Avanias der Große
müsst Ihr den an ihn entrichten?“
„ Bald ist es wieder soweit.“
Davon wusste der junge Mann nichts. Jetzt leuchtete ihm ein, wie gedemütigt sein Vater sich fühlen musste. „Wer ist dieser Böntschakis überhaupt? Wie kam es dazu, dass er Euch Euren Thron beließ und solch einen hohen Tribut von Euch verlangt?“
Sassanias konnte seinem Sohn die ganze Geschichte nicht erzählen. Irgendwie musste er den Jungen ablenken. „Ach, das ist alles schon so lange her, mein Sohn. Ich kann mich nicht mehr so genau an alles erinnern.“
„ Wir dürfen uns das nicht gefallen lassen! Wir müssen uns gegen diesen Tyrannen erheben!“
„ Nein, mein Sohn! Wir können keinen Krieg gegen Böntschakis führen. Wir haben nicht genügend Ressourcen. Böntschakis wusste genau, was er tat.“
Wie jemand auf der Flucht eilte Avanias zur Tür. „Wir werden die Fremdherrschaft nicht mehr lange hinnehmen!“
Sassanias schaute seinem Sohn erschrocken hinterher. Was hatte er vor? Das klang alles nach einer Kriegserklärung an Östrake. Der König wollte seinen Sohn aufhalten. „Wo willst du hin?“
„ Ich will zu Mutter. Ich muss allein mit ihr sprechen.“
Die Tür krachte zu. Sassanias wollte hinter ihm her, aber was hätte das schon gebracht? Er ließ sich wieder in den Stuhl zurück fallen.
Dieses listenreiche Mädchen holte die Phiole aus ihrem Dekolleté hervor und schüttete das Gift in den Becher. Sie grinste wie ein Dämon. Jetzt wollte sie still sein und warten, bis der Lakai um die Ecke kam.
Sie hasste diese Stille.
Sie war ein hyperaktiver Mensch, ein Mensch, der ständig in Uneins mit sich selbst und der Welt war. Dass das zu keinem guten Ende führen würde, war von vorneherein bestimmt.
Da lag sie, seine Mutter. Sie atmete schwer, ihre Augen waren geschlossen,
aber Avanias merkte, dass sie noch wach war. Er setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Seine Mutter schaute zu ihm auf. Sie streckte ihre linke Hand nach ihm aus. Wieder fing sie an zu weinen. Avanias schüttelte den Kopf. „Weint nicht, Mutter! Ich bitte Euch!“
Lalindria unterdrückte ihre Tränen. So viele Fragen gingen Avanias durch den Kopf. Aber war dies denn der richtige Augenblick, seine erschöpfte Mutter mit so vielen schwierigen Fragen zu bombardieren?
„Ich muss Euch etwas fragen, Mutter.“
Ihre Augen vermittelten Überraschung und Furcht zugleich. „Du kannst mich alles fragen, mein Sohn.“
Dem Prinzen fiel es sehr schwer. Er riss sich zusammen, doch da klopfte nun jemand an die Tür. Wieder musste jemand stören.
„ Ja?“
„ Ich bringe das Erfrischungsgetränk für Eure Majestät.“
„ Komm herein!“
Avanias hatte nun etwas Zeit, um die richtigen Worte für seine Fragen zu finden. Der Lakai trat ein und legte den Becher auf den Tisch auf der anderen Seite des Bettes. Die Königin richtete sich auf und trank aus dem Becher. Der junge Mann schaute ihr mitleidsvoll zu. Der Hofdiener entfernte sich wieder. Für einen kurzen Moment fühlte sich die Königin wieder gut. „So. Was möchtest du wissen?“
„Ich, ich ...“
Es war wohl doch nicht der richtige Zeitpunkt. Sie würden doch noch genug Zeit haben. Die Gesundheit seiner Mutter war seiner Meinung nach viel wichtiger als das Stillen seiner Neugier. „Es ist eine sehr wichtige Frage. Ich weiß nicht, ob es der richtige Zeitpunkt ist. Aber Ihr musst mich verstehen. Ich bin sehr erregt deswegen.“
Lalindria nickte und lächelte jetzt sogar. Doch was kam dann? Sie konnte kaum noch atmen, etwas zog sich wie eine Schlinge um ihren Hals herum.
„ Was habt Ihr?“
Der Sohn fing die Mutter mit seinen Armen auf. Weißer Schleim trat aus ihrem Mund heraus.
Es war schon zu spät.
Dämonen
Seine Knochen zitterten immer noch von den vorgestrigen Peitschenhieben. Welches Recht hatten diese Palparen, diese armen Bentschuren auf solch unmenschliche Weise als Sklaven zu halten? Bentschuren war ein Sammelbegriff für alle durch die Palparen versklavten Völker, darunter zumeist Makabaren und Kolakken, da der Souverän die schwarzen und braunen Frauen besonders liebte. Aber auch einen nicht minder großen Anteil machten die Halussen aus.
Der alte Mann beugte sich vor, um die Lehmziegel zu formen. Der junge Neffe hielt kurz inne. Der Aufseher beobachtete ihn für einen Moment nicht. Garnani dachte über alles noch einmal nach. Über sein Leben, seine Vergangenheit und seine Zukunft. Würde er hier einsam, verlassen und zu Tode geprügelt sterben? Sollte dies sein
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