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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Alle, die durch diese Tür gekommen waren, hatten sich bisher wenigstens einmal die Stirn an dem vermaledeiten Balken gestoßen, er selbst nicht ausgenommen. Nur Bruder Nääs, der sie alle überragte, hatte sich immer rechtzeitig gebückt und als einziger keine verräterische rote Schramme davongetragen. Auf beinahe unheimliche Weise wusste der Mann immer, wo er war und was er tat. Solche Leute konnte man weder täuschen noch einschüchtern.
    Bruder Nääs schien die Abneigung, mit der Duquesne ihn musterte, nicht wahrzunehmen. Er verneigte sich leicht und reichte dem Hauptmann eine dicke Rolle.
    »Hier sind alle Auftritte während der Eröffnungsfeier in ihrer Reihenfolge aufgezeichnet, Herr,« sagte er und die Anrede kam ihm ohne hämische Pause oder Unterwürfigkeit von den Lippen.
    Duquesne wusste, dass er sogar seine Sperren hätte lockern können, es würde ihm nichts anderes als Gelassenheit und wache Aufmerksamkeit entgegenkommen. Aus einer perversen Laune heraus tat er es nicht, obwohl es eine Erleichterung für seine angespannten Kräfte gewesen wäre. Er rollte die Bögen auseinander und überflog die engbeschriebenen Blätter.
    »Habt Ihr überschlagen, wie lange die Feier dauern wird?«
    »Gewiss, am Ende der Aufzählung findet ihr die gesamte Dauer der Veranstaltungen, aber ich kann Euch sagen, dass es vom ersten Fanfarenstoß bis zum Feuerwerk, welches den Abschluss bildet, rund acht Stunden sein werden.«
    Acht Stunden ...
    Duquesne legte die Listen auf den Tisch und glättete sie sorgfältig. Acht Stunden unaufhörlicher Wachsamkeit über fünfzigtausend erregte, aufgeheizte Menschen, eingesperrt in einem Kessel, der nur durch schmale Aufgänge erreicht und verlassen werden konnte. Die Arbeiter nannten sie jetzt schon scherzhaft Nadelöhre.
    Acht Stunden, in denen Menschen von der Hitze und Aufregung übel wurde, Streit zwischen den Anhängern verschiedener Gladiatoren und Kampfparteien oder aus irgendeiner Nichtigkeit ausbrechen konnte und der Rest der Stadt weitgehend unbewacht war, da er einen großen Teil seiner Männer im Zirkus postieren musste.
    Zwar würde auch eine Abteilung der Palastwache den Patriarchen als Garde begleiten und für seine Sicherheit sorgen, aber die Drecksarbeit, die Überwachung des unberechenbaren Pöbels, würde wie immer an der Stadtwache hängenbleiben. Er hatte Thybalt beauftragt, Hilfswachen auszuheben, wie bei der großen Hochzeit im vorigen Jahr, aber diese Männer mussten vorbereitet und eingewiesen werden.
    Mit heimlicher Erleichterung dachte er daran, dass es trotz des schönen Wetters nicht mehr allzu heiß war. Es würde nicht nötig sein, ein Sonnensegel aufzuspannen. Sonst hätte er sich um tausend gutausgebildete Seeleute bemühen müssen, um die gewaltige Plane so schnell wie möglich an den Pfosten auf der Mauerkrone des Zirkus hochziehen zu lassen. Im nächsten Sommer würde dieser Aufwand fällig sein, aber dann würde der Patriarch einen der Leiter der Gladiatorenschulen mit dieser Aufgabe betraut haben und Duquesne müsste sich nicht mehr darum kümmern.
    Überhaupt, der alte Mann - würde er acht Stunden in seiner Loge ausharren können? Und wenn er es nicht mehr aushielt- würden die Feierlichkeiten ausgesetzt und die Spiele abgebrochen? Die Enttäuschung der Menge würde sich in Ausschreitungen und Schlägereien Luft machen und auch darauf musste er vorbereitet sein.
    Und doch - was waren acht Stunden geordneter Raserei gegen den Wahnsinn der Wilden Nächte? Wenn es ihnen gelang, die Lust der Menge auf diese Spiele so zu schüren, dass es dafür auf die Nächte verzichtete, wollte er sich nicht beklagen.
    Duquesne unterdrückte den Seufzer, den er sich vor Bruder Nääs nicht erlauben mochte. Es würde eh kein leichtes Unterfangen sein, die aufgeregte Menge ohne größere Zwischenfälle wieder aus dem Zirkus herauszulotsen, seine Männer mussten jeden Versuch von Drängelei sofort unterbinden, denn wenn diese Masse in Wut oder gar in Panik geriet, würde nichts und niemand sie aufhalten. Als könne er Duquesnes Gedanken sehen, räusperte sich Bruder Nääs und sagte höflich:
    »Es wird nicht ohne Verletzungen und Schwächeanfälle abgehen. Es wären etwa zehn Heiler mit jeweils fünf gut ausgebildeten Gehilfen nötig, um den Zuschauern beizustehen, welche der Aufregung nicht standhalten können und die zu versorgen, die sich verletzen. Da die Gladiatorenschulen ihre eigenen Heiler haben, brauchen wir die Aufführenden nicht zu berücksichtigen.

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