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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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noch nicht… Ich habe ihn mitgebracht, damit er bei Artus' Hochzeit singen und spielen kann. Dies ist Kevin, Herrin.«
    Kevin machte eine tiefe Verbeugung. Igraine sah, daß er sich beim Gehen auf einen geschnitzten Stock stützte. Ein zwölf- oder dreizehnjähriger Junge trug die Harfe in der Hülle. Viele Barden oder Harfner waren blind oder lahm – in diesen kriegerischen Zeiten ließ man einem gesunden jungen Mann selten die Zeit oder Muße, sich solchen Künsten zuzuwenden –, aber die Druiden wählten meist nur Männer, die an Geist und Körper gesund waren. Selten wurde einem Mann mit Gebrechen erlaubt, die Weisheiten der Druiden zu erlernen – man glaubte, die Götter machten innere Fehler der Menschen auf diese Weise sichtbar. Aber es wäre unverzeihlich gewesen, jetzt darüber zu sprechen. Igraine konnte nur vermuten, daß seine Kunst so groß war, daß man ihn trotz allem angenommen hatte. Er hatte sie von ihrem eigentlichen Vorhaben abgelenkt. Aber wenn sie daran dachte, wußte sie, Taliesin war im Recht. Es gab keine Möglichkeit, die Hochzeit ohne Aufsehen oder sogar Krieg abzublasen … In der Kirche aus Lehm und Flechtwerk flammten die Kerzen auf, und die Glocken läuteten. Igraine trat ein. Taliesin kniete umständlich nieder; der Junge, der Kevins Harfe trug, ebenfalls, aber Kevin nicht – Igraine überlegte, ob er als Nichtchrist den Gottesdienst ablehnte, wie früher Uther. Dann fiel ihr seine Behinderung ein – wahrscheinlich hatte er ein steifes Bein und konnte nicht knien. Der Bischof sah Kevin stirnrunzelnd an.
    »Hört die Worte unseres Herrn Jesus Christus«, begann er. »Wo sich zwei oder drei in meinem Namen versammeln, werde ich unter ihnen sein. Und was sie in meinem Namen erbitten, das sollen sie erhalten…«
    Igraine kniete nieder und zog sich den Schleier über das Gesicht. Trotzdem entging ihr nicht, daß Artus in Begleitung von Cai, Lancelot und Gawain die Kirche betrat. Er trug eine feingewebte weiße Tunika und einen blauen Mantel und als Schmuck nur den schmalen Goldring, wie bei seiner Krönung. An der Seite glühte der rote Samt und funkelten die Edelsteine auf der Scheide seines großen Schwertes. Ohne den Blick zu heben, glaubte sie Gwenhwyfar in ihrem seidenen Gewand zu sehen. Sie kniete, ganz in Weiß und Gold wie Artus, zwischen und Balan. Der magere Lot mit inzwischen grauen Schläfen kniete zwischen Morgause und einem seiner jüngeren Söhne; hinter ihm – es schien, als höre sie durch den Gesang des Priesters den hohen, verbotenen Klang einer Harfe. Vorsichtig hob Igraine den Kopf und versuchte zu erkennen, wer dort kniete. Sie wußte es, obwohl Morgaines Gesicht und Gestalt von Morgause verdeckt wurden.
    Trotzdem glaubte Igraine sie zu
spüren
wie einen falschen Ton im Einklang des heiligen Gottesdienstes. Konnte sie nach all den Jahren wieder Gedanken lesen? Doch was tat eine Priesterin von Avalon hier in der Kirche? Wenn Viviane sie und Uther besuchte, war sie entweder dem Gottesdienst ferngeblieben oder hatte nur mit der höflichen Aufmerksamkeit zugehört, die man einem Kind schenkt, das mit Puppen spielt. Jetzt sah sie Morgaine – sie hatte sich verändert, war schlanker und schöner geworden. Sie trug ein einfaches Kleid aus feiner dunkler Wolle und, wie es sich gehörte, eine weiße Haube. Sie tat nichts; sie kniete mit gebeugtem Kopf und gesenktem Blick – ein Bild ehrfurchtsvoller Aufmerksamkeit. Aber selbst der Priester spürte wohl die Störung und die Ungeduld, die von Morgaine ausging. Er unterbrach sich zweimal und blickte sie an, obwohl er ihr nichts vorwerfen konnte, und fuhr dann im Gottesdienst fort. Aber auch Igraines Aufmerksamkeit war abgelenkt. Sie versuchte, ihre Gedanken auf die Messe zu richten, murmelte die richtigen Worte, aber sie konnte dem Priester nicht folgen. Sie konnte nicht an ihren Sohn denken, der heiratete, und auch nicht an Gwenhwyfar, die unter dem Schutz ihres Schleiers zu Lancelot an Artus' Seite blickte. Sie hatte nur noch Gedanken für ihre Tochter. Nach dem Gottesdienst und der Hochzeitszeremonie würde sie Morgaine sehen! Sie würde erfahren, wohin sie gegangen, und was ihr zugestoßen war.
    Der Diakon verlas gerade die Geschichte der Hochzeit von Kanaan, als sie kurz die Augen hob und zu Artus hinüberblickte. Auch er wandte den Blick nicht von Morgaine.
    Morgaine folgte mit gesenktem Kopf und dem Ausdruck höflicher Aufmerksamkeit im Kreis von Morgauses Hofdamen dem Gottesdienst. Innerlich bebte sie voll

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