AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
mit der Fackel nach dem Tier, das sich kreischend fallen ließ und zwischen seinen Beinen hindurchschoss. De Cornelis rannte fluchend hinter ihr her und als das Getöse verklang, wagte Paul sich aus seinem Versteck hervor. Wieder hatte er kostbare Zeit verloren, es hatte keinen Sinn mehr, Margeau in den Gängen zu suchen. Er hastete zur Treppe zurück, um den Weg durch den östlichen Flügel zu den Gemächern der Fürstin zu nehmen.
Leise schwebte das letzte Federchen des Fächers zu Boden. Die Fürstin runzelte unmutig die Stirn, als ihre Finger nichts mehr zum Zupfen fanden. Sie schleuderte den gerupften Elfenbeingriff von sich und nahm ihre ruhelose Wanderung wieder auf.
Schlafgemach und Boudoir waren ihr bald zu eng geworden, sie hatte die beiden Türflügel zu ihrem Salon geöffnet und mit etwas Mühe einen der großen Bronzeleuchter entzündet, nachdem sie sich im Dunkeln die Zehen empfindlich an Cosmos ausladendem Stuhl gestoßen hatte. Böse Worte murmelnd hatte sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht darauf niedergelassen. Wäre der Alte nicht so entsetzlich stur, hätte sie sich auf all diese Unannehmlichkeiten nicht einlassen müssen!
Sie hatte sich die Finger verbrannt, was ihre Laune nicht verbesserte, und dann hatte sie gewartet und gewartet. Doch Margeau war nicht wiedergekommen.
Es schien der Fürstin, als sei bereits die halbe Nacht vergangen und mittlerweile war sie fest davon überzeugt, dass ihr Unternehmen fehlgeschlagen war: Donovan hatte den Schwindel durchschaut und Alarm geschlagen, Margeau saß vor dem gestrengen Antlitz ihres Gatten und plauderte alles aus, natürlich die ganze Schuld auf sie, Isabeau schiebend, das heuchlerische Luder. Aber sie würde alles ableugnen: Margeau war irre geworden, ja, sie hatte sich alles eingebildet. Und die Briefe?
Sie bewahrte Donovans Briefe und ihre Schreibproben in einem Geheimfach ihres Schreibtisches auf und Cosmo würde ungefähr so lange brauchen, wie sie sich die Nase puderte, bis er es gefunden hatte. Dann würde alles ans Licht kommen.
Mit zitternden Händen öffnete sie das zierliche, vergoldete Möbelstück aus Rosenholz und holte alle Schriftstücke hervor. Verbrennen, sie musste alles verbrennen ...
Hastig wandte sie sich dem Kamin zu, aber in diesen Tagen war es so heiß, dass sie befohlen hatte, die Feuer ausgehen zu lassen. Sie wagte nicht, nach einem Diener zu rufen, und selbst ein Feuer zu entzünden, überstieg ihre Kräfte.
Warum nur hatte Margeau Blandine weggeschickt? War es am Ende ein abgekartetes Spiel? Wollte die Kusine den Schleier für sich behalten und ihr eine lange Nase drehen? Bei wem sollte sie sich auch beschweren?
Hilflos in ihren Zweifeln gefangen stopfte die Fürstin die Briefe in die Lade zurück. Ihre Angst wurde immer mehr zur Gewissheit. Gleich würden die Wachen mit harten Fäusten an die Tür hämmern..
Sie schrie, als es tatsächlich klopfte. Aber es war ein leises Pochen, verstohlen, nicht polternd und derb. Am ganzen Leibe zitternd, eilte sie zur Tür.
»W...wer ist da?«
»Wer soll es schon sein? Ich, die Bergprinzessin, geschwind, mach auf!«
Einen Augenblick später stand Margeau im Zimmer und streifte die Kapuze zurück. Obwohl sie blass war und mitgenommen wirkte, leuchteten ihre Augen in wildem Triumph.
»H...hast du ihn?«, stammelte Isabeau, »hat er ihn dir wirklich gegeben?«
Margeau nickte und klopfte sich selbstgefällig auf ihre Brust, über der sie das Mantelkleid nur notdürftig geschlossen hatte.
»Dann gib ihn mir, rasch, ich will ihn sehen ...« Gierig streckte die Fürstin die Hände aus, aber Margeau schob sie beiseite.
»Nicht so stürmisch, meine Liebe. Erst hilfst du mir aus dieser schauerlichen Verkleidung.«
Sie warf den Umhang achtlos über die Figur eines flötespielenden Fauns und begann, die Verschnürung des Überkleides zu lösen. Isabeau half ihr, aber ihre Finger zitterten so, dass sie nur Knoten in die Bänder machte.
Schließlich aber streifte Margeau das Kleid ab. Es fiel zwischen die verstreut liegenden Federn des Fächers und darunter kam ein schwarzes Bündel zum Vorschein, flach und weich. Die Fürstin fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, als sie es sah.
»Ist es das?«, fragte sie heiser und wieder nickte Margeau. Aber sie hielt das Bündel fest und musterte spöttisch die Gier im Gesicht ihrer Kusine.
»Ich denke schon, aber willst du nicht wissen, wie es mir mit meinem Galan ergangen ist, Isa?«, fragte sie honigsüß. Isabeau bemühte sich,
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