbringen«, sagte er, als memoriere er eine alte Verhaltensweisheit. »Ich hätte nie zu hoffen gewagt …«
»Dass es Liebe ist …«, keuchte sie, benannte das Gefühl, ließ es zu und nahm es schließlich an. Ein Strahlen erhellte sein Gesicht, als er erkannte, dass dies gegenseitige Vergebung bedeutete für alles, was zwischen ihnen gestanden hatte, und ein Versprechen für alles, was noch kommen sollte.
Ich schulde der Göttin der Heiligen Quelle eine Entschuldigung, dachte Boudicca im Stillen.
Lhiannon beugte sich nieder, um den Wasserbeutel aufzufüllen, unterdrückte eine spontane Regung, die Schuhe auszuziehen und die Füße in den Teich zu tauchen. Es ziemte sich nicht, die Geister des Frühlings zu erzürnen. Ihr Pferd hatte am Morgen gelahmt, woraufhin sie es beim Halfter genommen hatte und den Rest des Tags zu Fuß weitergegangen war. An den Birken, die um das Wasser standen, flatterten ein paar Stoffbänder. Die Einheimischen, von denen sie Milch und Käse bekommen hatten, nannten den Ort Vernemeton.
Sie setzte sich, sog die kühle, feuchte Luft tief ein. Welch himmlische Ruhe hier herrschte! Sie wünschte, sie könnte noch länger verweilen, sagte sich aber sogleich, dass dieser Wunsch wohl nur ihrer Reisemüdigkeit entsprang. Trotzdem – je
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