Avanias der Große
düsteren Höhlen des Verlieses. Dieses Mal aber war nicht sein Vater der Inhaftierte sondern der Mann, der seinen Vater in diese Zelle geworfen hatte.
Böntschakis saß da in der Ecke, seine Beine verschränkt, und erstaunlicherweise war er sehr ruhig. Avanias war nicht der Typ von Mann, der sich an dem Leid anderer Menschen erfreuen konnte.
„Warum tötest du mich nicht einfach? Warum richtest du mich nicht öffentlich hin, so wie ich es mit deinem Vater gemacht habe?“
„ Ich bin nicht wie du, Böntschakis!“
Böntschakis hatte sich mit seinem Schicksal abgefunden. Für ihn gab es nichts mehr, wofür es sich noch lohnen sollte, weiterzuleben. Ein jeder Tag in dieser Zelle käme einer Gefangenschaft von einigen Jahren in der Unterwelt gleich, dachte er. Da zog er den schnellen Tod vor. Daher versuchte er nun, Avanias so sehr zu provozieren, dass dieser seine sofortige Exekution anordnen würde. „Hm, vielleicht bist du es ja doch!“, er erhob sich und schritt langsam auf die Gitter zu und sprach in einem seltsam sarkastischen Ton weiter. „Also ich bin ein Bastard! Ein verfluchter Bastard! Und was bist du? Bist du nicht vielleicht auch so ein verdammter Bastard wie ich? Ich habe mir vor deinem Vater deine Mutter genommen. Deine Mutter lag Nacht für Nacht in meinem Bett. Sie war meine Hure! Macht dich das nicht zum Bastard?! Du musst also auch ein Bastard sein!“
Entsetzt starrte Avanias ihn an. Hatte dieser Verfluchte etwa mehrere Kinder mit seiner Mutter gezeugt und war er also vielleicht doch der uneheliche Sohn des Palparen und damit Sarafies Bruder? „Ich kenne deine Absichten. Lass es sein, alter Mann! Du wirst jeden Tag vom Rest deines erbärmlichen Lebens im Kerker verrotten! Am Ende siegt immer das Gute!“
Auf einmal lachte Böntschakis doch wieder. „Das Gute? Welches Gute? Es gibt nichts Gutes!“
„Du kannst mich nicht mit deinen haltlosen Lügen provozieren! Ich spreche von meinem Volk, das nach Gerechtigkeit dürstete! Ich spreche von Dinjakis, den Mann Gottes, den du hinrichten ließt! Dafür wirst du in alle Ewigkeit verflucht sein! Er wird über dich richten!“
„ Ob du es mir glaubst oder nicht, aber ich wollte nicht seinen Tod! Bronanis und seine Kumpanen haben mich dazu gedrängt, ihn zu verurteilen. Ich habe ihnen damals gesagt, dass ich die Schuld an seinem Tod nicht tragen wollte!“
„ Ob du es wolltest oder nicht, spielt keine Rolle! Du warst es, der die Macht dazu hatte und seine Exekution befohlen hatte!“
„ Übrigens befindet sich dieser alte nichtsnutzige Priester immer noch in der Stadt, vermute ich.“
Auch das sprach er in der Absicht, Avanias zu unmoralischen reaktionären Vergeltungsmaßnahmen zu verleiten. „Siehst du, du bist nicht anders als ich!“
Als sie ihn gefesselt vor ihn brachten und zu Boden vor ihrem Oberbefehlshaber warfen, blieb der Mann standhaft. Avanias schritt auf ihn zu und schnitt die Fesseln durch. „Ihr also habt Dinjakis' Tod verlangt?“
„So ist es!“
„ Warum habt Ihr das getan?“
„ Ganz gleich, wie ich Euch antworte, Herr, Ihr habt mich doch schon verurteilt! Daher ist dies auch nicht mehr wichtig!“
„ Euch wird nichts geschehen. Das garantiere ich Euch!“
Bronanis schaute verwundert zum König auf.
Uljana war an Kumbons Seite, als sie sich gemeinsam von ihren Freunden im Vorhof nebst dem Südtor verabschiedeten. Die Truppen des Makabaren standen schon vor der Stadt bereit und die ersten Reihen waren schon losmarschiert. Avanias wünschte ihnen viel Erfolg und betete für das Überleben der Bentschuren.
Kumbon half Uljana auf das Ross auf, dann stieg er selbst auf.
Die Makabaren sollten auf nur wenig Widerstand stoßen. Es waren nur noch einige wenige palparische Aufseher in der Teltschurane geblieben. Sie flohen, als sie das gewaltige Heer herannahen sahen.
Der makabarische Prinz war bewegt vom Bild, das sich ihm da präsentierte. Er sah tief in einem breiten Tal zwischen zwei Klippen einige tausend Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, die Steine von einer Felswand abtrugen und wegtrugen. Sie waren jetzt befreit und konnten ihr Glück nicht fassen. Nach so langer Zeit, nach so vielen Jahren hatten ihre Götter sie nun endlich erhört und ihren Erlöser gesandt.
Die Soldaten verteilten ihren Proviant an die mageren Menschen. Die armen Menschen fielen vor ihnen nieder, einige küssten ihre Füße, einige andere den Boden.
„So viele Menschen, unvorstellbar!“
Uljana hatte Tränen in den
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