AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
zarten Hände waren zu Fäusten geballt und Donovan trat erschrocken einen Schritt zurück.
Noch nie hatte er sie so sprechen gehört. Selbst wenn sie zornig war, hatte ihre Stimme nie diesen bösartigen, gehässigen Klang gehabt und nun sprach sie so von dem Mann, für den sie alles aufgegeben hatte, dessen Geliebte sie geworden war. Wie ein großer, dunkler Schatten überfiel ihn der Zweifel.
»Und doch schien es mir, als bedeute er dir alles«, sagte er steif, »damals in der Schatzkammer, als du sogar bereit warst, den Palast über uns zusammenstürzen zu lassen, wenn wir ihn nicht laufen ließen.«
Die Worte waren heraus, ehe er sich zurückhalten konnte.
Das Mädchen erstarrte, dann holte sie zu Donovans Entsetzen das schwarze Bündel unter ihrem Umhang hervor.
»Da, nimm es zurück. Du zweifelst doch an mir. Ich habe es gewusst. Wie kannst du mir vertrauen, wenn der Schein so gegen mich spricht. So gibt es keine Hoffnung für mich. Und ich hatte geglaubt, du liebtest mich«, sie schluchzte, »dann bleibt mir nichts anderes, als für immer zu ihm zurückzugehen. Oh, wie sehr habe ich auf dich gehofft, Donovan, und doch hab’ ich es geahnt: Die Männer sind alle gleich, wankelmütig und schlecht oder wankelmütig und schwach! Leb wohl, Donovan.«
All das stieß sie in rauem, abgerissenen Flüstern hervor, ohne auf Donovans verzweifelte Gebärden zu achten. Zuletzt warf sie ihm das kostbare Geschenk vor die Füße, wickelte den Umhang fest um sich und wandte sich zum Gehen.
Außer sich vor Reue stürzte Donovan hinter ihr her.
»Verzeih, verzeih mir, geh nicht!«, er hielt sie fest. »Ich weiß nicht, was ich rede, meine Sinne sind verwirrt, ich habe mich so lange vergeblich nach dir gesehnt. Verzeih mir, nimm den Schleier an, sonst bricht es mir das Herz«, er sank auf die Knie und fasste nach ihrem Umhang. Beschwörend streckte er ihr das schwarze Bündel entgegen.
»Ich bitte dich, ich flehe dich an ... Ava, liebste Ava!«
Wie einen Hilfeschrei stieß er ihren Namen hervor. Wenn sie ihn verschmähte, wenn sie ging, ohne dieses Pfand seiner Liebe mitzunehmen, wenn er sie jetzt aus eigener Schuld ein zweites Mal verlor - dann war sein Leben sinnlos, er würde ein Ende ... plötzliche, namenlose Angst packte ihn und ließ ihn zittern.
Das Mädchen war stehengeblieben. Sie sah auf den Knieenden nieder und wieder entfuhr ihr ein erstickter Laut. Aber sein Jammer schien sie zu rühren, sie nahm den Schleier wieder an sich und ehe er sich mit einem tiefen Seufzer wieder erhob, legte sie ihm schnell die Hand an die Wange, eine Geste, die ihn zutiefst aufwühlte.
»Wir wollen uns beruhigen, bester Freund«, wisperte sie jetzt, »ich werde zu dir kommen, wenn die Zeit reif ist. Morgen wirst du einen letzten Brief an deinem Fenster finden, darin steht, wie das Band zu lösen ist. Um dir zu zeigen, dass auch ich dich nie vergessen habe, gebe ich dir dies.«
Sie zog ein Blatt aus dem Ausschnitt ihres Hemdes.
»Hier, ich habe es immer aufgehoben, als ob ich geahnt hätte, dass ich einmal zu dir finden würde. Es ist das Lied, das du damals für mich aufgeschrieben hast.«
Ehrfürchtig nahm Donovan das Stück Papier entgegen, es war noch warm von ihrer Haut, ein schwacher Duft hing daran und mit einem Schauer dachte er, dass es eben noch an ihrem Busen geruht hatte. Inbrünstig presste er seine Lippen darauf.
»Ich werde es hüten wie meinen Augapfel«, stammelte er, »der Mondenschleier ist ein geringes Entgelt für diesen Schatz.« Mit feuchten Augen und tief bewegt verstummte er.
Auch sie schien gerührt, ihre Schultern zuckten und ihre Hand fuhr zum Mund. Sie wandte sich ab, aber schließlich fasste sie sich.
»Leb nun wohl, lieber Freund, bald wird unser Warten ein Ende haben.«
»Lebwohl, Ava, die Zeit wird mir unerträglich lang werden.«
Noch einmal ergriff er ihre Hand, drückte sie sehnsüchtig an sein Herz und gab sie nur widerwillig frei, als sie sich ihm mit sanftem Nachdruck entzog. Dann wirbelte der Umhang um die schlanke Gestalt und sie eilte davon.
Donovan sah ihr nach bis sie hinter der nächsten Hecke verschwunden war, bevor er sich zum Gehen wandte. Erst jetzt nahm er seine Umgebung wieder wahr. Nächtliche Stille lag über dem Irrgarten, ganz in seiner Nähe raschelte es leise - ein kleines Tier, das sich schlaftrunken im Gesträuch bewegte. Geräusche trugen weit in der stillen Luft, er hörte den Kies unter ihren Schritten knirschen und lächelte gerührt. Diese Nacht würde er
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