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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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… als du mir verziehen hast, sie in deinen Schoß gepflanzt zu haben …«
    Boudicca blinzelte ein paar Tränen weg. »Im Pferch habe ich fremde Pferde stehen sehen«, sagte sie mit aufgesetzter Heiterkeit. »Haben wir Besucher?«
    »Einen für dich … und einen für mich.« Seine Lippen zuckten. »Oder vielleicht … sind sie ja auch beide für mich … obwohl ich nur einen habe rufen lassen …« Sein Atem stockte jäh, und seine Brust hob sich schwer, als er nach Luft rang.
    »Atme!« Boudicca beugte sich über ihn, hauchte ihm Stärke ein und wurde belohnt – ein zittriger Atemzug entrang sich seiner Brust. »Schsch … nicht sprechen!«
    »Das vergeht gleich wieder, meine Königin«, sagte da eine Stimme. Die Vorhänge wurden beiseitegeschoben, und ein großer, schlanker Mann in weißer Robe trat auf sie zu. Er nahm das Handgelenk des Königs und fühlte seinen Puls.
    Boudicca starrte ihn an, und ganz allmählich dämmerte ihr, dass sie diesen Mann kannte – die hageren Züge, die feingliedrigen Händen gehörten einem Mann, den sie zuletzt vor einer halben Ewigkeit auf Mona gesehen hatte. Sein schwarzes Haar war seither kaum grauer geworden.
    »Brangenos! Was tust du denn hier?«
    »Ich bin deinem Ruf gefolgt, meine Liebe«, erwiderte er. »Ich bin als Heiler ausgebildet – ich gebrauche Heilmittel, um den Körper gesund zu machen, und Gesang für die Seele.« Er blickte hinunter auf Prasutagos, der in Schlaf gesunken zu sein schien, und zog Boudicca beiseite. »Ich kann die Schmerzen des Königs zwar lindern, aber Musik ist das beste Heilmittel, das ich jetzt im Augenblick bieten kann.«
    »Stirbt er?« Sie schloss die Augen, als er schweigend nickte.
    »Gib nicht dir die Schuld, meine Königin. Auch wenn ich früher gekommen wäre, hätte ich nichts ausrichten können. Es ist nicht nur der Husten, die Krankheit reicht tiefer. Er hat mir erzählt, dass ihn vor ein paar Jahren ein Pferd in die Seite getreten hat. Das könnte die Hauptursache der Erkrankung sein, aber vielleicht gibt es auch noch andere Gründe, die wir nicht kennen.«
    »Aber er schien so heiter«, sagte sie schwach.
    »Er weiß, was ihm bevorsteht, aber er wird dir seinen Schmerz nicht zeigen. Noch nicht. Du hast auf Mona manches gelernt – an das du dich bald wirst erinnern müssen. Er wird kämpfen – und leiden, bis du ihn loslässt. Du musst seine Göttin sein, meine Liebe, und ihm seine Geburt in der Jenseitigen Welt erleichtern …«
    Boudicca schüttelte den Kopf. Ich erinnere mich an gar nichts … ich bin keine Priesterin … ich kann ihn nicht gehen lassen …
    »Musst du auch noch nicht …« Ein schwaches Wispern kam vom Bett, und Boudicca und Brangenos drehten sich um. »Wir haben noch etwas zu tun …«
    »Gewiss doch, mein König.« Der Druide neigte das Haupt. »Willst du den Römer hereinbitten?«
    »Während du dich um das seelische Wohl unserer Töchter gekümmert hast … habe ich versucht … ihre Erbschaft zu sichern«, sagte Prasutagos, als Boudicca erstaunt die Brauen hob.
    Sie setzte sich neben ihn aufs Bett, als der Vorhang erneut beiseitegezogen wurde und Brangenos wieder erschien, diesmal gefolgt von Bituitos, Crispus und einem kahlköpfigen Mann in einer römischen Tunika, der sie mit einer Mischung aus Hochachtung und ahnungsvoller Angst betrachtete.
    Was will der denn hier? Was sieht der mich so an? Sie zwang sich zu einer etwas freundlicheren Miene. Ich tu dir doch gar nichts, kleiner Mann, auch wenn ich dich nicht hergebeten habe.
    »Das ist Junius Antonius Calvus, Advokat aus Londinium«, sagte Crispus auf Britannisch und fügte dann auf Latein hinzu: »Herr, das ist die Königin.«
    »Sie spricht unsere Sprache?«, fragte Calvus, als könne er es kaum glauben.
    Boudicca verzerrte die Lippen zu einem Lächeln.
    »Ja, das tut sie, im Gegensatz zu Bituitos hier. Ich werde deshalb übersetzen, damit er als Zeuge dienen kann.«
    Der Advokat räusperte sich. »Also schön. Herrin, dein Gemahl hat mich gebeten, nach unserem Brauch einen Letzten Willen aufzunehmen, da er Klientelkönig des Kaisers und ein Freund Roms ist. Üblicherweise hätte dies längst erfolgen und die entsprechenden Urkunden nach Rom gesendet werden müssen zur Aufbewahrung im Tempel der Vesta. Aber wir können sie vorläufig auch im Amtssitz des Prokurators aufbewahren.« Er öffnete den Ledertornister, den er seitlich am Gürtel bei sich trug, und zog eine Schriftrolle heraus.
    Boudicca versuchte, dem klangvollen vorgetragenen Latein

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