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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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der Stille Teich. Trotzdem war ihr das Gesicht, das ihr jetzt entgegenblickte, völlig fremd. An den Schläfen war ihr Haar mit dunkelroten Bändern nach hinten geflochten, und der Rest ihrer kupfergoldenen Mähne fiel wallend über ihren Rücken. Die kunstvoll aufgetragene römische Schminke ließ ihre Lippen tiefrot erscheinen und unterstrich ihre Augenbrauen.
    Ein dünnes Leinengewand betonte die Linien ihres Körpers und warf elegante Falten. Das mit Krappwurzel rot gefärbte Gewand war mit goldenen Spangen zusammengesteckt und mit goldenen Bändern umgürtet. Goldene Ohrringe, eine Halskette aus gewundenen Goldbändern sowie ein Umhang, der in den Farben ihres Stammes in Rot, Braun und Gelb gewebt war, vervollkommneten ihr Gesamterscheinungsbild.
    »Darin werde ich schwitzen«, sagte Boudicca und versuchte, den wollenen Umhang wieder abzulegen.
    »Dann roll ihn zusammen und setz dich darauf, wenn du nicht gerade mit dem Weinkrug herumgehen musst«, antwortete ihre Mutter mit scharfer Zunge.
    »Ich fühle mich geehrt«, gab Boudicca trocken zurück und musste unmittelbar an das letzte Mal denken, als sie die Könige bedient hatte. Von allen, die damals dem Ruf des Erzdruiden gefolgt waren, um einen Plan zur Verteidigung Britanniens zu ersinnen, war Togodumnos tot, Caratac untergetaucht, und die Könige der Durotriger und Belgen warteten ab, um zu sehen, wo die Krallen des römischen Adlers als Nächstes niedergehen würden. Von denen, deren Becher sie heute Abend füllen würde, kannte sie nur Prasutagos, der durch den Tod seines Bruders zum König der nördlichen Icener geworden war.
    »Nun, das solltest du auch«, sagte ihre Mutter heiter. »Die meisten von ihnen haben natürlich schon ihre Königin gefunden, aber sie haben ja auch noch Söhne und Brüder – ich habe keinen Zweifel, dass wir dich gut verheiraten werden.«
    Boudicca holte tief Luft und war dankbar, von den Druiden ein Stück Selbstbeherrschung gelernt zu haben. »Und was, wenn ich es vorziehe, nicht zu heiraten? Als ihr mich nach Mona geschickt habt, müsst ihr doch damit gerechnet haben, dass ich möglicherweise für immer dort bleibe?«
    »Aber … du bist zurückgekehrt …«
    Als sie sah, wie sich das Gesicht ihrer Mutter gramvoll in tiefe Falten zog, streckte sie tröstend die Hand nach ihr aus. Zwei ihrer Brüder waren Togodumnos in die Schlacht an der Tamesa gefolgt und gestorben. Dieser Schmerz nagte noch immer tief in ihr, und da brauchte sie keine Tochter, die ihr jetzt zusätzlich Kummer bereitete.
    »Ich verspreche dir, ich werde es versuchen. Ich werde dir heute Abend keine Schande machen, und ich werde mir alle Anträge anhören.«
    »Als du noch klein warst, haben wir dich unser ›Füllen‹ genannt, weil du ein richtiger Wildfang warst«, sagte ihre Mutter und schüttelte seufzend den Kopf. »Ich hatte gehofft, das hätte sich gelegt. Aber wenigstens siehst du aus, wie es sich für eine königliche Frau geziemt.«
    Und mit diesen versöhnlichen Worten war der Frieden zwischen ihnen wiederhergestellt. Schweigend folgte Boudicca ihrer Mutter zum Feuerkreis, wo lange Tücher das Festgemach unter freiem Himmel verhängten.
    Boudicca war nicht die einzige königliche Frau, die so spät zu den Feierlichkeiten gekommen war. Die Gesandtschaft der Briganten war erst am Nachmittag eingetroffen. Und auch Lhiannon, die sich unter den Icenern ziemlich überflüssig vorkam, bahnte sich kurz vor Beginn des Festes einen Weg durch die Menge von Zelten und Wagen, bis sie die Fahne mit dem schwarzen Pferd vor einem der Zelte wehen sah. Eigentlich hätte die Fahne eine ganze Herde von Pferden zeigen müssen, denn die Briganten waren genau genommen kein einzelner Stamm, sondern ein Zusammenschluss mehrerer Stammessippen, die sich eigentlich erst durch die Heirat von Cartimandua mit Venutios vereint hatten. Lhiannon kannte die Königin der Briganten seit Kindertagen. Sie hatten damals eine Zeit zusammen im Haus der Priesterschülerinnen auf Mona gelebt, und sie war gespannt zu sehen, ob Cartimandua sich verändert hatte.
    Das war offenkundig nicht der Fall, denn als sie näher kam, vernahm sie die altbekannte forsche, hohe Stimme, die ein ganzes Wortgeklapper an Anweisungen von sich gab. Eine Dienstmagd stieß wie ein Pfeil durch den Eingang, war blitzschnell verschwunden, und Lhiannon nutzte den Augenblick, um sich ins Zelt zu stehlen.
    »Willkommen in Camulodunon, meine Königin«, sagte sie leise.
    Cartimandua fuhr herum, wobei ihr glänzend

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