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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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dem Feuer ächzen und mit einem lauten Krachen zu Boden fallen. Und schon schlug das nächste Geschoss ein, brachte die restlichen Balken zum Wackeln; doch sie hielten stand, gestützt von den aufgehäuften Steinen dahinter, und zersplitterten erst unter der gewaltigen Wucht eines dritten Einschlags. Ein neuerlicher Geschosshagel brachte die Reihen der Verteidiger ins Taumeln, und erste feindliche Krieger drängten vorbei.
    Sie wich zurück, kauerte am Boden unter dem überhängenden Dach des Rundhauses – sie musste das Geschehen verfolgen! Immer mehr Römer drängten durch die Lücken in den Reihen. Stahl klirrte, als Römer und Britannier aufeinanderstießen. Sie hörte Caratac einen Kriegsschrei ausstoßen. Da schlitterte ein Schwert über den Boden, direkt vor ihre Füße. Sie hob es auf, ließ es aber gleich wieder fallen. Nein, sie würde es nicht erheben – sie war Heilerin; ihr Herz war zerrissen vor Angst und Schmerz, doch selbst jetzt regte sich nichts in ihr, das den Zorn der Morrigan erwidert hätte.
    Die geschlossene Schlachtreihe der Römer rückte vor, geradewegs auf sie zu. Die Reihen der Verteidiger lösten sich auf, schwärmten in alle Richtungen. Mitten im Tumult erblickte sie Caratac, der mit fester Hand sein Schwert schwang, etliche Römer über die Klinge springen ließ und sich freikämpfte. Da sah er sie kauernd am Boden hocken, sprang auf sie zu und zog sie in Sicherheit hinter das Haus.
    »Die werden weder mich kriegen noch dich, meine Herrin! An der Westseite ist die Palisade eingerissen. Komm mit!«
    Mit eisernem Griff packte er sie um die Mitte. Halb zog er sie, halb rannten sie, während sie sich durch das wilde Gefecht schlugen, immer in Deckung, von einem Haus zum anderen. Als sie in die Nähe der Palisade kamen, war ihr, als hätte sie mitten in dem wirren Haufen von Kriegern die weiße Robe von Ardanos gesehen. Sie wollte ihn rufen, war aber völlig außer Atem. Dann stieß Caratac sie durch eine Lücke in der völlig zersplitterten Palisade, doch sie stolperte, rutschte aus und rollte zurück, den Wall hinunter. Er kam ihr nach, um sie aufzufangen, zog sie ein Stück hinauf, doch er rutschte ebenfalls ab, und sie schlitterten immer weiter hinunter in die dunkle Tiefe.
    Lhiannon sah hinauf. Auf dem Hügel tobte ein riesiges Feuer, das mittlerweile fast alle Häuser erfasst hatte. Hitze- und Rauchschwaden verdunkelten den Himmel. Oder waren es Tränen, die ihren verschleierten Blick trübten?
    Eine kläffende Horde Hunde, fleckige, scheckige, graue, kam durch das Tor eines Gehöfts getollt, als Caratac seine Truppe den Feldweg hinaufführte, und vollführte ein ohrenbetäubendes Gebell in allen Tönen. Lhiannon schreckte auf, als ihr Pferd scheute, war zum ersten Mal seit Tagen aus ihren Gedanken gerüttelt. Ardanos würde bestimmt ein Wort der Macht kennen, um sie zu beruhigen, dachte sie traurig. König Caratac jedoch schlug einen Befehlston an. Die Hunde trollten sich jaulend, und als sie dann jemand rief, verstummten sie völlig und ließen schwanzwedelnd die Köpfe hängen. Lhiannons Herz hüpfte vor Freude, als sie hinter ihnen plötzlich eine weiße Robe erspähte, die Robe eines Druiden. Doch die hochgewachsene Gestalt darin hatte das Gesicht eines Jungen, auf dem der erste schwarze Bartflaum eines jungen Mannes spross.
    »Priesterin Lhiannon! Was tust du hier?«, rief er, und da erst erkannte sie ihn an der Stimme. Es war Rianor, der damals auf Mona zur gleichen Zeit wie Boudicca Priesterschüler gewesen war. Sein Blick wanderte über die Reihen der ermatteten Männer, und seine Miene verfinsterte sich.
    Vor ihm standen abgerissene Gestalten, viele mit Verbänden, Krieger, die nach der Einnahme der Festung durch die Römer entkommen und von Caratac in den ersten verzweifelten Tagen aufgelesen worden waren, als sie versucht hatten, den römischen Patrouillen auszuweichen. König Caratac war nicht mehr der vergnügte junge Mann, der damals auf Mona zu Besuch gewesen war, und auch nicht mehr der erschöpfte Krieger, der an der Tamesa seinen toten Bruder beweint hatte. Vielmehr blickte ihm über dem königlichen Halsring ein Gesicht entgegen, das nicht mehr war als ein ausgemergeltes Knochengerüst mit hohlen Augen, in denen ungebrochene Entschlossenheit loderte. Die unbändige Energie, mit der er sie aus der Festung getrieben hatte, war zwar gezügelt, brannte jedoch noch immer für ihre Sache.
    »Heilige Götter, ihr wart in der Festung – wir haben gehört, wie tapfer ihr

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