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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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trafen sich ihre Augen. Er starrte sie so kalt und zornig an, daß Morgaine errötend die Augen niederschlug. Nach seiner Musik, die ihre Seele ergriffen hatte, wollte sie des Spielers Gefühle nicht verletzen.
    Kevin erklärte unvermittelt: »Meine Herrin und ich sind immer glücklich, vor Menschen zu singen, die ihre Stimme lieben. Aber ich glaube, Ihr, Herrin, habt uns nicht nur hierher befohlen, um Euch die Zeit mit Musik zu vertreiben.«
    »Nicht nur«, erwiderte Viviane mit ihrer tiefen, klangvollen Stimme. »Aber Ihr habt uns eine Freude geschenkt, an die ich mich viele Jahre erinnern werde.«
    »Und ich«, sagte Morgaine so schüchtern, wie sie vorher mutig gewesen war, trat aber trotzdem näher und sah die Harfe genauer an, »ich habe noch nie eine solche Harfe gesehen.«
    »Das will ich gern glauben«, entgegnete Kevin, »denn sie wurde nach meinen eigenen Entwürfen gebaut. Der Harfner, bei dem ich mein Handwerk gelernt habe, rang darüber entsetzt die Hände, als hätte ich mich gegen die Götter versündigt. Er schwor, sie würde einen unheiligen Lärm bewirken, der höchstens dazu geeignet sei, den Feind zu vertreiben, wie die großen Kriegsharfen, die doppelt so hoch sind wie ein Mann. Früher stellte man sie in Gallien auf Anhöhen, und der Wind brachte so schreckliche Töne darauf hervor, daß es selbst die römischen Legionen mit der Angst zu tun bekamen, wie man sich erzählt. Ja, ich habe auf einer dieser Kriegsharfen gespielt… und ein dankbarer König gewährte mir die Gunst, eine Harfe nach meinen Vorstellungen bauen zu lassen…«
    Taliesin fiel ein: »Er spricht die Wahrheit«, und zu Viviane gewandt sagte er: »Als ich das erste Mal davon hörte, wollte ich es auch nicht glauben… welcher Sterbliche, welcher Mann sollte diese Ungeheuer spielen können?«
    »Ich tat es«, erklärte Kevin, »und der König ließ meine Herrin für mich bauen. Ich besitze noch eine kleinere in derselben Art, aber sie ist nicht so schön.«
    »Sie ist herrlich«, sagte Morgaine. »Woraus sind die Wirbel gefertigt? Aus Walroßzähnen?«
    Kevin schüttelte den Kopf. »Man sagte mir, sie sind aus den Zähnen eines riesenhaften Tieres gemacht, das in den warmen Ländern weit im Süden lebt«, erklärte er. »Ich weiß nur, das Material ist glatt, aber sehr hart und beständig. Es ist kostbarer als Gold, aber weniger auffallend.«
    »Ich habe noch niemanden gesehen, der die Harfe so hält wie Ihr…«
    »Gewiß«, erwiderte Kevin mit schmerzlichem Lächeln. »Ich habe nicht viel Kraft in den Armen und muß sehen, daß ich mit der wenigen, die mir blieb, auskomme. Ich sah Euren Blick auf meine Hände. Als ich sechs Jahre alt war, brannten die Sachsen das Haus nieder, in dem ich lebte. Man zog mich zu spät aus dem Feuer, und niemand glaubte, ich würde es überleben. Aber ich tat es, zum Erstaunen aller, und da ich weder gehen noch kämpfen konnte, setzte man mich in eine Ecke. Man glaubte, mit meinen verunstalteten Händen…«, er streckte sie gelassen vor ihnen aus, »könnte ich vielleicht von den Frauen Spinnen und Weben lernen. Dazu hatte ich wenig Neigung. Eines Tages kam ein alter Harfner ins Haus, und für einen Teller Suppe setzte er sich zu mir, um mir, dem Krüppel, die Zeit zu vertreiben. Er erklärte mir die Saiten, und ich versuchte zu spielen. Es gelang mir tatsächlich, passende Töne hervorzubringen. In diesem und im nächsten Winter verdiente er sich sein Brot damit, mir das Spielen und Singen beizubringen. Er sagte, er würde mich soweit ausbilden, daß ich mich damit ernähren könnte. Zehn Jahre lang saß ich in einer Ecke und spielte und spielte. Schließlich wurden meine Beine stark genug, und ich lernte wieder laufen.« Kevin zuckte die Schultern, griff nach einem Tuch, das hinter ihm lag, wickelte die Harfe darin ein und schob sie in eine mit Zeichen bestickte Lederhülle. »Später wurde ich Harfner in einem Dorf und schließlich spielte ich am Hof eines Königs. Der alte König starb, und sein Sohn hatte kein Ohr für Musik. Ich hielt es für das beste, sein Reich zu verlassen, ehe er verstohlene Blicke auf das Gold an meiner Harfe warf. Danach kam ich auf die Insel der Druiden und lernte dort das Handwerk eines Barden. Schließlich schickte man mich nach Avalon… und hier bin ich nun«, fügte er hinzu und zuckte noch einmal mit den Schultern. »Aber Ihr habt mir immer noch nicht gesagt, Ehrwürdiger Merlin, weshalb ich Euch hierher begleiten sollte, und Ihr, meine Damen, auch

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