AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
unterbrochen, hinter ihnen herwetterte.
»Du bist nicht recht gescheit,« meinte sie auf dem Weg zu den einfachen Badekabinen, »jetzt hast du sie vergrätzt und wir müssen uns mit den ungemütlichen, kleinen Zubern begnügen.«
»Warum hackt sie immer auf mir herum?«, gab Jermyn hitzig zurück. »Das geht mir auf den Sack, verstehst du? Aber fang du nicht auch noch an, ich bin wirklich froh, dass wir fertig geworden sind«, er legte ihr den Arm um die Schulter, »außerdem haben wir uns schon öfter einen Zuber geteilt, oder?«
Er zog sie enger an sich und rieb seine Wange an der ihren. Ninian kicherte, als seine Bartstoppeln sie kitzelten, aber als er ihre Lippen suchte, schob sie ihn weg.
»Aber erst, wenn du dich gründlich gewaschen hast, mein Lieber. Uff, bist du schmutzig.«
»Und du hast geraucht«, brummte er, »ich küsse dich erst wieder, wenn du drei Klumpen Minzenharz gekaut hast.«
Nachdem sie sich gegenseitig abgewaschen hatten, was einige Zeit dauerte, zwängten sie sich in die Bütte, wobei es ihnen gelang, die Badezelle zu überfluten. Das Bademädchen schüttete warmes Wasser nach, brachte das süßlichscharfe Harz und ließ sie allein. Jermyn hing ermattet auf seiner Seite des Zubers und Ninian beobachtete kauend, wie er immer tiefer ins Wasser rutschte. Sie bohrte ihm den großen Zeh in die Achselhöhle.
»He, schlaf nicht ein, großer Baumeister.«
Er fuhr zusammen und rappelte sich auf. »Mann, bin ich müde. Ehrliche Arbeit ist auf die Dauer zu anstrengend. Es macht wahrhaftig weniger Mühe, in Häuser einzusteigen, als sie aufzubauen.«
Durch den Wasserdampf sah sie, wie er die Augen aufriss, um wach zu bleiben.
»Erzähl mir was Aufregendes, Süße«, bat er und nachdenklich schob sie den Harzklumpen in die andere Wange.
»Was Aufregendes weiß ich nicht. Nur was Seltsames.«
»Von mir aus auch das, erzähl.«
»Erinnerst du dich an den Tag, an dem du den Merses gefunden hast?«
»Meinen kleinen Gott«, murmelte Jermyn zufrieden, »ja, sicher erinnere ich mich.«
»An dem Tag wollte ich mit Vitalonga in den Zirkus kommen, weil die Sammler nach ihm verlangt hatten, erinnerst du dich?«
»Ja, aber ihr seid nicht erschienen, obwohl die alten Säcke wirklich was zu zeigen gehabt hätten«, erwiderte er schläfrig.
»Weißt du, was uns abgehalten hat? Ich wollte es dir abends erzählen, aber du warst so mit deinem Fund beschäftigt, dass ich es vergessen habe. Jetzt ist es mir wieder eingefallen. Vitalongas Nachbar ist wieder aufgetaucht.«
»Wer?«
Jermyn blinzelte verständnislos und Ninian stieß ihn in die Rippen.
»Wach auf«, sagte sie ungeduldig, »Vitalonga hat uns doch von dem verrückten Nachbarn erzählt, der das Kanalnetz und die unterirdischen Gänge nach verborgenen Schätzen absuchte. Von dem die Zeichnung war, nach der ich das Diebesmosaik zusammengelegt habe, bevor wir in die Schatzkammer eingebrochen sind. Fällt der Groschen?«
Jermyn nickte langsam.
»Der Kerl, der an den Ouse-See verschwunden war?«
»Das hat Vitalonga doch nur vermutet. Und es stimmte auch nicht. Jedenfalls ist er wieder da.«
»Woher weißt du, dass das mit der Villa am Ouse-See nicht stimmt?«, meinte er träge. »Vielleicht hatte er Sehnsucht nach der Stadt. Ich könnte es nicht lange dort aushalten.«
»Du hast es mehrere Wochen dort ausgehalten,« erwiderte Ninian vorwurfsvoll, aber Jermyn schüttelte eigensinnig den Kopf.
»Nur notgedrungen. Aber was ist jetzt so seltsam daran, dass der Kerl wieder aufgetaucht ist? Ich war schließlich auch drei Jahre lang weg, gezwungenermaßen. So was kommt vor.«
»Aber du bist heil an Leib und Seele zurückgekommen, während er ...«
»Meine Seele war nicht besonders heile«, fuhr er dazwischen, aber er merkte, dass die Unterbrechungen sie ärgerten, und lenkte ein, »während er ...?«
»... an beidem zerbrochen war, sagt Vitalonga. Als ich bei ihm eintraf, war er ganz aufgeregt. Die ganze Sache hatte ihn so mitgenommen, dass er mir alles auf seine Tafel geschrieben hat. Du weißt ja, wie lange das dauert, aber er wollte es offenbar loswerden. Es war etwa so gewesen:
In den frühen Morgenstunden war er davon aufgewacht, dass etwas an seiner Ladentür kratzte. Zuerst hatte er Angst und wollte nicht öffnen. Aber dann hörte er, wie jemand seinen Namen flüsterte, wieder und wieder, und auch das jagte ihm einen Schauer über den Rücken, denn die Stimme kam durch die Ritze unter seiner Tür. Schließlich hat er sich doch ein Herz
Weitere Kostenlose Bücher