Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon
ungebärdig, während sie vernahm, wie das gemurmelte Einverständnis des Mannes neben ihr mit ihrem eigenen verschmolz, als der druidische Priester ihnen das Band um die Handgelenke schlang und sie aneinandergebunden waren. Gebunden hatte sie sich bereits zuvor, von dem Augenblick an, da sie Lhiannon ihren Entschluss mitgeteilt hatte, nicht mit ihr zurück nach Mona zu gehen.
»Sprecht nun das Gelübde, das euch verbinden soll.«
Zum ersten Mal, seit sie den Heiligen Kreis betreten hatten, sah Prasutagos sie an und ließ den Blick auf ihr ruhen. Mit der Zeit werde ich diesen Mann durch und durch kennen – und dann, mit einem Zittern: Und er mich …
»Ich, Prasutagos, gelobe dir, Boudicca, als dein Gemahl zu leben.«
Sie holte tief Luft und antwortete:
»Ich, Boudicca, gelobe dir, Prasutagos, als deine Gemahlin zu leben.« Und gemeinsam sprachen sie weitere gelobende Worte.
»Dein Heim soll mein Heim sein, dein Bett soll mein Bett sein. Deine Treue werde ich mit Liebe erwidern, und für deine Liebe schenke ich dir meine Treue. Das schwöre ich beim Kreis des Lebens, bei Erde und Feuer, bei Wind und Wasser und bei den heiligen Göttern.«
»Ich bin dein Diener und dein Schwert«, sagte Prasutagos.
Und Boudicca erwiderte: »Ich bin dein Schild und dein Schoß.«
Die Königin hielt ihnen einen Brotlaib entgegen, gebacken aus Getreide, das teils von den Feldern ihres Vaters und teils von den Feldern Prasutagos’ stammte.
»Aus der Erde, die euch geboren hat, ist dieses Brot gebacken«, rief der Druide. »Viele Körner wurden gemahlen, um ein Laib zu werden. Möge eure Verbindung fruchtbar sein; mögen euch reiche Gaben beschert sein, in Feld und Wald, auf Acker und Weide, im ganzen Land, das ihr beherrscht.« Trotz seines hohen Alters klang die Stimme des Druiden voll und kräftig.
Boudicca brach eine Ecke vom Laib, ließ ein paar Krumen auf den Boden und ins Feuer fallen, und legte den Rest ihrem Gemahl in den Mund.
»So wie ich dieses Brot breche, so will ich dich ein Leben lang nähren«, sagte sie.
»So wie ich es annehme, so soll mein Körper eins werden mit dem deinen«, antwortete er.
Dann wurde das Brot an Prasutagos gereicht, der ebenfalls ein Stück davon abbrach. Boudicca schluckte die groben Körner und war sich plötzlich der körperlichen Präsenz ihres Gemahls äußerst bewusst.
Der Druide nahm den Rest des Laibs an sich und zerkrümelte ihn über ihren Häuptern. Sie hatte das Gefühl, als könne sie jedes Korn einzeln spüren.
Dann trat der König vor mit einer fein gemeißelten Gagatschale, die mit Wasser gefüllt war.
»Dieses Wasser ist das Blut der Erde, geschöpft aus zwei Heiligen Quellen«, sagte der Druide. »So wie diese beiden Wasser zu einem wurden, so mögen eure Seelen verschmelzen und die Quellen, die euer Land speisen, stets rein und klar sprudeln.«
Der König reichte die Schale an Prasutagos, der ein paar Spritzer auf die Erde und ins Feuer gab. Wie im Brotlaib, so verband sich auch im Wasser ein Stück aus ihrer Heimat mit der seinen.
»So wie ich dieses Wasser vergieße, so vergieße ich meine Seele in die deine.«
»So wie ich dieses Wasser trinke, so verbindet sich meine Seele mit der deinen«, erwiderte sie.
Prasutagos hob die Schale an Boudiccas Lippen, und sie trank. Dann reichte der Druide ihr die Schale. Während sie die gleichen Worte sprach, spürte sie, wie ihr die Augen feucht wurden und sie eine plötzliche Rührung übermannte, während sie versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.
Als es vorbei war, stellte der Druide die Schale beiseite und drehte beide einander zu. »Die freie Luft des Himmels ist der Atem der Ahnen. Atmet tief ein, lasst euch von ihrem Geist erfüllen, tragt ihn in euch, und schenkt ihn einander.«
Es stimmte, dachte sie, als sie die aufgeladene Luft tief in ihre Lungen sog. Wenn die Erde geschaffen war aus dem Staub aller, die je gelebt hatten, dann erfüllte deren Atem diese Luft, Generation für Generation, änderte und wandelte sich, füllte und entleerte sich, mit jeder Geburt und jedem Tod.
Für eine Frau war Boudicca recht groß, aber Prasutagos überragte sie noch um ein gutes Stück. Mit der freien Hand hob er ihr Kinn an. Sie riss sich zusammen, spürte das Kitzeln seines Bartes, als er seine Lippen auf die ihren legte. Sie waren trocken und kühl, und fordernd. Bald schon wird er das Recht haben, mehr zu fordern als einen Kuss, sagte sie sich, zwang sich, ihre Lippen zu öffnen und den Kuss zu
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