AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
anderen aus. Der Wirt aber murmelte, dass er Zuckerwerk aus der Großen Stadt habe. Es waren elegante Köstlichkeiten, um den Gaumen der edlen Damen zu kitzeln. Sie hatten ihn eine schöne Stange Geld gekostet ...
Wenig später bog sich der Tisch unter den aufgetragenen Speisen, und die beiden Kaminfeger fielen heißhungrig darüber her.
Eine Weile waren sie so mit Essen beschäftigt, dass sie nur mit halbem Ohr auf das Stimmengewirr der anderen Gäste achteten, das um sie herum an- und abschwoll.
»Er hätt’s a wissn müssn, der Depp, dass d’Strömung so stark is ...«
»Hast scho recht, er hat no’ Glück g’habt, dass er mit dem Lebn davokemma is.«
»Jo, aber sei Boot is hin. Wie will er jetzt seine Leut ernährn, ha?«
»Er wird sich halt borgn, wie immer ...«
»Jo, aber net bei mir! Zwei Ruder hat er verlorn und de Sauerei, die er beim Ausnehmn von de Fisch’ g’macht hat, neulich, die hat er net wegputzt.«
»Pst, da kimmt er ... da geh her, Maurus und trink was, hast an langen Marsch hinter dir, ha?«
Der Neuankömmling, ein krummbeiniger, schäbig gekleideter Mann, feixte gutmütig zu dem Gelächter, das ihn empfing und holte sich einen Becher Wein am Schanktisch.
Jermyn beugte sich zu Ninian hinüber und murmelte: »Scheint nicht ungefährlich zu sein, dein Bootsfahren.«
Sie zuckte die Schultern und griff nach dem letzten Krebs.
»Willst du den noch? Du hast doch gehört, was sie gesagt haben - er ist ein Depp.«
Währenddessen grollte der Wirt. Sein Schwager, der Fischer, gesellte sich zu ihm an den Schanktisch und ließ sich einschenken.
»De zwei warn no nie da, oder?«
»Hast recht, und wegen mir möchten’s a wegblieben sein«, nickte der Wirt grimmig. »Was glabst, was d’Frau zetert hat - die Pastet hat’s für den Herrn Steuereinnehmer g’backen, morgen kimmt er und man muss ihn günstig stimmn. Jetzt derf’s si noch mal hi stelln und was des Naschwerk kostet hat - i derf gar net dran denken, aber wie der Rote einen oschaut - da läufts dir kalt an Rückn nunter.«
»Jo, mir san die beiden a z’wider, ich woaß gar net, warum ... woaßt wos?«, der Fischer blinzelte schlau, »host net gestern die jungn Schwein verschnittn?«
Der Wirt und sein Weib, das hinzugetreten war, wechselten einen Blick, dann wischte die Frau ihre Hände an der Schürze ab und verschwand in der Küche, während die beiden Männer feixten.
Wenig später stand der Wirt am Tisch der Kaminfeger, der sich schon merklich geleert hatte und stellte einen Teller vor sie hin. Die eigroßen, knusprig gebratenen Fleischbrocken verströmten einen appetitlichen Duft und der Wirt sagte bieder:
»Da ihr gar einen solchen Hunger habt, hat die Frau sich noch amal an den Herd g’stellt, werte Meister. Wohl bekomm’s!«
Die beiden sahen überrascht auf und während der Schweigsame erfreut nach dem Teller griff, fragte der Rothaarige misstrauisch:
»Und wovon ist das übriggeblieben?«
»Oh, macht’s euch kaane Sorgn, es ist ganz frisch. Gestern sprang des Viech no munter daher. Esst’s nur, das net kalt werd.«
Die Aufmerksamkeit der ganzen Schankstube war auf die beiden Fremden gerichtet, die Männer stießen sich an und grinsten verstohlen in ihre Weinbecher.
Der junge Mann aber musterte nachdenklich die unschuldige Miene des Wirts, der sich unter dem schwarzen Blick ein wenig wand. Dann griff er über den Tisch und nahm seinem Gefährten den Teller weg.
»Ihr habt es gut gemeint, mein Bester, aber wir können das nicht annehmen«, sagte er liebenswürdig, »esst es selbst, Herr Wirt, Ihr seht aus, als seid Ihr nicht damit gesegnet. Vergesst nicht, auch Eurer Frau davon zu geben. Ich denke, sie kommt selten in den Genuss!«
Er hatte laut gesprochen und einige Zuhörer verschluckten sich an ihrem Wein, während andere losprusteten, um ihr Gelächter rasch in einen Hustenanfall zu verwandeln.
Mit rotem Kopf riss der Wirt den Teller an sich und zog sich hastig zurück.
»Was war das?«, flüsterte Ninian, »warum sollten wir es nicht essen?«
Jermyn sagte es ihr, worauf auch sie errötete und dem Wirt böse nachsah.
»Feine Sitten haben die hier«, schimpfte sie leise, aber Jermyn zuckte nur die Schultern.
»Mach dir nichts draus, wir verwirren sie«, er neigte lauschend den Kopf und grinste, »sie fragen sich, wie wir zueinander stehen, du bist ein zu hübscher Jüngling, Linus.«
Unter diesem Namen trat Ninian in Neri auf. Finster sah sie zu den Männern hinüber und plötzlich klirrten die
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